Umfrage des ifo-Instituts
Die Flutkatastrophe von 2021 hat nicht nur physische Schäden in Milliardenhöhe verursacht, sondern auch gravierende Lücken in der Absicherung offengelegt: Rund die Hälfte aller Wohngebäude war unzureichend oder gar nicht gegen Elementargefahren geschützt.
Die verheerende Flut hat auch die Debatte um die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden wieder angeheizt. Eine neue Umfrage des Münchener Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung kommt nun zu dem Schluss, dass die deutsche Bevölkerung der Einführung einer Pflicht-Versicherung aufgeschlossener gegenübersteht als angenommen.
„Vor allem aus Gründen der Fairness sind viele Haushalte bereit, ein solidarisches Versicherungssystem mitzutragen – selbst dann, wenn sie selbst kaum direkt davon profitieren würden“, kommentierte ifo-Expertin Marie-Theres von Schickfus das Umfrageergebnis in einer Mitteilung.
Dieser zufolge zeigen sich 39 Prozent der Befragten – insgesamt mehr als 8.000 Haushalte und 639 Unternehmen – der Einführung einer Pflichtversicherung aufgeschlossen gegenüber. 34 Prozent stehen einer Pflichtversicherung neutral gegenüber, 27 Prozent der Befragten lehnen sie ab.
Besonders große Zustimmung machte das ifo-Institut bei nicht-versicherten Haushalten in Gebieten aus, in denen das Risiko von Überflutungen vergleichsweise gering ist. Hier zeige sich nach Einschätzung der Wissenschaftler eine neue Haltung innerhalb der Bevölkerung: Diese empfinde eine allgemeine Pflichtversicherung als fairer du gesellschaftlich kosteneffizienter als eine Regulierung der Schäden durch die öffentliche Hand.
„Die Bevölkerung erkennt zunehmend, dass eine privatwirtschaftlich organisierte Pflichtversicherung nicht nur ökonomisch effizienter, sondern auch gerechter ist“, sagt ifo Forscherin von Schickfus. „Das eröffnet Handlungsspielraum für eine politische Neuordnung der Katastrophenvorsorge.“ Ihre Kollegin Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums Energie, Klima und Ressourcen sekundiert: „In Zeiten wachsender Extremwetterrisiken könnte ein verpflichtendes Versicherungssystem ein sinnvoller Schritt hin zu einem vorsorgenden Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels sein und staatliche Haushalte entlasten.“
Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, dass Wohngebäudeversicherungen im Neugeschäft nur noch mit Elementarschutz verkauft werden sollen. Der Versicherungsbestand soll zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. Dabei soll eine Opt-out-Lösung geprüft werden. Zudem soll eine staatliche Rückversicherungslösung eingeführt werden.
Die Versicherungswirtschaft lehnt die Einführung einer Pflichtversicherung derweil ab. Sie warnt vor explodierenden Prämien und einem Rückzug von Versicherern aus dem Markt der Naturgefahrenversicherung.