Autonomes Fahren

Prämien sollen sinken: Allianz-CEO stellt Kfz-Risikomodell infrage

KI-basierte Mobilität wird die Risikokalkulation innerhalb der Kfz-Versicherung grundlegend verändern. Davon ist Frank Sommerfeld, CEO der Allianz Versicherungs-AG, überzeugt. Gegenüber procontra prognostiziert er außerdem sinkende Prämien.

Frank Sommerfeld, CEO der Allianz Versicherungs-AG

Frank Sommerfeld, CEO der Allianz Versicherungs-AG, auf dem diesjährigen Allianz Motor Day in München. Thema der Veranstaltung: die aktuelle und zukünftige Entwicklung der Mobilität. | Quelle: Allianz

Autonomes Fahren macht immer weitere Fortschritte. Die treibende Kraft dahinter: Künstliche Intelligenz (KI). In Städten wie Hamburg, München, Oslo oder Shanghai sind bereits Fahrzeuge im Einsatz, die sich innerhalb definierter Umgebungen vollständig selbstständig bewegen können. Und das – da sind sich Experten einig – ist erst der Anfang zu einer neuen Ära der Mobilität.

Diese Entwicklung wird nach Einschätzung der Allianz auch gravierende Auswirkungen auf die zukünftige Kalkulation von Kfz-Prämien haben. „Wenn KI und Software zur Schadenursache werden, stoßen traditionelle Risikomodelle eines Versicherers an ihre Grenzen“, betont Frank Sommerfeld, CEO der Allianz Versicherungs-AG, gegenüber unserer Redaktion.

Das klassische Aktuariat müsse deshalb um Fähigkeiten zur Analyse technischer Systeme erweitert werden. Sommerfeld: „Mit der Implementierung autonomer Systeme wird der menschliche Fehler sukzessiv durch den technischen Systemfehler substituiert. Unser Risikomodell verlagert sich vom Nutzer zu den verwendeten technischen Systemen. Deshalb benötigen wir künftig in Analogie zur bekannten Typklasse ein neues System, mit dem wir die Qualität der verbauten Systeme bei autonomen Fahrzeugen für relevante Fahrsituationen und Unfalltypen bestimmen.“

Bestehendes Haftungssystem soll bestehen bleiben

Eine Notwendigkeit, das bestehende Haftungssystem zu ändern, sieht der CEO indes nicht. Das bewährte deutsche Modell der Gefährdungshaftung und der Kfz-Haftpflichtversicherung bietet aus seiner Sicht auch bei autonomen Fahrzeugen den besten Schutz für das Verkehrsopfer.

Die mitunter geforderte Verlagerung der Haftung zur Produkthaftung sei zum Schutz des Verkehrsopfers bei Unfällen mit autonomen Fahrzeugen nicht geeignet, da hierbei dem Hersteller ein Fehler seines Systems nachgewiesen werden müsse, was in der Praxis mit großen Hürden verbunden sei. „Man sollte deshalb das bewährte bestehende System beibehalten, bei dem Verkehrsrisiken durch eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt sind“, so Sommerfeld.

„Weniger Unfälle bedeuten weniger Schadenfälle"

Und wie wird sich das Fortschreiten der autonomen Mobilität auf die Prämienhöhen in der Kfz-Versicherung auswirken? Nach Einschätzung Sommerfelds werden die Prämien „langfristig günstiger werden“, weil autonome Fahrzeuge und intelligente Assistenzsysteme zu mehr Sicherheit auf unseren Straßen führen würden.

„Wir erwarten für Europa bis 2035 eine Reduktion der Verkehrsunfälle von 20 Prozent und von über 50 Prozent ab 2060“, erklärt der Chef der Allianz Versicherungs-AG. „Dies wird sicherlich Auswirkungen auf die Prämienkalkulation haben. Weniger Unfälle bedeuten weniger Schadenfälle.“ Gleichwohl werde es auch weiterhin Unfälle geben und der Wert jedes einzelnen Schadenfalls höher ausfallen als heute.

Long Story short

  • KI und autonome Systeme verändern die Kfz-Risikobewertung:
    Traditionelle Risikomodelle stoßen an ihre Grenzen, da technische Systemfehler den menschlichen Fehler zunehmend ersetzen.

  • Prämien dürften langfristig sinken:
    Durch weniger Unfälle rechnet die Allianz bis 2035 mit 20 Prozent und bis 2060 mit über 50 Prozent weniger Crashs – die Kfz-Prämien sollen dadurch günstiger werden.