Zielgruppe Studenten: So beraten Sie die Führungskräfte von Morgen

Wer Studenten in Finanz- und Versicherungsfragen berät, muss aufgrund geringer Budgets meist kleine Brötchen backen. Doch eine lebensbegleitende Beratung zahlt sich mit der Zeit aus, wenn die Hochschulabsolventen Karriere machen.

13:01 Uhr | 20. Januar | 2020
Richtiger Versicherungsschutz für Studenten

Worauf sollte beim Versicherungsschutz für Studenten geachtet werden? Bild: Adobe Stock/katatonia

Melanie Konrad freut sich. Die 19-jährige Abiturientin beginnt wie bundesweit rund eine halbe Million Menschen in diesem Jahr ein Studium. Zum Wintersemester 2019/2020 hat sie sich an der Hochschule Karlsruhe für Wirtschaftsingenieurwesen immatrikuliert. Mit dem Studium beginnt für viele junge Menschen wie Melanie ein neuer Lebensabschnitt. Zu Beginn eines Studiums sind viele Dinge zu regeln, dazu gehören auch Versicherungs- und Finanzfragen, insbesondere wie das mehrjährige Studium finanziert wir. Etwa durch Zuwendungen der Eltern, Nebenjobs, Bafög, einem Studienkredit oder Kombinationen dieser Komponenten.

Für Versicherungsvermittler stellen Studenten eine Zielgruppe mit langfristigem Potenzial dar. Zunächst benötigen Studenten in vielen Bereichen noch keine eigene Versicherung. Meist bestehen wie bei Melanie Konrad noch Kranken- und Haftpflichtversicherung über die Eltern und an ihre Altersvorsorge denken nur wenige, wenn sie ein Studium beginnen.

„Als unabhängiger Finanzberater ist die Zielgruppe Student zunächst ökonomisch wenig spannend, da die Vergütung der Beratung vom monatlichen Beitrag abhängt, der anfangs meist sehr niedrig ist. Auch neigen Studenten manchmal zur Unverbindlichkeit bei der Wahrnehmung von Terminen und in ihren Entscheidungsprozessen“, weiß Berndt Schlemann, der seit 15 Jahren Akademiker als Versicherungsmakler berät. Als langfristig denkender Finanzberater investiert er hier dennoch gerne Zeit, denn spätestens mit Berufsstart werden die Investitionsmöglichkeiten deutlich größer. Nicht zuletzt deswegen werben Finanzvertriebe und Versicherer gern mit Infoständen an den Universitäten, in Hochschulmedien, oder bieten kostenlose Bewerbungs- oder Assessmentcenter-Trainings an.

Große Zielgruppe mit viel Potenzial

Im Wintersemester 2018/2019 sind so viele Studierende wie noch nie an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Laut Statistischem Bundesamt sind rund 2,87 Millionen Studentinnen und Studenten immatrikuliert – davon rund 1,78 Millionen an Universitäten einschließlich Pädagogischen und Theologischen Hochschulen und rund eine Million an Fachhochschulen. Hinzu kommen kleinere Gruppen an Verwaltungsfach- und Kunsthochschulen.

Das wichtigste Thema, das Studenten möglichst gleich zu Beginn des Studiums angehen sollten, ist die Absicherung der Arbeitskraft. „Es geht es darum, mit einem möglichst geringen Eintrittsalter und einem Gesundheitszustand, der zu diesem Zeitpunkt noch in Ordnung ist, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Je früher, desto günstiger und besser gelingt dies“, sagt Sven Müller, MLP-Regionalmanager.

Viele Versicherer bieten für Studenten Tarife mit einer Beitragsreduzierung. Seltener gibt es auch Aktionen über verkürzte Gesundheitsfragen. Dadurch erhalten Studenten die BU mit vollem Versicherungsschutz zu sehr günstigen Konditionen. „Wir bieten Karrierepakete für Studenten und Berufseinsteiger an. Zunächst können bis 2.000 Euro BU-Rente versichert werden, die Absicherung kann später beim Berufseinstieg ohne Gesundheitsprüfung bis auf maximal 2.500 Euro verdoppelt werden“, betont Michael Kurtenbach, Vorstand Lebensversicherung des Continentale Versicherungsverbundes.

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Wichtige Bedingungen in der BU

Wichtig sei die Flexibilität, also die Möglichkeit einen neuen Beruf zu melden, die Beiträge anzupassen, zu dynamisieren oder bei bestimmten Lebensereignissen zu erhöhen. „Wir wissen aus unserer Umfrage, dass das Produkt BU für viele Studenten nicht sehr interessant ist. Sie kaufen lieber eine Versicherung für den WLAN-Ausfall“, so Kurtenbach. Die Zielgruppe muss daher aktiv überzeugt werden.

