Nach Kritik an Run-Off-Spezialist

Verbraucherschützer melden weniger Beschwerden über Proxalto

Nachdem der Run-Off-Spezialist monatelang unter Beschuss stand, ging das Unternehmen in die Gegen-Offensive und gelobte Besserung. Die Verbraucherzentrale Hamburg verzeichnet aktuell tatsächlich weniger Beschwerden. Doch ein Versicherungsmakler und selbst Proxalto-Kunde bleibt skeptisch.

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14:06 Uhr | 05. Juni | 2023
Viridium

Verbraucherschützer registrieren weniger Beschwerden über die Viridium-Tochter Proxalto. Doch ein Makler widerspricht.

| Quelle: Viridium

Nach dem Verkauf von gut 2,2 Millionen Lebensversicherungsverträgen der Generali an Proxalto, eine Tochter des Run-Off-Spezialisten Viridium, hagelte es Kritik von Kunden wie Verbraucherschützern: Auszahlungen waren offenbar häufig fehlerhaft oder blieben zum Teil ganz aus.

Entsprechend verheerend fiel das Urteil der Finanzaufsicht im vergangenen Jahr aus: Proxalto, die größte Viridium-Gesellschaft, verzeichnet die sechsthöchste Beschwerdequote der BaFin. Drei Viridium-Töchter, Entis, Skandia und Heidelberger Leben, wiesen die höchsten BaFin-Beschwerdequote aller Lebensversicherer auf dem deutschen Markt auf. Proxalto geriet daraufhin ins Visier der Verbraucherschützer: Die Verbraucherzentrale Hamburg beschloss Mitte Dezember vergangenen Jahres, die Beschwerden von Betroffenen zu sammeln. Konkreter Anlass war der Fall einer Versicherungsnehmerin, die ein Jahr lang keine Rentenzahlungen aus ihrer Rentenversicherung erhalten hatte.

Während Proxalto von einem Einzelfall sprach, beurteilten die Verbraucherschützer die Situation gänzlich anders: „Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, sondern anscheinend um ein Massenphänomen“, erklärte Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen von der Verbraucherzentrale Hamburg noch zu Beginn des Jahres. Bundesweit waren es im vergangenen Jahr doppelt so viele Beschwerden wie 2021, hieß es seitens des Dachverbands vzbv auf Nachfrage. So waren es 2022 um die 200 Meldungen gewesen, im Vorjahr etwa die Hälfte. Zwischen Weihnachten 2022 und Mitte Januar waren trotz der Feiertage weitere 30 Fälle in der Hamburger Zentrale eingegangen. Auf der Bewertungsplattform trustpilot reißen die Beschwerden über fehlerhafte Auszahlungen, erfolglose Kündigungsversuche und die fehlende Kompetenz der Service-Mitarbeiter bislang nicht ab.

Hat sich das Problem erledigt?

Doch wie sieht es aktuell bei der Verbraucherzentrale Hamburg aus? „In diesem Jahr hatten wir rund 40 Beschwerden“, sagt Abteilungsleiterin Klug. „Tatsächlich verzeichnen wir keine außergewöhnlich hohen Beschwerden mehr über Proxalto. Das Problem hat sich – hoffentlich – erledigt.“ Viridium selbst erklärte bereits vor wenigen Wochen, dass die Anzahl der Kundenbeschwerden seit dem Hoch im Herbst 2022 deutlich zurückgehe. Für alle vier Viridium-Töchter seien nun 900 Mitarbeiter im Kundenservice tätig, so Tilo Dresig, Vorstandsvorsitzender der Viridium Gruppe. Mittlerweile habe man „spezialisierte Teams“, die nun die Kundenanfragen bearbeiten würden. Doch: „Nachrekrutieren und schulen dauert“, so Dresig.

Ein Versicherungsmakler aus Süddeutschland, der seit über 30 Jahren in der Branche arbeitet, kann allerdings noch keine Entwarnung geben: Er berichtet, „dass im Mai falsche Mitteilungen über den Stand von Policen an die Versicherungsnehmer geschickt wurden, die nach zwei bis drei Wochen als gegenstandslos erklärt wurden und um Vernichtung dieser ersucht wurde.“ Er selbst habe eine Mitteilung erhalten, in der seine zu erwartende Rente um rund 300 Euro monatlich höher ausfiel als erwartet. Auf seine telefonische Nachfrage sei der Fehler eingeräumt worden. „Und wohl nicht nur bei mir“, so der Makler.

Derweil dreht sich das Run-Off-Karussell unbeirrt weiter: Vor einem Jahr hat Viridium mit der Zurich Gruppe Deutschland einen Vertrag über den geplanten Erwerb von rund 700.000 Versicherungsverträgen sowie Kapitalanlagen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro geschlossen. Die BaFin muss dem Deal allerdings noch zustimmen, wozu es in der zweiten Jahreshälfte des laufenden Jahres kommen könnte. Viridium-CEO Dresig könne jedoch nicht ausschließen, dass es auch bei der nächsten Übernahme zu strukturellen Problemen kommen könnte. Doch plane das Unternehmen dieses Mal vorausschauender, um Fehler in der Auszahlung im Vorhinein zu verhindern.