Kunden würden für nachhaltige Versicherung mehr Geld ausgeben
Spätestens seit der Klimawandel auch vor der eigenen Haustür spürbar geworden ist, diskutiert die deutsche Versicherungsbranche das Thema Nachhaltigkeit immer dringlicher. „Eine drei bis vier Grad wärmere Welt ist nicht mehr versicherbar“, warnte Olga Hülsmann, Leiterin Kapitalanlagen-Monitoring bei der Axa auf einer Branchenveranstaltung im Frühjahr. Und so setzen die Versicherer das Thema zunehmend ganz nach oben auf ihre Agenda: „Im Vergleich zum Vorjahr beobachten wir bei den Versicherern einige Fortschritte“, sagt Michael Franke, Geschäftsführer der Ratingagentur Franke und Bornberg.
Allerdings genügt es nicht, wenn allein die Unternehmen den großen Change anvisieren und die Maklerschaft im besten Fall den Wandel beratend begleitet. Zumal: Einer aktuellen Umfrage des BVK zufolge, fühlen sich 28 Prozent der Vermittler vielmehr dazu gezwungen, sich mit dem Thema beschäftigen zu müssen. Ein Drittel kennt sich darüber hinaus mit Inhalten und Zielen der nunmehr geltenden Regeln und Auflagen wenig bis gar nicht aus. Immerhin ein Drittel ist in puncto Nachhaltig aufgeschlossen und nähere sich dem Thema mit Neugierde an, wie es der Bundesverband formuliert.
Doch auch die Kundschaft muss mitziehen. Aber tut sie das überhaupt? Gemäß der BVK-Erhebung seien zwei Drittel der befragten Vermittler im vergangenen Monat von ihren Kunden gar nicht auf Nachhaltigkeitsaspekte angesprochen worden. Die Mehrheit kenne die eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen nicht und würden ihrem Vermittler dabei vertrauen. Aber würden Verbraucher beispielsweise auch etwas tiefer in die Tasche greifen, um eine nachhaltige Versicherung abzuschließen?
All-time favorite: Der Papierverzicht
Glaubt man einer aktuellen Umfrage des nachhaltigen Versicherunsgmaklers Finsurancy würde eine deutliche Mehrheit durchaus höhere Beiträge zahlen, wenn die Versicherung nachhaltig aufgestellt ist. Insgesamt 68,2 Prozent der Befragten würden bis zu 25 Prozent mehr für eine nachhaltige Police ausgeben, während nur 31,2 Prozent das ablehen.
Befragt danach, welche ökologischen Aspekte den Umfrageteilnehmern bei einem Versicherer besonders wichtig sind, antwortete die Mehrheit mit dem Klassiker: der Papierverzicht (43,4 Prozent). Kommt es zu einem Schadenfall, legen gut 28 Prozent Wert auf die Übernahme von Mehrkosten für einen klimafreundlicheren Ersatz – wie zum Beispiel für eine energieeffiziente Heizung. Fast genau so vielen Umfrageteilnehmern ist eine Beratung mit Fokus auf Nachhaltigkeit wichtig. Dass ein Versicherer Mehrkosten für eine Reparatur übernimmt, präferieren gut 24 Prozent.
Lediglich knapp zwölf Prozent der Verbraucher wünschen sich eine nachhaltige Kapitalanlage in der Versicherung. Nach Ansicht von Finsurancy ist das ein Beweis dafür, dass der eigentliche Impact einer nachhaltigen Kapitalanlage noch weitestgehend unbekannt sei. „Hier gibt es noch hohen Aufklärungsbedarf für die Versicherer und den Vertrieb“, so der Versicherungsmakler.
Die Top-3 der nachhaltigen Versicherer aus Kundensicht
Der knappen Hälfte der Befragten (45 Prozent) ist eine nachhaltige Versicherung „wichtig“ bis „sehr wichtig.“ Für nur gut vier Prozent ist das Thema unwichtig. Dennoch: Die Mehrheit misst der Nachhaltigkeit eine geringere Bedeutung bei: Insgesamt 55 Prozent geben an, eine nachhaltige Versicherung sei ihnen „weniger wichtig“ bis „egal“. Dennoch haben immerhin fast drei Viertel der Befragten schon einmal von einer nachhaltigen Police gehört.
Und so wundert es auch weniger, dass es drei Schwergewichte der Branche unter die Top-3 derjenigen Versicherer geschafft haben, von denen die Befragten glauben, dass sie nachhaltige Produkte anbieten: Von zehn Versicherer, die zur Auswahl standen, haben 36,7 Prozent die Bayerische genannt. Auf dem zweiten Platz landet, mit nur geringem Abstand zum Umfragesieger, die Nürnberger mit 35,6 Prozentpunkten Zustimmung. Drittplatzierter ist mit 28,5 Prozent die Allianz.
Nun ist es auch an den Versicherungsunternehmen für ihr ökologisches Portfolio die Werbetrommel zu rühren, denn immerhin über die Hälfte der Befragten würde, wenn sich die Gelegenheit bietet, zu einer nachhaltigen Police wechseln. Und auch die 25 Prozent der Unentschlossenen könnten sich durch gute Argumente für einen grünen Versicherungsschutz gewinnen lassen. Nur 2,7 Prozent antworten auf die Frage, ob ein Wechsel zu einem nachhaltigen Produkt in Frage kommt, mit „nein“. Damit sind die Hardliner ein schwindend geringer Prozentteil. Früher oder später werden selbst sie umdenken müssen, bevor die Welt tatsächlich „nicht mehr versicherbar“ geworden ist.