BU trotz Bubatz

Was sich durch die Cannabis-Legalisierung in der BU ändert

Seit 1. April dieses Jahres ist der Konsum von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal. Eine gute Nachricht für die Interessenten von BU-Versicherungen? Wohl kaum, erklärt Versicherungsmakler Berndt Schlemann, und gibt Tipps, wie Cannabis-Konsumenten dennoch an eine Berufsunfähigkeitspolice kommen.

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12:04 Uhr | 10. April | 2024
Kiffer

Seit 1. April dieses Jahres ist der Konsum von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal. In Berlin wurde die Gesetzesänderung von rund 200 Aktivisten standesgemäß mit einem Joint gefeiert.

| Quelle: Michele Tantussi / Freier Fotograf

Das Hanf ist frei. Wer sich hierzulande einen Joint anzünden möchte, darf dies seit dem 1. April unter bestimmten Bedingungen tun. Nutzer können sich ihr Cannabis künftig zu Hause selber anbauen – bis zu drei weibliche Pflanzen sind erlaubt – oder es über eine sogenannte Anbauvereinigung bzw. Cannabis-Club beziehen. Eine Nachricht, die viele Menschen in Deutschland freuen dürfte: Die Bundesregierung geht davon aus, dass rund 4,5 Millionen Menschen in den vergangenen Jahren Cannabis konsumiert haben. Zumindest einmal.

Die teilweise Bubatz-Legalisierung hat auch Auswirkungen auf die Versicherungswelt. Während die Versicherer die Bundesregierung derzeit zu einer Neujustierung des THC-Grenzwertes für Autofahrer auffordern, stellt sich für die Interessen einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Frage, welche Auswirkungen die Legalisierung für sie mit sich bringt. Gerade für die Jüngeren ist diese Frage von Bedeutung: Laut Bundesregierung sind die 18- bis 24-Jährigsten die Altersgruppe, in der am häufigsten Cannabis konsumiert wird.

Bislang galt, wer den Konsum von Drogen im BU-Antrag bejahte, von der Versicherung in aller Regel abgelehnt wurde. Dies schreibt beispielsweise Makler Marco Niedermaier (buXperts) in seinem Blog. Nur in seltenen Fällen hätten Versicherer bei vereinzeltem und länger zurückliegendem Konsum ein Auge zugedrückt bzw. eine BU-Versicherung nur mit bestimmten Ausschlüssen angeboten.

Versicherer werten das Thema höchst unterschiedlich

Allerdings wurde und wird das Thema Drogen-Konsum seitens der Versicherer höchst unterschiedlich gewertet. Unterschiede gibt es nicht nur im Hinblick auf die Abfragezeiträume. Während einige Versicherer den bloßen Konsum von Drogen erfragen, interessieren sich andere Anbieter nur dafür, ob es in den vergangenen Jahren zu Behandlungen im Zusammenhang mit dem Drogen-Konsum gekommen ist. Trotz der einen oder anderen Jugendsünde ist so also noch der gewünschte Schutz zu bekommen. Eine Übersicht, welcher Versicherer den Konsum von Cannabis wie abfragt, liefert beispielsweise der Versicherungsmakler Berndt Schlemann auf seiner Homepage.

Die Frage, die sich nach der Legalisierung nun aufdrängt, lautet: Wird der Abschluss einer BU-Versicherung für den Gelegenheits-Kiffer nun deutlich leichter? Versicherungsmakler Schlemann ist eher vom Gegenteil überzeugt. „Die Zahl der Konsumenten wird nach der Legalisierung steigen“, ist Schlemann überzeugt. „Bislang ist nicht absehbar, dass die Versicherer ihre Einschätzung zum Cannabis-Konsum verändern.“ Ihm selbst seien keine Versicherer bekannt, die ihre Annahmepolitik bezüglich des Cannabis-Konsum derzeit entschärfen. Gegen eine Lockerung spricht vor allem das durch Drogen erhöhte Risiko psychischer Erkrankungen als Hauptursache einer Berufsunfähigkeit.

Angefragte Versicherer wollten sich auf procontra-Anfrage nicht äußern und verweisen darauf, dass die Legalisierung erst vor wenigen Tagen erfolgte, das Thema folglich also noch zu „frisch“ sei, um sich dazu zu äußern. Auch beim Versichererverband will man das Thema zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren.

Auch wenn sich der Kreis potenzieller BU-Versicherer durch den Cannabis-Konsum verengt, rät Schlemann dringend davon ab, im Versicherungsantrag falsche Angaben zu machen. „Sonst steht die BU auf wackeligen Füßen“, warnt der Makler. Stattdessen sollte die Hilfe eines Fachmanns in Anspruch genommen werden.

Sind Kiffer auch Raucher?

Dies empfiehlt sich auch aufgrund einer weiteren potenziellen Stolperfalle im Antrag: der Frage, ob man Raucher oder Nichtraucher ist. Häufig wird für einen Joint nämlich Cannabis zusammen mit Tabak konsumiert. Macht einen der gelegentliche Cannabis-Konsum damit aber auch gleich zum Raucher? Die Antwort auf diese Frage entscheidet zwar nicht über das Zustandekommen eines Vertrags, wohl aber bei Versicherern mit günstigeren Nichtrauchertarifen über den zu zahlenden Preis. Sie illustriert wiederum sehr anschaulich die Komplexität eines BU-Antrags und die Notwendigkeit einer umfangreichen Beratung.

„Die Frage lässt sich nicht mit einem Satz beantworten“, deutet Schlemann sofort an, dass es an dieser Stelle komplex wird. Entscheidend ist zur Beantwortung dieser Frage nämlich nicht nur die Art und Weise, in welcher Art und Weise das Cannabis konsumiert wird.

Am einfachsten ist es natürlich bei den Versicherern, die erst gar nicht abfragen, ob der potenzielle Versicherungsnehmer raucht oder nicht – Schlemann nennt hier als Beispiel den HDI.

Andere Gesellschaften fragen indes nach dem Konsum von Tabak (Allianz) oder Nikotin (Bayerische). Wer seinen Joint mit Tabak raucht, muss sich an dieser Stelle als Raucher outen.  „Ob der Konsum ,ab und zu‘ oder täglich erfolgt, spielt dabei keine Rolle“, stellt Schlemann klar. Wer auf Tabak indes verzichtet, kann hier verneinen.

Noch spitzfindiger wird es, wenn der Versicherer nach dem Konsum von Zigaretten fragt. Grundsätzlich ist diese Frage für Kiffer zu bejahen – egal, in welcher Form sie ihren Joint konsumieren. Nun gibt es aber Ausnahmen, zumindest für diejenigen, die ihren Joint ohne Tabak rauchen. „Teilweise ist die Formulierung unscharf, weil zunächst zwar nur nach Zigaretten gefragt wird, danach jedoch eine Erläuterung, oder andere nikotinhaltige Produkte‘ (Baloise) oder ,bzw. Nikotin in anderer Form‘ (Nürnberger) folgt“, schränkt Schlemann ein. In diesen Fällen fühle er sich nicht verpflichtet, das Rauchen zu bejahen.

Die gute Nachricht hierbei: Unklare Formulierungen gehen zu Lasten des Versicherers. Kunden, die hier falsche Auskunft geben, ist aus solchen Fehlern kein Strick zu drehen. „Dennoch zeigt sich auch hier, dass man sich zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung bei Cannabiskonsum besser von Profis beraten lässt“, so Schlemann.