Kritik an Finanzvertrieb

Finanzwende schießt scharf gegen DVAG

Die Verbraucherschützer nehmen Deutschlands größten Finanzvertrieb ins Visier und formulieren drei Gründe, warum man dem Unternehmen den Rücken zuwenden sollte. Dabei drohen jedoch auch Makler erneut in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

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15:11 Uhr | 29. November | 2023
DVAG

Die DVAG steht im Zentrum der Kritik der Bürgerbewegung Finanzwende.

| Quelle: DVAG

Die Bürgerbewegung Finanzwende schießt scharf gegen die DVAG. In einem an diesem Mittwoch veröffentlichten 22-seitigen Dossier arbeiten sich die Verbraucherschützer mannigfaltig an Deutschlands größtem Finanzvertrieb ab.

Insgesamt formuliert Finanzwende „3 gute Gründe der DVAG den Rücken zu kehren“ – so lautet auch der Titel des Dossiers. Die Vorwürfe sind dabei seit Jahren hinlänglich bekannt – so veröffentlichte 1996 Wolfgang Dahm, nachdem er elf Jahre als Finanzberater tätig gewesen war, das Buch „Verraten und verkauft“, in dem er sektenähnliche Zustände und die Verkaufstricks der DVAG anprangerte.

Seitdem wenden sich immer wieder Aussteiger zu Wort, was häufig kritische Presseberichte gegen das Frankfurter Unternehmen nach sich zieht. „Es ist wie Gehirnwäsche“, titelte 2019 das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und ließ zwei ehemalige DVAGler zu Wort kommen. Im vergangenen Jahr griffen der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann und das Politikmagazin „Frontal“ das Thema auf und berichteten über den hohen Vertriebsdruck für die Vermögensberater. Durch den Zwang, möglichst viel verkaufen zu müssen, leide letztlich auch der Kunde, so die Kritik – schließlich bleibe die Beratungsqualität hierbei auf der Strecke.

Finanzwende fasst Vorwürfe zusammen

Diesen Vorwurf greift auch Finanzwende auf und beruft sich dabei auf die bereits erwähnten Berichte von Dahm und Frontal 21 bzw. Böhmermann. Der Kunde bekomme häufig nicht die besten Produkte, da diese den DVAG-Vertrieblern gar nicht immer zur Verfügung stehen. Schließlich hat sich die DVAG bei den Versicherungsprodukten exklusiv an die Generali gebunden, folglich können auch nur diese Produkte an den Mann bzw. die Frau gebracht werden. Ein weiterer Vorwurf: Die Vermögensberater würden häufig Verträge umdecken, um so für den Neuabschluss erneut Provisionen zu kassieren. 

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Auch die „sektenähnlichen Strukturen“ der DVAG kritisiert Finanzwende, ebenso wie den Lobbyeinfluss des Unternehmens. So ist der Finanzvertrieb laut Lobbypedia der drittgrößte Parteispender – gemessen an den Parteispenden seit dem Jahr 2000. Lediglich der Verband Gesamtmetall und BMW spendeten mehr. Einzelne Spenden bzw. vielmehr der Zeitpunkt, zu dem diese erfolgten, sorgen immer wieder für Kritik. So hatte im Frühjahr dieses Jahres – als ganz Europa auf den Entwurf von EU-Kommissarin Mairead McGuiness zur EU-Kleinanlegerstrategie hinfieberte – DVAG-Chef Helge Lach einen Scheck in Höhe von 100.000 Euro an CDU-Chef Friedrich Merz übergeben. Der Spiegel berichtete und wies auf die zeitliche Nähe zwischen Spende und EU-Kleinanlegerstudie hin, die DVAG wies jeden Zusammenhang zurück.

Zahlreiche Politiker sitzen zudem im Beirat des Unternehmens – man kennt sich folglich, tauscht sich aus, hört einander zu.

Diese Vorwürfe sind alle nicht neu. Vor allem haben sie der DVAG in der Vergangenheit nicht geschadet. Der Finanzvertrieb konnte seinen Umsatz über die vergangenen Jahre immer weiter steigern, im Jahr 2022 betrug dieser rund 2,2 Milliarden Euro. Die Kritik an der DVAG scheint bei den Kunden nicht zu verfangen.

Forderung nach Provisionsverbot

Darum hat Finanzwende mit seiner Veröffentlichung auch zwei andere Adressaten im Blick. So richtet sich das Dossier zum einen an die Markenbotschafter des Unternehmens. Beispielsweise macht Fußballtrainer Jürgen Klopp seit einigen Jahren Werbung für die DVAG. Nicht zu knapp offenbar. Laut Statista hat die DVAG in den vergangenen Jahren ihr Werbebudget deutlich in die Höhe gefahren. Die Markenbotschafter geben der DVAG „mit ihrem Namen ein seriöses Anlitz“ kritisiert Finanzwende. Dabei wüssten sie nicht, was bei den Frankfurtern alles im Argen liege.

Der zweite Adressat des Dossiers ist die Politik. „Es wäre schon viel erreicht, wenn (…) namhafte (Ex-)Politiker*innen sich nicht mehr von den Karren der DVAG spannen ließen“, fordern die Verbraucherschützer.

Zudem brauche es strengere Regeln – nicht nur schärfere Transparenzregeln bei Parteispenden, sondern auch ein Provisionsverbot. Erneut wird hier die Kritik an einem Unternehmen bzw. dem Strukturvertrieb gleichgesetzt mit dem gesamten Versicherungsvertrieb. Makler werden praktisch in Mithaftung genommen für die Geschäftspraktiken eines Unternehmens, wobei auch hier noch einmal zwischen den einzelnen Beratern differenziert werden muss.

Ein generelles Provisionsverbot fand sich in der EU-Kleinanlegerstrategie nicht wieder. Allerdings gibt es Befürchtungen seitens der Vermittlerverbände, dass der Entwurf aufgrund schwammiger Formulierungen ein Provisionsverbot für Makler enthält.

Das Dossier der Bürgerbewegung Finanzwende finden Sie hier.