Julia Wiens gibt erstes Interview

BaFin behält Vertriebskosten weiter im Blick

Auch die neue BaFin-Exekutivdirektorin, Julia Wiens, mahnt die Lebensversicherer dazu an, die Kosten im Blick zu behalten. Zudem werden die Gründe für eine verzögerte Schadenbearbeitung genau beobachtet, erklärte Wiens im Handelsblatt-Interview.

Author_image
09:04 Uhr | 29. April | 2024
BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens

Seit Januar im Dienste der Finanzaufsicht: Ex-Baloise-Managerin Julia Wiens

| Quelle: BaFin/Matthias Sandmann

Die Vertriebskosten der Lebensversicherer bleiben auch unter der neuen BaFin-Exekutivdirektorin, Julia Wiens, ein maßgebliches Thema für die Finanzaufsicht. Dies machte Wiens, die seit 1. Januar bei der Finanzaufsicht für die Versicherungswirtschaft zuständig ist, in einem Interview mit dem Handelsblatt deutlich.

Zur Erinnerung: Im Mai 2023 hatte die BaFin ein Merkblatt mit Wohlverhaltenspflichten zu kapitalbildenden Lebensversicherungen veröffentlicht, mit dem sie der Branche deutlich machte: Wir schauen ab jetzt genau hin. Und zwar insbesondere bei den Lebensversicherer, die im Branchendurchschnitt besonders hohe Kosten aufweisen.

Laut Wiens zeigt der Ansatz erste Erfolge: „Einige Unternehmen fangen bereits an nachzubessern. In Einzelfällen konnten wir bereits Verbesserungen zugunsten der Kunden erzielen.“

10 Lebensversicherer im Blick

Insgesamt hat die BaFin zehn Lebensversicherer im Blick. Die Generali reagierte unlängst und erhöhte das Fondsvermögen ihrer Versicherten um 0,7 Prozent. Zu weiteren Anbietern im Visier wollte sich Wiens nicht äußern, erklärte aber, dass die Versicherer mehrere Möglichkeiten hätten, ihrer Verantwortung gegenüber den Kunden nachzukommen. Einer liege in der Reduzierung der Vertriebskosten. 

Anzeige

Druck will die BaFin auch weiter auf die Kfz-Versicherer ausüben. Zwar hätten diese zuletzt ihre Beiträge deutlich angepasst, doch aus Sicht der BaFin reicht dies nicht.  „Vor allem in der Kfz-Versicherung waren die Prämiensteigerungen branchenweit nicht deutlich genug, um das Geschäft profitabel zu betreiben“, bemerkte Wiens. Die Erwartung der BaFin seien klar: Die Versicherer müssen hier weiter nachbessern.

Angesprochen wurde Wiens auch auf die deutlich gestiegenen Beschwerdezahlen von Versicherungskunden. Vor allem in der Kfz-Sparte, aber auch im Leben-Bereich, hatten diese im vergangenen Jahr massiv zugenommen. Wiens erklärte, dass ein Grund hierfür Verzögerungen in der Schadenbearbeitung seien, ausgelöst durch IT-Probleme, Personalmangel und ein gestiegenes Schadenaufkommen. Erst im März waren massive Probleme beim Kfz-Schwergewicht HUK-Coburg bekannt geworden.

Grundlegendes oder nur temporäres Problem?

Die BaFin werde genau hinschauen, ob es sich bei den Verzögerungen in der Schadenbearbeitung um ein temporäres Problem handele, oder ein grundlegendes, ausgelöst durch Mängel in der Geschäftsordnung. „Dann würden wir als Aufsicht einschreiten“, so Wiens. Die Versicherer seien jedoch gut beraten, sich bei der Schadenbearbeitung gut aufzustellen. Schließlich handele es sich hierbei um das Aushängeschild der Branche, so Wiens.

Unter die Lupe nehmen will die BaFin auch die Investments der Versicherer in Gewerbeimmobilien. Hier stecke der Markt tief in der Krise, die Preise für viele Gebäude seien im freien Fall. Die BaFin will sich einen Überblick über die größtmöglichen Abwertungen verschaffen und hat dazu die Versicherer Mitte April befragt. Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.