Comeback des Garantiezins

Was bedeutet das für Lebensversicherungen?

Wahrscheinlich steigt der Höchstrechnungszins auf 1 Prozent. Das hätte Folgen für das Design von Lebensversicherungen. Vor allem Hybridprodukte könnten profitieren, eventuell sogar Riester.

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08:01 Uhr | 19. Januar | 2024
Was bedeutet das für Lebensversicherungen?

Wahrscheinlich steigt der Höchstrechnungszins auf 1 Prozent. Doch welche Folgen hätte das für das Design von Lebensversicherungen?

| Quelle: cagkansayin

In die Ausgestaltung von Lebensversicherungen kommt Bewegung. Nachdem sich die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) Ende November für eine Anhebung des Höchstrechnungszinses von 0,25 Prozent auf 1 Prozent ab dem 1. Januar 2025 aussprach, könnten Lebensversicherer ihren Kunden wieder höhere Garantiezinsen bieten. Auch die garantierten Rentenleistungen könnten steigen.

Positive Wirkung auf Beiträge

Darüber hinaus wirkt sich ein höherer Rechnungszins auch auf die Prämien von allen Versicherungen aus, die nach Art einer Lebensversicherung kalkuliert werden, also zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitspolice. Steigt der Rechnungszins, kalkuliert der Versicherer auch höhere Kapitalerträge ein und somit sinkt tendenziell der Beitrag.

„Allerdings„, sagt jetzt Jochen Ruß, Geschäftsführer des Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa), „ist nicht alles, was möglich ist, auch sinnvoll.“ Entscheidungen zum Garantiezins müsse ein Lebensversicherer gut abwägen. Zugleich stellten sich Fragen rund um das Design von Produkten. „Bei allen Produktanpassungen, die im Zuge der Anhebung des Höchstrechnungszinses vorgenommen werden, ist zu prüfen, ob es sich um eine wesentliche Änderung gemäß § 23 Abs. 1a VAG handelt.“

Mehr Anlagen in Fonds möglich

Hier gehe es insbesondere um die Festlegung des Zielmarktes und ob die erwartete Zielrendite mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann. Letzteres könnte insbesondere bei Hybridprodukten einfacher als bisher nachweisbar sein, meint Ruß. Denn der höhere Höchstrechnungszins führe zu einer höheren erwarteten Fondsquote, die wiederum die Renditechancen am Kapitalmarkt verbessere.

Versicherer, die wieder eine 100prozentige Beitragsgarantie anbieten, müssten sich im Klaren sein, dass dies auch eine „Renditebremse„ sei und das inflationsbereinigte Risiko im Vergleich zu moderat abgesenkten Garantien sogar steigen könne. Andererseits könne das Angebot eines Riester-Produkts mit voller Beitragsgarantie wieder mehr Verbrauchern die Möglichkeit eröffnen, in den Genuss einer Förderung zu kommen, skizziert der Ifa-Geschäftsführer entsprechende Abwägungen. Ob es sinnvoll ist, vor einer möglichen Riester-Reform ein neues Produkt unter dem „alten“ Regime an den Markt zu bringen, müssten sich Versicherer freilich ebenfalls gut überlegen.

15 Prozent höhere garantierte Rente

Ruß zufolge könnte die Höhe der Garantie bei Leibrenten besonders relevant sein. Bisher leide die Akzeptanz der lebenslangen Rente darunter, dass Verbraucher sehr stark auf die als niedrig wahrgenommene garantierte Rente schauten. Nutzten die Produktgeber neben der Rechnungszinserhöhung weitere „innovative Ideen“, könne die garantierte Rente um rund 15 Prozent erhöht werden, ist Ruß überzeugt.

Bei den Garantien sieht das Ifa die Entwicklung weg von jährlich erneuerten – sogenannten hochfrequenten – Garantien hin zu endfälligen Garantien. Spreche ein Versicherer ein Garantie in Höhe des Höchstrechnungszinses für das Laufzeitende der Versicherung aus, könne er zum Beispiel von einem Jahr auf das nächste einen Garantiezins von null Prozent ansetzen. Das habe für den Anbieter den Vorteil, dass sich eine hohe jährliche Überschussbeteiligung lohne. Ruß nennt den Grund: Die Garantiezinsforderung für die Restlaufzeit wird faktisch reduziert. Die Risikoreduktion aus dementsprechend gestalteten Produkten sei umso größer, je höher der Höchstrechnungszins ist. Daher würden derartige Produktdesigns wieder interessant.

GDV begrüßt die Anhebungsempfehlung

Gewiss sitzen in den Büros der Versicherer gerade zahlreiche Mathematiker und Produktexperten und machen sich Gedanken über bevorstehende Möglichkeiten. Dass das Bundesfinanzministerium der Anhebung des Höchstrechnungszinses zustimmen wird, gilt als nahezu sicher. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte den Vorschlag der Aktuarvereinigung bereits begrüßt. „Die empfohlene Zinsanhebung ist aus unserer Sicht eine angemessene Reaktion auf das allgemein gestiegene Zinsniveau. Dies wird sich positiv auf die Gestaltung von Lebensversicherungsprodukten auswirken, wovon Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren”, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.