Kolumne

Angesichts steigender Risiken werden auch die Beiträge steigen

Wenn Risiken steigen, müssen auch die Versicherungsbeiträge angepasst werden. Versicherungsdetektiv und Teamleiter Schadenaußendienst Timo Heitmann blickt auf die Zahlen in der Versicherungsbranche.

08:06 Uhr | 11. Juni | 2024
Timo Heitmann

Timo Heitmann, Versicherungsdetektiv und Teamleiter Schadenaußendienst

| Quelle: Privat

Ich halte die Versicherungsbranche für eine der wichtigsten Branchen in der modernen Wirtschaft. Versicherungen bieten die Möglichkeit, monetäre Risiken durch unvorhergesehene Ereignisse umzuverteilen, und diese in einer Gemeinschaft zu tragen. Damit verschaffen sie Unternehmen und Privatpersonen die Freiheit, nicht für jedes Risiko eigene Rücklagen bilden zu müssen, oder, wenn das Risiko eintritt, Gefahr zu laufen, komplett aus der Bahn geworfen zu werden. Doch wie sieht es hinter den Kulissen der Versicherungsunternehmen aus? Werfen wir gemeinsam einen Blick auf ein paar öffentliche Zahlen.

Die gesamte Versicherungswirtschaft hat nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Jahr 2023 über alle Sparten 225 Milliarden Euro Prämien eingenommen. An Leistungs- und Entschädigungsberechtigte zahlten Versicherer 200 Milliarden Euro aus. Das noch immer in den Köpfen der Menschen verankerte Image „die kassieren doch nur aber zahlen eh nicht“ halte ich damit bereits für widerlegt. Ein Blick auf die Schaden- und Unfallversicherungsdaten zeigt ebenso: 85 Milliarden Euro wurden 2023 eingenommen, 65 Milliarden Euro wurden an Kunden und Anspruchsteller ausgezahlt. 

Hohe Kosten auch für IT-Entwicklungen

Aha, also doch 20 Milliarden Euro, die jedes Jahr in die Paläste aus Elfenbein und die zahlreichen Goldspeicher fliesen? Ich denke nein: Bei Versicherern arbeiten nach GDV-Statistik circa 200.000 Menschen. Nimmt man die gesamte Versicherungswirtschaft, sind es fast 300.000 Menschen. Wie ich es jedem Menschen gönne, darf auch hier ein faires und angemessenes Gehalt verdient werden. Diese Gehälter werden selbstverständlich aus den Prämieneinnahmen finanziert.

Neben den Kosten für Personal und laufend hohen Investitionen in IT-Entwicklungen kommt ein weiterer, entscheidender und damit nicht zu unterschätzender Kostenfaktor hinzu, der des Rückversicherungsmarktes. Genauso wie wir als Privatpersonen oder Unternehmen unsere Risiken über Versicherungsprodukte zusammenlegen und gemeinsam tragen, müssen dies die Versicherer selbst tun. Das ist uns Brancheninternen sicherlich bekannt. Kunden ist das oft weniger bewusst. So werden ganze Versicherungsbestände und Portfolios über einen meist internationalen Rückversicherungsmarkt wiederum versichert. Dort besteht die Möglichkeit, dass Versicherer sich gegen einzelne Großschäden oder durch zahlreiche kleinere Schäden aufgrund eines Ereignisses (beispielsweise Flutkatastrophen), die in Summe wieder gefährdendes Ausmaß für einen einzelnen Versicherer darstellen können, absichern. Ziel bleibt für Versicherer risikotragfähig zu bleiben, und die Umverteilung des Geldes der Gemeinschaft sicherstellen zu können.

Auch Rückversicherer erhöhen ihre Prämien 

Im Zuge der Klimakrise steigen Risiken – das ist nicht neu. Leider manifestiert sich das Prognostizierte in den vergangenen Jahren durch immer engere Taktung und erschreckend hohem Schadenausmaß. Unwetterschäden nehmen zu. Durch Geopolitische Entwicklungen stiegen und steigen Preise, auch jene der Schadenbeseitigung und letztendlich erhöhten auch Rückversicherer ihre Prämien.

Eine gewisse Schwankung in den Schadenaufwänden ist seit jeher über die Jahre vollkommen normal. So sprechen wir von guten und schlechten Schadensjahren. In guten Jahren konnten und können die Versicherer Eigenkapital zur Risikotragfähigkeit aufbauen, in schlechten Jahren mussten und müssen sie Reserven anzapfen. Ein wichtiger Indikator für die Profitabilität der Versicherungsunternehmen ist hierbei die Combined Ratio. Diese Kennzahl setzt die Schadensaufwendungen und die Kosten für den Vertrieb und Betrieb ins Verhältnis zu den Prämieneinnahmen. Idealerweise liegt die Combined Ratio unter 100 Prozent. Das bedeutet, dass die Einnahmen höher sind als die Ausgaben und Eigenkapitalreserven aufgebaut werden können. Doch in den vergangenen Jahren, lag die Combined Ratio, je nach Sparte, oft über 100 Prozent. Ein Indikator für eine unrentable Geschäftstätigkeit. Das wird auf Dauer nicht funktionieren.

Makler als positive Botschafter von Versicherungen

Die Versicherer sind in dieser Hinsicht, genauso wie wir es als Gesellschaft selbst spüren, unter steigendem Kostendruck. Daher rechne ich damit, dass wir uns als Kunden auf höhere Beiträge einstellen müssen. Nur so werden wir das Risiko gemeinsam tragen können. Das Gute ist aus meiner Sicht, dass es die Versicherungswirtschaft auch in Zukunft brauchen wird. Ich rechne damit, dass die Herausforderungen, die es zu meistern gilt, sicherlich anspruchsvoller werden.  Ich finde, was es demnach unbedingt braucht, sind Botschafter im positiven Sinne (auch für negative Botschaften). Eine solche Botschafterin oder ein solcher Botschafter könnten auch Sie sein.

Greifen Sie gern meine Gedanken auf und lesen Sie die Statistiken des GDV. Denn werden meine Befürchtungen war, und die Versicherungsbranche ist gezwungen, Prämien zu erhöhen, werden betroffene Kunden sich direkt an Sie wenden. Seien Sie vorbereitet und Sie können die Hintergründe erklären, und versuchen, Verständnis zu erwirken. Werden Sie damit positive Botschafter unserer Branche und profitieren selbst, weil Ihre Kunden Ihre Kunden bleiben und zwar zufrieden. Es würde mich freuen, wenn es gelingt.