Interview zu aktiv gemanagten Fonds

„Indexvergleich nutzt Anlegern nicht wirklich etwas“

Wie sollen Fondsmanager so bewertet werden, dass es Kunden Orientierung bietet? Procontra sprach mit Detlef Glow, Leiter des Researchs Europa, Naher Osten und Afrika bei LSEG Lipper über die Tücken einer Benchmark-Ausrichtung.

14:04 Uhr | 04. April | 2024
Detlef Glow

Detlef Glow

| Quelle: LSEG Lipper

procontra: Um die Leistung aktiv gemanagter Aktienfonds zu bemessen, schlagen Sie vor, die absolute Wertentwicklung heranzuziehen und weniger die relative Performance zu einer Vergleichsmarke. Weshalb halten Sie dies für passender?

Detlef Glow: Wenn der Markt um 50 Prozent fällt und der Fondsmanager 48 Prozent verliert, hat er in der relativen Betrachtung outperformt. Dem Kunden nutzt das aber nicht wirklich etwas, weil er immer noch 48 Prozent verloren hat. Da wäre es besser zu schauen, wie ich als Fondsmanager Verluste vermeiden kann. Zum Beispiel, indem ich eine Cashquote aufbaue. Das hilft mir zwar nicht bei der Gesamtvermeidung von Verlusten. Aber es würde die Sache zumindest abfedern.

procontra: Bei dem Fokus auf die absolute Performance wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, wenn Fondsanbieter einige Risikomaßnahmen in Bezug auf die absolute Performance ihrer Fonds einführen würden. Welche Maßnahmen neben einer Cashquote wären dies?

Glow: Risiko wird nicht bei allen, aber doch bei vielen Kapitalanlagegesellschaften relativ zum Markt betrachtet. Zahlreiche Fonds haben daher ein relatives Risikomanagement zu einer Benchmark. Nun erwarten wir alle von den Portfoliomanagern, dass sie Alpha verdienen, eine Überrendite zum Markt. Das kann ich nur dann erwirtschaften, wenn ich von meiner Benchmark innerhalb der Benchmark abweichen darf. Bei einem internationalen Referenzmaßstab zum Beispiel müssen zahlreiche Fonds länderneutral bleiben; sie dürfen Länder nur in einem gewissen Maß zur Benchmark unter- oder übergewichten.

Das gleiche gilt für Sektoren und Branchen. Schon da fängt es an, haarig zu werden, da die Möglichkeiten, Alpha zu verdienen, eingeschränkt sind. Ein Fondsmanager sollte daher die Möglichkeit haben, sich zum Beispiel von der Sektorgewichtung zu lösen und ganze Werte nicht zu investieren, von denen er nicht überzeugt ist und umgekehrt. Einige dieser Regeln müssten etwas weiter gefasst werden, um den Managern die Freiheit zu geben, Alpha zu erwirtschaften.

procontra: Wie würden Sie die absolute Performance messen? Anhand der BVI-Methode zum Beispiel?

Glow: Absolut heißt ganz einfach, darauf zu schauen, wie die real erzielten Werte im Fonds im Zeitablauf sind. Da wäre ein Minus von 48 Prozent in einem Portfolio genau minus 48 Prozent. Bei LSEG Lipper ist es als Gesamtertrag oder Total Return eines Fonds dargestellt. Ob Sie es nach der BVI-Methode berechnen oder auf einem anderen Weg, ist am Ende des Tages zweitrangig. Da gibt es die unterschiedlichsten Methoden.