400 Häuser zerstört

Bergsturz verwüstet Schweizer Dorf: Wer kommt für die Schäden auf?

Millionen Tonnen Geröll und Eis haben das schweizerische Dorf Blatten zerstört. Erste Schadenschätzungen gehen von 500 Millionen Franken aus. Doch wer kommt für die Schäden eigentlich auf – schließlich liegt Blatten in einem der sogenannten "Gustavo-Kantone".

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11:05 Uhr | 30. Mai | 2025
Satellitenbild der Schweizer Ortschaft Blatten im Lötschtal

Ein Satellitenbild zeigt das durch einen Bergsturz zerstörte Schweizer Dorf Blatten.

| Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Maxar Technologies

„An die Bevölkerung der Ortschaften von Gampel und Steg: Auf Weisung des kantonalen Führungsorgans ist für die Gemeinden die Evakuation vorzubereiten.“ Auf ihrer Homepage warnt derzeit die schweizerische Gemeinde Hohtenn die Bewohner einiger Dörfer im Lötschtal vor einer drohenden Katastrophe.

Nachdem am Mittwoch ein gewaltiger Gletschersturz große Teile des Bergdorfes Blatten zerstörte, droht nun auch weiteren Dörfern am Fluss Lonza eine Katastrophe. Der Grund: Millionen Tonnen Geröll und Eis haben dazu geführt, dass sich die Lonza hinter den Absturzablagerungen zu einem See stauen. Noch ist unklar, wie sich das Wasser seinen Weg durch die Geröllmassen finden wird. Im schlimmsten Fall droht eine große Flutwelle, die auch die weiter unter am Fluss liegenden Dörfer zerstören könnte.

Erste Schätzung: 500 Millionen Franken Schaden

Während flussabwärts derzeit noch auf ein günstiges Szenario gehofft wird, wird in Blatten das Ausmaß der Katastrophe deutlich: Rund 400 Häuser wurden durch den massiven Erdrutsch oder die sich stauenden Wassermassen zerstört. Am Donnerstag schrieb der Schweizerische Versicherungsverband, dass das Ausmaß der Schäden unklar sei. Laut einem Bericht des Schweizer „Tagesanzeiger“ wird derweil von einem Schaden in Höhe von 500 Millionen Schweizer Franken ausgegangen. Eine Summe, die sich je nachdem, ob es zu einer Flutwelle kommt oder nicht, noch einmal deutlich erhöhen kann.

Klar ist, dass es sich bei dem Bergsturz von Blatten um einen versicherten Elementarschaden handelt – das stellte der Schweizerische Versicherungsverband bereits in einer Mitteilung klar. Unklar ist, wie viele der Einwohner Blattens über eine entsprechende Elementarversicherung verfügen. Denn im Gegenteil zu den meisten Schweizer Kantonen herrscht im Kanton Wallis, in dem Blatten liegt, keine Versicherungspflicht.

Zum Hintergrund: In 19 der 26 Kantone sind Hausbesitzer dazu verpflichtet, sich bei ihrem regionalen Gebäudeversicherer gegen Elementarschäden abzusichern. Je Kanton gibt es einen nicht-profitierten Monopolversicherer, bei dem die Versicherung abgeschlossen werden muss.

Keine Pflichtversicherung in Wallis

Wallis gehört allerdings zu den sogenannten „Gustavo-Kantonen“: Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, das Wallis und Obwalden. Während die Bewohner von Obwalden, Schwyz und Uri wählen können, bei welchem Versicherer sie – verpflichtend – ihr Haus versichern wollen, besteht in den anderen Kantonen keine Versicherungspflicht. Entsprechend kommt es hier verstärkt auf die privaten Versicherungsunternehmen an.

Allerdings sind laut Schweizerischem Versichererverband 99 Prozent der Gebäude in der Schweiz gegen Elementarschäden abgesichert. Dies liegt auch daran, dass Hauseigentümer in der Schweiz landesweit die gleichen Prämien zahlen. „Diese Einheitlichkeit in allen Landesteilen ermöglicht den Versicherten in besonders gefährdeten Gebieten überhaupt erst, sich zu tragbaren Konditionen gegen Elementarschäden zu versichern“ schreibt der Schweizer Versichererverband. Und weiter: „Weil das Risiko auf sehr viele Versicherte verteilt ist, sind die Prämien sehr tief.“

Solidarität zwischen Versicherern

Auch zwischen den Versicherern gibt es im Fall einer Naturkatastrophe Solidarität. Die Schadensumme wird über einen Elementarschadenpool zwischen den Versicherern aufgeteilt – auch auf diese Weise blieben die Prämien für die Elementarversicherung niedrig.

Laut Schweizer Versichererverband sei das eigene Elementarschadensystem ein „role model“, also ein Vorbild für andere. Ob auch die deutsche Bundesregierung, die die Verbreitung von Elementarversicherung hierzulande deutlich steigern will, in Richtung Schweiz schaut, bleibt abzuwarten.