Kritik

Nachhaltige Investments: „Rüstung hat in ESG-Fonds nichts zu suchen“

Norman Wirth vom AfW erklärt, warum die Öffnung von ESG-Fonds für Rüstungsinvestitionen die Glaubwürdigkeit von nachhaltigen Investitionen aus seiner Sicht gefährden könnte.

Author_image
10:05 Uhr | 13. Mai | 2025
Norman Wirth

Rechtsanwalt und AfW-Vorstand Norman Wirth

| Quelle: AfW

Was Sie erfahren werden

  • Warum Norman Wirth mehr Investitionen in Rüstung für notwendig hält, jedoch kritisch gegenüber der Öffnung von ESG-Fonds für Rüstungsinvestitionen ist

  • Die Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit von ESG-Fonds und deren langfristige Integrität

  • Wirths Meinung zur EU-Taxonomie und den fragwürdigen Kompromissen bei „grünen Technologien“

procontra:

Was halten Sie davon, dass Fondsgesellschaften manche ESG-Fonds für Rüstungsinvestitionen öffnen wollen?

intervieweeImg

Norman Wirth:

Zunächst einmal: Angesichts der sicherheitspolitischen Lage in Europa halte ich mehr Investitionen in Rüstung für absolut notwendig. Hier können Privatanleger eine wichtige Rolle spielen. Die Investitionen sollten aber im Rahmen von konventionellen Fonds erfolgen. Denn: Rüstungsproduktion ist per Definition schädlich – und zwar nicht nur im Kontext von Umweltschäden, sondern auch hinsichtlich sozialer Ziele. Die ESG-Regulierung orientiert sich daran, dass eine wirtschaftliche Aktivität, um als nachhaltig eingestuft zu werden, keinen erheblichen Schaden an anderen Umwelt- oder sozialen Zielen verursachen darf. Panzer und Granaten können dieses Prinzip nicht erfüllen.

procontra:

Allianz GI begründet die Öffnung damit, dass dies erlaubt ist und dass sie hiermit noch mehr privates Kapital für den Aufbau einer europäischen Verteidigungsarchitektur mobilisieren kann. Überzeugt das nicht?

intervieweeImg

Wirth:

Nein, weil Rüstung in nachhaltigen Fonds nichts zu suchen hat. Für Vermittler, die tagtäglich mit den Ansprüchen ihrer Kunden an ethische Geldanlagen konfrontiert sind, werden derartige Entwicklungen zunehmend untragbar. Nachhaltigkeit lebt von Integrität und Glaubwürdigkeit. Ein Aufweichen dieser Prinzipien kann keine Antwort auf geopolitische Herausforderungen sein.

procontra:

Sehen Sie die Glaubwürdigkeit von ESG-Fonds in Gefahr?

intervieweeImg

Wirth:

Durchaus. Wir brauchen daher ein klares Bekenntnis zu konsequenten ESG-Kriterien, die keine ethischen Standards opfern. Nachhaltigkeit darf kein beliebig verhandelbarer Kompromiss werden. Doch statt Maßnahmen zu ergreifen, die Vertrauen und Interesse stärken, macht die Politik das Gegenteil. Nehmen Sie die EU-Taxonomie als ein weiteres Beispiel. Fossiles Gas und Atomenergie wurden als „grüne Technologien“ eingestuft – ein fragwürdiger Kompromiss, der auf einem politischen Deal zwischen Deutschland und Frankreich basierte. Die Taxonomie, ursprünglich geschaffen, um Klarheit zu bieten, droht ihren Kompass zu verlieren.

Passen Rüstungsinvestitionen zu Nachhaltigkeit?

  • Notwendigkeit von Investitionen in Rüstung zur Sicherung der Sicherheit

  • Klare Haltung zu ethischen ESG-Kriterien

  • Stärkung von Integrität und Glaubwürdigkeit im ESG-Bereich

  • Rüstung passt nicht zu den Grundprinzipien der ESG-Regulierung

  • Öffnung von ESG-Fonds für Rüstung gefährdet die Glaubwürdigkeit

  • Die EU-Taxonomie verliert an Klarheit und Vertrauen