Brennende Batterien: Spektakuläre Millionenschäden und viel Aufklärungspotenzial

Akkus sind das Herz jeden elektrisch angetriebenen Fahrzeugs. Doch sie erhöhen auch deutlich das Feuerrisiko. Vermittler können mit Schadenverhütung und Aktualisierung von Verträgen die Kunden aufklären und besser schützen.

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11:09 Uhr | 15. September | 2022
E-Autos Bild: shaunl

Makler können insbesondere bei Gewerbekunden punkten, wenn sie auf die Risiken im Hinblick auf Lithium-Ionen-Batterien hinweisen. Bild: shaunl

„Durch die verbreitete Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien können Fahrzeuge schneller und heißer in Flammen aufgehen“, warnt Florian David-Spickermann vom Rückversicherer Scor. Wenn Fahrzeuge brennen, kann es bei Hochspannungsbatterien zu einer Kettenreaktion kommen, die als thermisches Durchgehen bekannt ist. Dann entzündet eine Zelle die nächste und die Temperaturen steigen.

„Eine externe Kühlung ist kaum wirksam, da die Zellen zur Außenhülle hin zunehmend thermisch isoliert und in stabilen, weitgehend wasserdichten Gehäuse eingebaut sind, welche sicher in die Fahrzeugstruktur integriert sind“, erläutert David-Spickermann. Trotzdem gibt es ein erhöhtes Risiko. „LiIon Batterien sind empfindlich gegen mechanische Beschädigung und müssen innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen betrieben werden“, erläutert Christian Weishuber von der Allianz. Daher würden zumeist definierte Ladegeräte mitgeliefert oder vorgeschrieben.

Schiffbruch nach E-Fahrzeugbrand

Spektakuläre Brandfälle zeigen, dass die Gefahr nicht nur theoretisch ist. So brannte der Frachter "Felicity Ace" mit knapp 4.000 Autos der VW-Gruppe und sank später im Atlantik. Die Brandursache ist unklar. Es sollen aber sehr viele E-Autos an Bord gewesen sein. „Spektakulär waren zudem Brände in den Busdepots der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), der Rheinbahn in Düsseldorf und den Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra“, sagt Stephan Schwegat, Leiter Gewerbe/Industrie bei der SV SparkassenVersicherung. Insgesamt verursachten die Brände hohe zweistellige Millionenschäden.

Die gefährlichen Akkus, die bei kompakter Bauweise eine hohe Energiedichte haben, befinden sich aber nicht nur in Bussen und E-Autos, sondern auch in E-Bikes, in Scootern und sogar in jedem Smartphone.

Schadenfrequenz noch unauffällig

Ein Crashtest der Axa-Versicherung Schweiz sorgte zuletzt für negative Schlagzeilen. Beim Test machte der Versicherer mit spektakulären Bildern auf die Brandgefahr von E-Autos aufmerksam. Doch der Wagen hätte in der Realität gar nicht gebrannt und auch die Schwachstelle – der Unterboden – ist beim „Opfer-Auto“, einem Tesla Model S, längst verstärkt. Mit dem Test hat der Versicherer, der auf die besondere Brandgefahr der Akkus hinweisen wollte, der Objektivität einen Bärendienst erwiesen.

Denn energisch bekämpfen Experten das Vorurteil Elektroautos würden öfter brennen als andere Fahrzeuge. Dafür gibt es nach den Erfahrungen der Autoversicherer – und das bestätigt nun auch Axa - und der Feuerwehr keine Anhaltspunkte. E-Fahrzeuge brennen nach Erkenntnis der Autoversicherer nicht häufiger als Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsantrieb.

