Kolumne

bAV mit mehr Rendite, mehr Flexibilität und echter Alterssicherung zukunftsfähig aufstellen

Das BRSG II soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Doch optimal gerüstet ist die betriebliche Altersversorgung dadurch noch nicht. IVS-Vorstandsvorsitzender Stefan Oecking skizziert in seiner Kolumne, mit welchen Mitteln man das volle Potenzial der bAV ausschöpfen könnte.

Stefan Oecking

Stefan Oecking, Vorstandsvorsitzender des IVS, Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung | Quelle: IVS

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) könnte noch in diesem Jahr ein wichtiges Reformvorhaben abgeschlossen werden. Aber die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist damit für die Zukunft noch nicht optimal gerüstet. Wenn sie auch in den kommenden Jahrzehnten ihr volles Potenzial entfalten soll, braucht es mehr: einen rechtlichen Rahmen, der Chancen und Risiken neu austariert, Kapitalmarktpotenziale besser nutzt und starre Strukturen aufbricht.

Ein zentraler Hebel sind die Garantien. Nominale Leistungszusagen wirken zwar sicher, verlieren aber durch die Inflation an Wert. Garantien sollten daher in allen Durchführungswegen bis auf ein Mindestmaß – etwa 60 Prozent der Beiträge – abgesenkt werden dürfen. So können Versorgungsträger wie Pensionskassen stärker in Sachwerte investieren, das Renditepotenzial steigern und den realen Werterhalt sichern.

Auch Auszahlungsphase modern gestalten

Nicht nur die Anwartschaftsphase, sondern auch die Auszahlphase muss modern gestaltet werden. Individuelle Life-Cycle-Modelle, die Risiken vor Rentenbeginn stark reduzieren, entziehen dem Kapital zu früh Ertragspotenzial. Kollektiv organisierte Spar- und Entsparprozesse gleichen Risiken aus und halten Kapital effizient und renditestark angelegt. Um dies optimal zu gestalten, ist es wichtig, in der Rentenphase auf die garantierte monotone Steigerung zu verzichten und sowohl in einem gewissen Korridor schwankende Renten als auch eine höhere Kapitalmarktpartizipation zuzulassen. Dadurch werden höhere Renten darstellbar, was die Attraktivität der bAV erhöht. Der kollektive Entsparpozess ist insofern wichtig, dass dadurch lebenslange Leistungen gesichert sind. Denn der Versorgungsbedarf endet nicht im Alter von 85 Jahren. Echte Alterssicherung erfordert deshalb lebenslange Modelle, die garantierte und variable Komponenten flexibel kombinieren.

Rechtlich besteht weiterhin Reformbedarf: Eingriffe in zukünftige Zuwächse – den sogenannten Future Service – hängen heute ausschließlich von der Lage des Arbeitgebers ab, nicht von der des Versorgungsträgers. Harmonisiertes Arbeits- und Aufsichtsrecht, vereinfachte steuerliche und handelsrechtliche Vorgaben sowie pragmatische Lösungen wie Textform statt Schriftform würden die bAV insgesamt handhabbarer machen.

Mobilität verlangt Anpassungen

Die Mobilität der Beschäftigten verlangt ebenfalls Anpassungen: Die Übertragung von bAV-Anwartschaften muss erleichtert werden. Wenn der neue Arbeitgeber keine Lösung bietet, könnte eine zentrale Auffanglösung wie eine „Portabilitätskasse“ greifen.

Das BRSG II ist ein kleiner Schritt nach vorn. Aber für eine wirklich zukunftsfähige bAV braucht es mehr Mut - zu mehr Flexibilität, zur Befreiung von den Garantiefesseln und zu mehr Kapitalmarkt, kurz: für ein System mit Aussicht auf höhere und wertstabile Leistungen, die ein Leben lang halten.