Bundesfinanzministerium legt Gesetzesentwurf vor

Riester-Reform: Gesetzesentwurf enthält gute Ansätze und bittere Kröten

Lange erwartet, nun ist er da: Der Gesetzesentwurf zur Reform der geförderten privaten Altersvorsorge. Vieles erinnert dabei an einen alten FDP-Vorschlag. Doch manch neue Idee ist nicht nach dem Geschmack der Versicherer und hält auch für Vermittler Härten parat.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil im Bundestag

Das Bundesfinanzministerium unter Minister Lars Klingbeil (Foto) hat nun den lange erwarteten Gesetzesentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge vorgelegt. | Quelle: picture alliance / Geisler-Fotopress | Agentur Wehnert/M. Gränzdörfer

Die Überraschung ist geglückt: Am vergangenen Freitag verabschiedete der Deutsche Bundestag nicht nur das umstrittene Rentenpaket. Gleichzeitig legte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil den lange erwarteten Entwurf zur Reform der geförderten privaten Altersvorsorge vor.

Die Erwartungen an die Reform setzt das Finanzministerium hoch an: „Ziel ist es daher, ein kostengünstiges, einfaches, transparentes und gut erklärbares Angebot an neuen privaten Altersvorsorgeprodukten mit höheren Renditemöglichkeiten zu unterbreiten, das eine breite Bevölkerungsschicht anspricht, eigenverantwortlich zur Sicherung ihres Lebensstandards im Alter eine ergänzende, private Altersvorsorge vorzunehmen“, heißt es im Entwurf. Ein Ziel, was sich mit der darbenden Riester-Rente nicht mehr erreichen ließ.

Das Altersvorsorgekonto feiert Revival

Neben traditionellen Versicherungsprodukten mit Garantien (hier sollen wahlweise 80 bzw. 100 Prozent möglich sei) greift die Bundesregierung nun mit dem geplanten Altersvorsorgedepot eine Idee der FDP aus der vergangenen Ampel-Regierung wieder auf: Die Sparer sollen dabei unkompliziert über ETF und Fonds ihr Geld investieren können. Garantien sind dabei nicht vorgesehen. Investments sind bis zur Risikoklasse 5 (von insgesamt 7) möglich. Um den Menschen hierbei die Auswahl zu erleichtern, soll jeder Anbieter ein sogenanntes Standardprodukt anbieten müssen – bei diesem sind maximal Effektivkosten von 1,5 Prozent (Vertriebsvergütung, Verwaltungskosten, Fondskosten) vorgesehen.

Indirekter Kostendeckel?

Ein Punkt, der beim Vermittlerverband AfW, auf Kritik stößt. Der Verband sieht hierin einen indirekten Kostendeckel, der vor allem unabhängige Vermittler treffen würde. Für den Verband stellt das einen Widerspruch dar – schließlich hatte der Gesetzgeber doch zuletzt verstärkt die Beratungsanforderungen erhöht. „Gute Beratung ist kein Kostenfaktor, sondern ein Schutzfaktor. Wer Altersvorsorge allein über den Preis definiert, blendet aus, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine individuelle Orientierung benötigen. Der Gesetzgeber muss 'Value for Advice' anerkennen und darf unabhängige Beratung nicht strukturell benachteiligen“, heißt es seitens AfW-Geschäftsführer Norman Wirth.

Auswirkungen auf die Vergütung dürfte auch der Plan haben, dass die Bundesregierung künftig bei geförderten Altersvorsorgeprodukten die sogenannte Zillmerung untersagen möchte. Diese erlaubt es den Versicherern derzeit, die Abschlusskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre zu verteilen. Künftig – geht es nach den derzeitigen Plänen – sollen diese nur noch auf die gesamte Vertragslaufzeit umgelegt werden können. Für die Versicherer steigt damit das Risiko. Eine Konsequenz hieraus dürfte sein, dass hohe Abschlussprovisionen abgeschafft werden, die Versicherer stattdessen auf Bestandsprovisionen setzen.

Beitragsproportionale Zulagen

Deutlich positiver wird indes die Vereinfachung bei der Förderung bewertet. Hier setzt die Bundesregierung zukünftig auf eine beitragsproportionale Zulage: Für jeden investierten Euro legt die Bundesregierung insgesamt 30 Cent dazu. Dies gilt bis zum einem Beitrag von 1.200 Euro. Für Beträge zwischen 1.201 und 1.800 Euro zahlt der Staat dann 20 Cent je Euro. Maximal werden somit Einzahlungen von bis zu 1.800 Euro gefördert.