Daher ist nach Meinung der Unfallforscher ein Verbot von Elektroautos in Tiefgaragen nicht notwendig. Dies bestätigt auch der Fachausschuss Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz der deutschen Feuerwehren. „Das Sperren einer Garage für alternativ angetriebene Pkw ist aus brandschutztechnischer Sicht nicht angezeigt, wenn die Garage dem Baurecht entspricht“, sagt Peter Bachmeier, Leitender Branddirektor und Vorsitzender des Fachausschusses. „Solange der Gesetzgeber ein Parken in Tiefgaragen nicht verbietet, werden wir in solchen Fällen den Versicherungsschutz nicht über unsere Bedingungen einschränken oder ausschließen“, erläutert Janine Bollhorst von der VHV.

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Schadenverhütung wichtig  

Spezielle Zuschläge für das „Akku“-Risiko verlangen derzeit weder die Rück-, noch die Erstversicherer. Es gibt auch keine besonderen Pflichten. „Bis auf Weiteres planen wir keine Änderungen der Bedingungen für unsere Kunden mit E-Autos“, heißt es bei der VHV. Und die Allianz rät lediglich, keine ungeeigneten Ladegeräte zu verwenden. „Das Laden an üblichen Schutzkontaktsteckdosen ist zwar grundsätzlich möglich, diese sind jedoch nicht für eine höhere Dauerbelastung ausgelegt“, warnt der Gesamtverband der Versicherer (GDV). Sicherer, störungsfreier und schneller beim Laden wären fest installierte Ladeeinrichtungen, so genannte Wallboxen.

Der Rückversicherer Scor wünscht sich schon heute, dass E-Fahrzeuge nicht „unbeaufsichtigt in der Nacht“ geladen werden. Denn schon kleine Beschädigungen, falsche Ladegeräte oder Temperaturunterschiede können Brände verursachen, warnt die Protectoplus GmbH, ein Anbieter von Gefahrstofflager-Systemen. Auch eine vollständige Entladung der Lithiumbatterie kann durch einen inneren Kurzschluss zu einem Brand führen. Deshalb sollten die Batterien stets mit einer Ladeleistung von 40 Prozent gelagert werden.

Sehr sinnvoll ist es Gewerbe- und Industriebetriebe über die Gefahren, die von Akkus ausgehen, umfassend aufzuklären. Schwegat: „Oft kann man organisatorisch so eingreifen, dass die Gefahr minimiert wird.“ So könnten E-Autos etwa im Freien oder weit von brandgefährdeten Gebäuden entfernt geparkt werden. „Nach Unfällen oder Stürzen, sollte der Akku sorgsam kontrolliert und notfalls sogar ausgewechselt werden“, mahnt Experte Schwegat. Sogar ein Laptop oder das Smartphone, dass bei dem meisten Menschen in der Nacht geladen wird, sollte auf einer feuerfesten Unterlage liegen. Wer solche Ratschläge nicht befolgt, handelt unter Umständen fahrlässig.

Leistungskürzungen möglich

Während Haftpflichtschäden, also etwa, wenn ein E-Fahrzeug beim Brand Dritte in Mitleidenschaft zieht, nur bei Vorsatz nicht entschädigt werden, gilt dies bei Sachversicherungen, wie der Feuer-, Kasko-, Hausrat- oder Wohngebäude-Police nicht. Hier könnte der Versicherer theoretisch „grobe Fahrlässigkeit“ einwenden und je nach Schwere des Verschuldens nur einen Teil des Schadens ersetzen. „Daher ist es sinnvoll, dass alte Verträge upgedatet werden“, rät Schwegat.

Bei modernen Policen verzichten viele Versicherer in vollem Umfang auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit. Für Vermittler und Makler ist die Aufklärung und Verbesserung der privaten Policen ein echter Vertriebsimpuls. Denn in der heutigen Zeit ist Schadenverhütung besonders wichtig, da Ersatzteile kaum beschafft werden können. „Es geht etwa bei einem Brand meist nicht um den reinen Sachschaden, sondern viel mehr um die Betriebsunterbrechung, die heute sehr lange ausfallen kann“, warnt Schwegat. Mit Aufklärung und Vertragsverbesserung können Vermittler daher bei ihren Kunden echt punkten, denn die neue Feuergefahr durch Akkus dürfte noch kaum in den Köpfen präsent sein.

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