Der Teufel steckt im Detail. Häufig weisen Studenten-BU-Tarife keine konkreten Prüfkriterien bezüglich Tätigkeit und Lebensstellung in den Bedingungen auf. „Viele Versicherer prüfen dann den angestrebten Beruf. Das empfinden wir als schwierig, weil häufig etliche Berufe mit einem speziellen Studienabschluss ausgeübt werden können. Wir bevorzugen daher, wenn die Tätigkeit als Student oder die Fähigkeit das Studium fortzusetzen versichert sind“, sagt Benjamin Berg, Produktmanager Lebensversicherung bei der Netfonds Gruppe.

Berg empfiehlt hier die LV1871. „Sie versichert die Tätigkeit als Student und prüft nach der Hälfte der vorgesehenen Studienzeit die Lebensstellung, die mit dem erfolgreichen Abschluss des Studiums verbunden ist. Das haben zwar auch andere Gesellschaften, aber die LV1871 punktet zusätzlich in den Bedingungen mit dem Recht, dass Schüler Studenten und Azubis die Berufsgruppe nach erfolgreichem Abschluss prüfen zu lassen und gegebenenfalls ohne erneute Gesundheitsprüfung in eine günstigere Berufsgruppe wechseln zu können“, begründet der Produktmanager.

Manche Produkte kombinieren die BU mit einer zusätzlichen Altersvorsorgelösung, etwa einer fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherung. „Das kommt dann in Frage, wenn man erwarten kann, dass die Einnahmen später wirklich hoch sind, um den Steuereffekt mitzunehmen und gleichzeitig sicherzustellen, dass im BU-Fall auch noch etwas für die Altersvorsorge getan wird“, erläutert MLP-Manager Müller.

PKV oder GKV?

Beratungsbedarf besteht auch bei der Krankenversicherung. Studenten können grundsätzlich bis zum Alter von 25 bei den Eltern krankenversichert bleiben. Dafür dürfen sie allerdings nur maximal 450 Euro im Monat hinzuverdienen. Sie haben die Wahl, ob sie sich gesetzlich oder privat versichern. „Bei Studenten steht der Preis oftmals im Vordergrund. Die GKV ist meist die günstigere Variante und wird daher favorisiert“, weiß Elsa Dömeland, Produktmanagerin Krankenversicherung bei der Netfonds Gruppe. Für Auslandssemester in Ländern, mit denen kein Sozialversicherungsabkommen besteht, benötigen Studenten zudem eine separate Auslandskrankenversicherung.

Nach dem 25. Lebensjahr werden Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, in der studentischen Krankenversicherung der GKV versicherungspflichtig. Dies ist bis Abschluss des 14. Fachsemesters, maximal jedoch bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres möglich. Wer hingegen über die Eltern privat krankenversichert ist, muss sich entscheiden, ob er auch während des Studiums privat versichert bleiben möchte. Studententarife bieten viele PKV-Unternehmen.

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Wenig Budget für Altersvorsorge

Weitere wichtige Versicherungen für Studenten sind die private Haftpflichtversicherung und unter Umständen eine Unfallversicherung, etwa wenn aufgrund von Vorerkrankungen keine BU-Absicherung möglich ist. Auch in der Altersvorsorge besteht Aufklärungsbedarf. Laut einer Studie der Swiss Life Select aus 2017 sorgt mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Studenten nicht für ihre Zukunft vor. Der Hauptgrund sind fehlende Mittel. Wenn doch angelegt wird, ist das Sparbuch die beliebteste Form, Tagesgeld mit 17 Prozent und Bausparen mit 14 Prozent folgen. In Aktien investieren lediglich 9 Prozent der Befragten, in Investmentfonds rund 7 Prozent. Über eine klassische Lebens- oder Rentenversicherung verfügt nicht einmal jeder zehnte Student. Da bleibt viel zu tun für engagierte Makler.

Doch wie erreichen Vermittler die Zielgruppe? Studien zeigen, dass Eltern, Verwandte und Freunde die wichtigste Informationsquelle für Studenten sind. Das Geschäft läuft demnach über Empfehlungen. Da viele der heutigen Studenten der Generation Z (geboren ab 1995) angehören, sind sie zudem sehr online-affin. Laut der aktuellen Studie „Generation Z als Zielgruppe für Finanzdienstleister“ des Marktforschungsinstituts Nordlight Research prüft die Zielgruppe sehr genau, welche Angebote ihr nutzen. „Wichtig sind vor allem durchschaubare Produkt-, Informations- und Beratungsangebote auf Augenhöhe, die einführen ohne zu belehren und die auf Wissensstand, Informationsgewohnheiten, Bedürfnisse und Lebenswirklichkeiten der ‚GenZ’ zugeschnitten sind“, sagt Rafael Jaron, Geschäftsführer Nordlight Research. Vermittler sollten dies berücksichtigen, wenn sie erfolgreich beraten möchten. Erstsemester Melanie Konrad zumindest hat sich zunächst für eine Einsteiger-BU entschieden und will sich im späteren Studienverlauf zu Fragen der Altersvorsorge beraten lassen.

Hinweis: Der Artikel erschien zuerst in der Zielgruppen-Spezial-Ausgabe der procontra.

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