Erfreulich dürfte für viele der Wegfall der sogenannten Mindesteigenbeitragsberechnung sein. Deren komplexe Berechnung hatte in der Vergangenheit häufig dazu geführt, dass viele Anleger zu wenig oder gar keine Zulagen ausgezahlt bekamen.

Auch die Kinderzulagen sollen künftig beitragsproportional ausfallen – maximal ist dabei einen Förderbeitrag in Höhe von 300 Euro vorgesehen. Auch die Startzulage soll erhalten bleiben – wer bereits vor dem 25. Lebensjahr mit der eigenen Altersvorsorge beginnt, bekommt zusätzlich einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 200 Euro.

Keine biometrischen Zusatzversicherungen mehr

Weniger Zustimmung findet indes das Vorhaben, biometrische Zusatzversicherungen zu untersagen. Mit entsprechendem Zusatzschutz können sich Anleger derzeit noch dagegen absichern, dass im Fall einer Berufsunfähigkeit die Riester-Beiträge weiter gezahlt werden. Gleichzeitig sinkt dadurch jedoch auch die Höhe der späteren Rente.

Die Bundesregierung beabsichtigt mit ihrer Entschlackung, die Produkte einfacher und damit vergleichbarer zu gestalten. Ein deutlicher Rückschritt sei dies, moniert derweil der AfW-Verband. „Ein Verbot solcher Zusatzabsicherungen mindert die Attraktivität der geförderten Vorsorge und steht nicht im Einklang mit den tatsächlichen Bedürfnissen vieler Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Reform muss lebensrealistische Schutzmechanismen zulassen und darf keine Versorgungslücken erzeugen“, so Wirth.

Für wenig Freude dürfte bei den Versicherern auch sorgen, dass künftig Auszahlungspläne möglich sein sollen. Statt einer lebenslangen Rente würde das angesparte Kapital dann mittels eines Auszahlungsplans bis zum 85. Lebensjahr ausgezahlt. Damit will die Bundesregierung vor allem den Wettbewerb zwischen den Anbietern steigen – sehr zur Freude auch des Fondsverbands BVI, jedoch zu Lasten der Versicherer. Diese hatten sich bereits nach Veröffentlichung des FDP-Vorschlags zum Altersvorsorgedepots intensiv mit dem Fondsverband über das Pro/Contra der lebenslangen Rente gestritten. Eine Debatte, die durch den neuen Gesetzesentwurf wieder an Fahrt gewinnen dürfte. In diese Richtung deuten zumindest die ersten Stellungnahmen der jeweiligen Verbände.

BVI lobt, GDV mahnt

Groß ist erwartungsgemäß die Zustimmung beim Fondsverband BVI. „Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt, damit die Menschen ihre wachsende Rentenlücke verringern können“, kommentierte dessen Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Positiv wurde dabei vor allem der geplante Wegfall des Verrentungszwangs hervorgehoben. Dies würde die Attraktivität der privaten Altersvorsorge merklich steigern, ist man beim BVI überzeugt.

Beim GDV fällt das Echo eher gemischt aus. Zwar lobt man die Tatsache, nun endlich einen konkreten Entwurf zur Überarbeitung der Riester-Rente auf dem Tisch zu haben. Der Verzicht auf Garantien ermögliche deutlich höhere Renditen, prognostizierte der Verband. Gleichzeitig sieht man im Wegfall der Verrentungspflicht ein Risiko: „Entscheidend ist, dass sie [die private Altersvorsorge] bis zum Lebensende trägt – sonst drohen Versorgungslücken und wachsende Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme“, warnte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Apropos Riester: Besitzer eines Riester-Vertrages sollen die Möglichkeit bekommen, in das neue Fördersystem zu wechseln. Gleichzeitig soll es aber auch möglich sein, weiter nach der bestehenden Fördersystematik für das Alter vorzusorgen. Auf Vermittler dürfte an dieser Stelle viel Beratungsarbeit zukommen.

Noch in diesem Jahr soll der Gesetzesentwurf vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Long Story short

Der Gesetzesentwurf zur Reform der geförderten privaten Altersvorsorge sieht ein neues, einfacheres und renditestärkeres Fördersystem vor, das u. a. ein Altersvorsorgedepot, beitragsproportionale Zulagen und den Wegfall der Zillmerung umfasst, jedoch teils starke Kritik von Versicherern und Vermittlern auslöst. Während der Fondsverband BVI viele Neuerungen begrüßt, warnt der GDV vor Versorgungslücken.