Bundeskongress will über Antrag beraten

Jusos wollen private Vorsorge überflüssig machen

Es ist für den Staat beschämend, dass die gesetzliche Rente im Alter nicht allein zum Leben reicht. Das kritisieren Teile der SPD-Nachwuchsorganisation und trommeln für einen revolutionären Umbau der Rente. Die Vorschläge werden dem Anspruch jedoch kaum gerecht.

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15:11 Uhr | 02. November | 2023
Rentenreform

Weg damit: Die Jusos Berlin wollen die gesetzliche Rente so stärken, dass private Vorsorge überflüssig wird.

| Quelle: nisara Tangtrakul

60.000 Euro Grunderbe für alle Menschen mit Wohnsitz in Deutschland, die das 18. Lebensjahr erreichen. Mit dieser Forderung sorgen die Jusos, die SPD-Nachwuchsorganisation, derzeit für Wirbel. Ein entsprechender Antrag soll Mitte November auf dem Bundeskongress der Jugendorganisation eingebracht werden.

Wer sich das Antragsbuch zum Bundeskongress anschaut, stößt neben dem Antrag zum erwähnten Grunderbe auch auf zwei Anträge zum Umbau der gesetzlichen Rente. Während die Jusos Sachsen-Anhalt in ihrem Antrag die Erhöhung der Grundrente fordern, geht der Berliner Landesverband in seinem Anspruch deutlich weiter. „Jetzt schon an Übermorgen denken – Revolution der gesetzlichen Rente“, heißt der selbstbewusste Titel ihres Antrags.

In diesem kommen sie zu dem Schluss, dass das jetzige Rentensystem an seine Grenzen geraten ist und zu großen Teilen vom Staat mit Steuermitteln gestützt werden muss. 106 Milliarden gab der Staat 2021 bereits dazu – Tendenz steigend.

„Unkreative und ungerechte Dauerbrennerideen“

Während in der jüngeren Vergangenheit immer wieder eine Erhöhung bzw. Dynamisierung des Renteneintrittsalters nachgedacht wurde, lehnen die Jusos Berlin einen solchen Schritt entschieden ab. Gleiches gilt für Rentenkürzungen oder eine Anhebung der Rentenbeiträge seitens der Arbeitnehmer. Diese Optionen werden im Antrag als „unkreative und ungerechte Dauerbrennerideen“ bezeichnet.

Auch die Aktienrente lehnen die Antragssteller entschieden ab, da diese das kapitalistische System weiter befeuere. Gleiches gilt für private Vorsorgeformen. Es könne nicht sein, dass sich der Staat aus der Affäre ziehe, „indem er sich darauf verlässt, dass sich die Leute zusätzlich privat absichern, aus Sorge, dass ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Altersvorsorge keine genügende Lebensgrundlage darstellen“. Fehler wie die Rürup- und Riester-Rente dürften nicht wiederholt werden, heißt es weiter. Stattdessen solle allein die gesetzliche Rente ausreichen, um den Lebensabend finanziell abzusichern. „Es gilt ein neues gesetzliches Rentensystem zu schaffen, dass allen ein würdevolles Altern erlaubt und das private Rentenversicherungen überflüssig macht“, heißt es dazu im Antrag.

Bleibt die Frage, wie das denn nun bewerkstelligt werden soll. Beklagten die Antragssteller zuvor unkreative Dauerbrennerideen, erfinden ihre Vorschläge das Rad auch nicht neu. Kernforderung ist, dass die Rente von allen getragen werden soll – das bedeutet nichts weiter als die Einbeziehung von Beamten, Richtern, Soldaten und der freien Berufe in die gesetzliche Rente. „Die Rente soll als solidarisches Umlagesystem funktionieren, dafür muss sie von allen gleichermaßen getragen werden – auch von ,Staatsdiener*innen‘ und den freien Berufen“, schreiben die Berliner Jusos.

Auch Selbstständige sollen offenbar einbezogen werden, damit sie im Alter nicht auf private Altersvorsorgesysteme angewiesen sind. In der Politik wird seit etlichen Jahren über eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige nachgedacht. Allerdings soll diesen offenstehen, ob sie sich über die gesetzliche Rente oder eine private Altersvorsorgeform absichern wollen. Entsprechende Pläne wurden in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder verschoben.

Beitragsbemessungsgrenze streichen

Zurück zum Juso-Antrag: Hier wird zudem für eine Streichung der Beitragsbemessungsgrenze, die derzeit bei rund 7.300 Euro (West-Deutschland) liegt, plädiert. Das würde bedeuten, dass auch für den Teil des Gehalts, der über dieser Grenze liegt, Rentenbeiträge anfallen.

Eine Erhöhung der Renten soll damit allerdings nicht einher gehen. Stattdessen soll es eine Maximalrente geben. Die Rentenversicherungsbeiträge, die für Einkommen jenseits der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt werden, werden folglich nicht in Rentenpunkte umgewandelt.

Auch Care-Arbeit, also die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen, soll stärker bei der gesetzlichen Rente berücksichtigt werden. Da überwiegend Frauen diese Aufgaben in der Familie übernehmen, ist im Antrag von einer „feministischen Rente“ die Rede.

Ob der Antrag vom Bundeskongress angenommen wird, darüber entscheiden die Jusos zwischen dem 17. bis 19. November in der Braunschweiger Stadthalle.