Interview mit ZfDR-Leiterin

„Die digitale Rentenübersicht ermöglicht eine zielgerichtete Altersvorsorgeplanung“

Die Digitale Rentenübersicht soll Altersvorsorge-Ansprüche transparenter machen, damit erkannte Versorgungslücken schneller geschlossen werden können. procontra sprach mit der Leiterin der Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR), Imke Petersen.

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11:04 Uhr | 16. April | 2024
Imke Petersen, Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR)

Imke Petersen leitet die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR)

| Quelle: ZfDR

procontra: Das Projekt der digitalen Rentenübersicht befindet sich in der letzten Phase. Wie ist der aktuelle Stand?

Imke Petersen: Die Digitale Rentenübersicht ist seit dem 30. Juni 2023 online. Damit ist es in rund zwei Jahren termingerecht gelungen, ein zentrales Portal zu schaffen, in welchem säulenübergreifend alle Altersvorsorgeansprüche strukturiert und übersichtlich einzusehen sind. Unter www.rentenuebersicht.de können alle Informationen und eine Übersicht über die persönlichen Altersvorsorgeansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Alterssicherung online abgerufen werden. Die Digitale Rentenübersicht kann damit Grundlage für eine weitergehende Beratung sein, um etwaigen Handlungsbedarf in der persönlichen Altersversorgung frühzeitig zu erkennen und handeln zu können.

procontra: Was waren die Erkenntnisse aus den vorherigen Phasen bzw. wo musste nachgebessert werden?

Petersen: Insgesamt haben wir sehr gutes Feedback erhalten, aber natürlich wurde auch Handlungsbedarf von den Kunden aufgezeigt. So haben wir z.B. im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit der Seite mit den entsprechenden Logos nachgearbeitet und werden weiterhin an der Verständlichkeit der Texte arbeiten bzw. nachbessern. Selbstverständlich haben wir uns bei der Konzeption auch bereits vergleichbare Portale in Europa angesehen. Da die einzelnen Altersvorsorgesysteme jedoch erheblich voneinander abweichen, haben wir eigene Ideen mit Nutzenden und Experten entwickelt.

procontra: Wie hat sich die Anzahl der registrierten Bürger und Anzahl der Anbindungen bislang entwickelt?

Petersen: Aktuell haben wir rund 160.000 Registrierungen. Darüber hinaus sind aktuell 296 Vorsorgeeinrichtungen, verteilt auf 42 Organisationen, angebunden.

procontra: Das ist noch ausbaufähig, oder?

Petersen: Aktuell ist die Anbindung noch freiwillig. Durch die Verordnung zur Anbindung von Vorsorgeeinrichtungen, die im Januar beschlossen wurde, werden wir bis Ende des Jahres alle Vorsorgeeinrichtungen an der Digitalen Rentenübersicht angebunden haben.

procontra: Kritik wird am Anmeldeprozess geäußert. Zu kompliziert, heißt es da. Wie beurteilen Sie das Anmeldeverfahren aus Bürgersicht?

Petersen: Die Authentifizierung erfolgt mit dem elektronischen Personalausweis (oder der eID-Karte für Menschen der EU und des EWR). Das ist auch nötig, um Datenschutz und Datensicherheit zu gewährleisten. Für eine Zuordnung der eigenen Altersvorsorge-Ansprüche benötigen die Nutzenden zudem ihre steuerliche Identifikationsnummer. Sie dient der sicheren und eindeutigen Zuordnung der jeweiligen Altersvorsorge-Informationen bei den Anbietern der jeweiligen Altersvorsorge-Produkte. Insofern sind die Hürden für eine Anmeldung aus unserer Sicht recht niedrig. Wir arbeiten aber weiter daran, den Anmeldeprozess zu vereinfachen und noch verständlicher für alle Nutzenden zu machen und prüfen, ob noch andere Möglichkeiten angeboten werden können.

Die Hürden für eine Anmeldung sind aus unserer Sicht recht niedrig.
Imke Petersen

procontra: Welche Renteneinkünfte werden in Zukunft sichtbar sein?

Petersen: Die Digitale Rentenübersicht zeigt die Werte aus den Renten- und Standmitteilungen der Anbieter von Altersvorsorge-Produkten. Es sind also Informationen, die die gesetzlichen Rentenversicherungsträger und die betrieblichen und privaten Anbieter ihren Versicherten und Kunden ohnehin zur Verfügung stellen. Die Digitale Rentenübersicht bündelt diese Angaben digital an einem Ort. Im Einzelnen sind das:

  • Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung

  • die betriebliche Altersversorgung (verpflichtend: Direktversicherung, Pensionskassen und Pensionsfonds)

  • Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

  • geförderte private Altersvorsorge (Riester-Renten, Rürup-Renten)

  • private kapitalbildende Lebensversicherungen mit Auszahlungsbeginn ab dem 60. Lebensjahr

  • Altersvorsorge-Verträge in Form von Fondssparplänen mit Auszahlungsbeginn ab dem 60. Lebensjahr.

procontra: Ab wann wird das der Fall sein?

