Stornoquote steigt - bei diesen Lebensversicherern ist sie am höchsten
Zwar ist es keine Beziehung auf Lebenszeit, doch im Idealfall bleiben Kunde und Lebensversicherer auf viele Jahre miteinander verbunden. Allerdings wird so mancher Kunde dieser Beziehung mit der Zeit überdrüssig und kündigt seinen Vertrag. Eine Entwicklung, die der Finanzaufsicht nicht gefällt.
Auf dem diesjährigen Strategiemeeting Lebensversicherung des Handelsblattes warnte BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens: „Im Branchendurchschnitt kündigen pro Jahr rund 3,5 Prozent der Kundinnen und Kunden ihren Vertrag. Wenn wir von einem konstanten jährlichen Storno in dieser Höhe ausgehen, hat nach etwa 20 Jahren die Hälfte der Kundinnen und Kunden ihren Vertrag vorzeitig beendet.“
Für die Finanzaufsicht sind hohe Stornozahlen ein mögliches Indiz dafür, dass die verkauften Produkte nicht zu den Kunden passen und von diesen darum schnell wieder veräußert werden. Im vergangenen Jahr stellte die Targo den Vertrieb gleich dreier Produkte ein. Der kolportierte Grund: zu hohe Stornozahlen.
Stornoquote steigt
Gemessen an den Stornozahlen war das vergangene Jahr aus Sicht der Lebensversicherer kein gutes, wie ein Blick in den aktuellen procontra-LV-Check zeigt. Diesem zufolge stieg die Stornoquote (gemessen an der Zahl der Verträge) im vergangenen Jahr von 2,61 auf 2,83 Prozent. Gemessen am laufenden Beitrag stieg sie 4,77 auf 5,31 Prozent.
Während die Stornoquote nach Zahl der Policen eher zeigt, wie viele Kunden sich vom Versicherer abwenden, ist die Stornoquote nach laufendem Beitrag aussagekräftiger, um zu schauen, wie groß die finanzielle Belastung für den Versicherer durch die Stornierungen ist. Allerdings gilt es hierbei verstärkt auf Sondereffekte zu achten.
Nun müssen nicht gleich die Alarmglocken schnellen. Zum Vergleich: Bis 2014 lag die marktweite Stornoquote (gemessen nach Zahl der Verträge) teils deutlich jenseits der 3-Prozent-Marke. Dennoch gibt es mahnende Stimmen in der Versicherungsbranche, zu denen unter anderem Guido Bader, Chef der Stuttgarter Lebensversicherung gehört, der die steigenden Stornoquoten auf der Handelsblatt-Veranstaltung als „Flächenphänomen“ bezeichnete.
LV-Check: Die höchsten Stornoquoten 2024

Platz 9: Bayern Lebensversicherung (4,15 %)
Viele Ursachen für Anstieg
Doch was sind die Gründe dafür? Laut Bader gibt es keine monokausale Erklärung für die steigenden Quoten, stattdessen jedoch eine Vielzahl von Gründen. Zum einen führten gesamtwirtschaftliche Entwicklungen wie Inflation oder Arbeitsplatzverluste dazu, dass Versicherungsnehmer ihre Verträge kündigten, so Bader auf procontra-Nachfrage. Hinzu komme, dass in der betrieblichen Altersvorsorge viele Verträge bei einem Arbeitgeber-Wechsel nicht weitergeführt, sondern stillgelegt werden, da der neue Arbeitgeber auf ein anderes System setze.
„Darüber hinaus spielt die öffentliche Wahrnehmung eine Rolle“, so Bader weiter. „Eine oftmals zu Unrecht negative Berichterstattung über die Branche sowie die erratische Rentenpolitik der Bundesregierung verunsichern viele Kundinnen und Kunden. Diese Situation führt nicht selten zu Kündigungen.“ Darüber hinaus vermutet Bader, dass auch Umdeckungen durch Vermittler in den Beständen zugenommen haben könnten.
Betroffen sei neben Fondspolicen mit und ohne Garanten vor allem die betriebliche Altersvorsorge. Eine Beobachtung, die auch seitens der Gothaer geteilt wird: „Als Ursache für diesen Trend sehen wir insbesondere eine Zunahme der Insolvenzen. Laut statistischem Bundesamt sind die Insolvenzen 2024 um 16,8 Prozent gestiegen“, erklärte eine Sprecherin auf procontra-Nachfrage.
Große Unterschiede am Markt
Insgesamt sind die Unterschiede am Markt jedoch weiterhin groß. Schaut man auf die Stornoquote nach laufendem Beitrag rangieren die Stornoquoten stark, zwischen 1,48 bei der WGV bis hin zu 12,6 bei der Targo. Bei vielen Anbietern war hier im vergangenen Jahr ein deutlicher Anstieg feststellbar, besonders markant fiel dieser bei der Gothaer aus.
Die höchsten Stornoquoten nach laufendem Beitrag
Versicherer | Stornoquote 2023 | Stornoquote 2024 |
Targo | 12,79% | 12,60% |
Signal Iduna AG | 7,75% | 9,71% |
Cosmos Direkt | 8,29% | 9,51% |
uniVersa | 6,27% | 6,99% |
Ergo Vorsorge | 7,42% | 6,88% |
WWK | 6,24% | 6,88% |
Helvetia | 5,88% | 6,62% |
SparkassenVersicherung | 5,31% | 6,57% |
die Bayerische | 5,51% | 6,45% |
Stuttgarter | 5,84% | 6,40% |
Eine Unternehmenssprecherin führte aus, dass ein Grund dafür die stattgefundene Fusion mit der Barmenia gewesen sei. Tatsächlich gehörte der Wuppertaler Versicherer in den Vorjahren zu den Versicherern mit einer der höchsten Quoten. Die Quote soll jedoch wieder sinken: „Unser Anspruch ist für die Zukunft wieder eine Stornoquote unterhalb des Marktdurchschnitts aufzuweisen“, sagte die Sprecherin.
Auch bei der Stornoquote nach Anzahl der Verträge sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern enorm und rangieren zwischen 0,64 Prozent (WGV) und 8,39 Prozent (Targo). Welche Unternehmen 2024 die höchsten Stornoquoten aufwiesen, können Sie in unserer unten stehenden Bilderstrecke nachlesen.
Doch wie kann es den Unternehmen gelingen, die Stornoquote in Zukunft wieder zu drücken? Bei der Stuttgarter will man dies vor allem durch die Qualität der Beratung sicherstellen. Hierfür suche man regelmäßig das Gespräch mit den Vertriebspartnern und thematisiere hierbei auch das Thema der steigenden Stornozahlen. „Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die eine Kündigung oder Beitragsfreistellung möglichst verhindern. Dazu gehören unter anderem flexible Ansätze zur Überbrückung bei Zahlungsschwierigkeiten. Wichtig ist, dass Beraterinnen und Berater frühzeitig mit ihren Kundinnen und Kunden ins Gespräch gehen“, so Bader.