Folgen der Inflation

Wefox muss Neugeschäft einstellen und forciert Kündigungen

Wefox sieht sich gezwungen, vorerst kein Neugeschäft mehr in seinen Switch-Tarifen anzunehmen. Betroffen sind die Sparten Haftpflicht, Hausrat und Kfz. Der Kostendruck lastet offenbar schwer auf dem Neoversicherer.

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05:03 Uhr | 17. März | 2023
Wefox

Wie groß ist der Spar-Druck bei Wefox? Der Neoversicherer stellt vorerst das Neugeschäft über seine rabattierten Kfz-, Haftpflicht- und Hausrat-Tarife ein.

| Quelle: Wefox

Die Wefox Insurance AG Niederlassung Deutschland zeichnet ab dem 01.04.2023 nur noch bedingt Neugeschäft in Deutschland. Betroffen sind die Sparten Kfz-, Hausrat- und Haftpflichtversicherung in den Switch-Tarifen des Neoversicherers. Das hat procontra aus Maklerkreisen erfahren. Wefox hat diese Informationen mittlerweile auf unsere Nachfrage bestätigt.

In einem Informationsschreiben an Vermittler und Intermediäre, das der procontra-Redaktion vorliegt, heißt es:

Während der hohen Inflation und besonders innerhalb der Versicherungssparte Kfz, die im starken Wettbewerb steht und die nur für wenige Versicherer überhaupt profitabel ist, ist es vor allem für kleine Versicherer nicht einfach, einen so speziellen Tarif zu halten. Größere Versicherer sind in der Lage, die Sparte zu subventionieren oder das unruhige Marktumfeld auszusitzen. Kleinere Versicherer tun sich damit schwerer, da der Ausgleich im großen Kollektiv fehlt.

(Anm. d. Red.: In dem Schreiben kündigt Wefox die komplette Einstellung des Neugeschäfts in allen Kfz-Tarifen an. Erst am Vormittag des 17.03.2023 hat Wefox ein Update geliefert, wonach auch in der Kfz-Versicherung nur das Neugeschäft in den Switch-Tarifen gestoppt wird. In seinen übrigen Kfz-Tarifen nimmt der Berliner Versicherer demnach weiterhin Neugeschäft an.)

Zahlreiche Kündigungen erwartet

Deshalb werde das Switch-Tarif-Neugeschäft in der Kfz-Versicherung vorübergehend eingestellt, um die Tarife zu überarbeiten und für die Zukunft neu auszurichten. Die Bestandsverträge und der Service für Bestandskunden seien davon unberührt.

Allerdings heißt es in der Vertriebsinformation auch, dass Wefox nun verstärkt sein Sonderkündigungsrecht nutzen möchte, um seinen Bestand zu sanieren. Demnach müssen sich Kunden des Berliner Unternehmens im Jahr 2023 nach nur einem gemeldeten Schaden auf eine Kündigung seitens des Versicherers einstellen. „Unser Vertriebsteam informiert die Makler im Voraus, wenn ihre Kunden mit Stornierungen statt mit Verlängerungen rechnen müssen. Die frühzeitige Information der Makler ermöglicht es den Kunden, einen anderen Versicherungsschutz zu finden“, erklärten die Wefox-Pressesprecher gegenüber procontra.

Zeichnungsstopp und neue Produkte

Gleiches gilt für die Switch-Tarife in den Produktbereichen Hausrat- und Haftpflichtversicherung. Generell ist fraglich, ob diese überhaupt wiederkommen. Die Switch-Tarife sollen Kunden ansprechen, die bei anderen Anbietern bereits über solche Policen verfügen und zum Wechsel hin zu Wefox animieren. Im Kern des Angebots steht ein fünfprozentiger Beitragsnachlass im Vergleich zum Vorversicherer. Offenbar sind genau solche Rabatte aber die Einnahmen, die Wefox zu einem profitablen Geschäftsbetrieb fehlen. „Im Rahmen unserer Strategie zur Steigerung der Rentabilität überprüfen wir unser derzeitiges Produktportfolio, um innovativere Lösungen anbieten zu können, ohne dabei den hervorragenden Service für bestehende Kunden zu beeinträchtigen“, heißt es auf unsere Nachfrage aus der Presseabteilung des Neoversicherers.

Eher als kleinen Zusatz weist das Unternehmen in seiner Vertriebsinfo darauf hin, dass man derzeit eine „moderne und einfache Unfallversicherung“ entwickle, die noch in diesem Halbjahr 2023 auf den Markt kommen soll. Auch ein „innovatives, neuartiges Risikolebensversicherungskonzept“ soll noch in diesem Jahr gelauncht werden.

Überbewertet und zum Sparen verdammt?

Erst kürzlich wurde berichtet, dass das mit 4,5 Milliarden US-Dollar bewertete Insurtech gerade verhältnismäßig viele Stellen in Deutschland abbaut. Man müsse aber nicht sparen, es handle sich um „business as usual“ in einem dynamischen Unternehmen, hieß es noch vor wenigen Wochen. Die aktuellen Entwicklungen lassen daran Zweifel aufkommen. Zudem mehren sich seit Monaten kritische Berichte verschiedener Wirtschaftsmedien, die Wefox als überbewertet und nicht profitabel bezeichnen. Es bleibt daher spannend zu beobachten, wie sich der Neoversicherer in den kommenden Monaten unter diesem Druck transformieren wird.