Petersen: Bis Ende des Jahres 2024 werden grundsätzlich alle Anbieter von Altersvorsorge-Produkten im Portal angebunden sein. Eine stets aktualisierte Liste der bereits angebundenen Vorsorgeeinrichtungen finden Sie auf unserer Internetseite rentenuebersicht.de.

procontra: Noch entscheidender wird sein, wie vollständig die Informationen in der DRÜ später sind. Das werden sie aber schon per Gesetz nicht sein können, weil es darin zum Beispiel heißt, dass (…) eine Anbindung abgelehnt wird, wenn die anbindungswillige Stelle keine Vorsorgeeinrichtung im Sinne des § 2 Nummer 2 ist. (…) Was sind Beispiele für eine solche Vorsorgeeinrichtung und warum werden sie abgelehnt?

Petersen: Genau das ist der Grund. Ist die im Gesetz genannte Definition bezüglich der Eigenschaft als Vorsorgeeinrichtung nicht erfüllt, erfolgt keine Anbindung an die Digitale Rentenübersicht.

procontra: Und welche Einrichtungen fließen dadurch nicht mit ein?

Petersen: Zum Beispiel die Altersversorgung der Beamten und Ansprüche bei den berufsständischen Versorgungswerken. Dort erworbene Ansprüche werden aufgrund ihrer Spezifika – zumal sie explizit im Gesetz ausgenommen wurden – zunächst nicht in der Digitalen Rentenübersicht dargestellt. Ihren Institutionen ist aber selbstverständlich die freiwillige Anbindung möglich.
Darüber hinaus sind jene Produkte nicht erfasst, die offensichtlich nach ihrer Bezeichnung oder der Nutzung vorrangig einem anderen Zweck als dem der Altersvorsorge dienen oder deren anderweitige Zweckbindung erkennbar ist. Hierzu zählen beispielsweise Versicherungen, die ausschließlich das Risiko der Berufs- oder Dienstunfähigkeit absichern.

procontra: Die Zweckbindung zur Altersvorsorge muss also gegeben sein?!

Petersen: Ja. Vor diesem Hintergrund sind zum Beispiel Sparverträge oder Fondssparpläne ohne erkennbare Zweckbindung zur Altersvorsorge grundsätzlich nicht erfasst, da diese typischerweise kein Ablaufdatum vorsehen und somit zwar im Einzelfall für die Altersvorsorge genutzt werden können, aber ohne Einschränkungen schon zu einem früheren Zeitpunkt oder für andere Zwecke eingesetzt werden können. Eine Ausnahme sind Altersvorsorgeverträge in Form von Fonds- oder Banksparplänen.

Sparverträge oder Fondssparpläne ohne erkennbare Zweckbindung zur Altersvorsorge werden grundsätzlich nicht erfasst.
Imke Petersen

procontra: Wünschen Sie sich, dass der Gesetzgeber hier die Vorgaben in Zukunft so gestaltet, dass noch mehr Versorgungseinrichtungen eine Meldung abgeben müssen?

Petersen: Ja, und das ist bereits geschehen. Mit der Verordnung zur verpflichtenden Anbindung an die Digitale Rentenübersicht zum Ende des Jahres wird ein Großteil der Vorsorgeeinrichtungen an Bord sein.

procontra: Sie bekommen viel Feedback von den Nutzenden. Welche Wünsche werden dort hauptsächlich geäußert?

Petersen: Die Wünsche der Nutzenden an die Weiterentwicklung des Portals sind unterschiedlich und werden im Evaluationsbericht dargestellt. Dieser wird voraussichtlich noch im Frühjahr durch die ZfDR veröffentlicht werden.

procontra: Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Steuerungsgremien?

Das Steuerungsgremium setzt sich aus Vertretern der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge, der Verbraucherschutzorganisationen (Stiftung Warentest) sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen zusammen. Die ZfDR entscheidet über die grundlegenden Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung der Digitalen Rentenübersicht und die Darstellung im Portal im Einvernehmen mit dem Steuerungsgremium. Dies gilt auch für die grundlegende inhaltliche Weiterentwicklung. Entscheidungen über die technische Ausgestaltung der Datensätze und der Schnittstellen trifft die ZfDR im Benehmen mit dem Steuerungsgremium. Zur weiteren Unterstützung und Beratung sind Fachbeiräte eingesetzt.

procontra: Was steht bis Jahresende noch auf der To-Do-Liste der ZfDR?

Die Anbindung weiterer Vorsorgeeinrichtungen auf der einen Seite und die Gewinnung von Nutzenden andererseits. Mit der zunehmenden Anzahl der produktiven Vorsorgeeinrichtungen gewinnt die Digitale Rentenübersicht für Nutzende an Attraktivität, da sie einen weit übergreifenden Teil ihrer Altersvorsorgeansprüche gebündelt einsehen und mit diesem Kenntnisstand in eine zielgerichtete Altersvorsorgeplanung gehen können.