Wohngebäudeversicherung: So unterscheiden sich die Marktführer

Gewinnbringer oder Verlustsparte – in der Wohngebäudeversicherung tun sich mittelfristig große Unterschiede zwischen den Marktführern auf. Doch woran liegt das? procontra fragte nach.

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08:02 Uhr | 12. Februar | 2021
Die Marktführer in der Wohngebäudeversicherung gehen unterschiedliche Wege, um ihre Combined Ratio zu verbessern. Bild: Pixabay/geralt

Die Marktführer in der Wohngebäudeversicherung gehen unterschiedliche Wege, um ihre Combined Ratio zu verbessern. Bild: Pixabay/geralt

Die Wohngebäudeversicherung gilt aus unternehmerischer Sicht als schwierige Sparte. Viele Versicherer kämpfen seit Jahrzehnten gegen Anzahl und Höhe der Schäden an. Vor allem die versicherte Gefahr Leitungswasser macht den Anbietern überwiegend bei älteren Gebäuden Probleme. Sanierungsmaßnahmen sind an der Tagesordnung. Sei es durch die Einführung von Selbstbehalten im Schadenfall, tatsächliche bauliche Sanierungsanforderungen für den Fortbestand des Vertrags oder gar die Kündigung besonders schadenträchtiger Verträge. Umstände, die für Vermittler nicht immer leicht bei den Kunden zu kommunizieren sind.

Dass es in der Sparte aber noch lange nicht rosig aussieht, belegt die aktuelle Studie „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung“, die die V.E.R.S. Leipzig GmbH zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen Sirius Campus auf Basis der Unternehmensgeschäftsberichte der 50 größten Anbieter (Marktabdeckung nach Prämieneinnahmen: 95 Prozent) erstellt hat. Fast jeder Dritte von ihnen musste im Geschäftsjahr 2019 rote Zahlen schreiben. Mit Blick auf den Durchschnitt der sechs Geschäftsjahre 2014 bis 2019 machte sogar knapp die Hälfte von ihnen (23 Unternehmen) Verlust.

Marktführer verdient kein Geld

Ein großer Vertragsbestand muss aber nicht zwingend auf ein Minus in der Kasse hinweisen. Bei den Top-4-Anbietern (jeweils über fünf Prozent Marktanteil nach Prämieneinnahmen) zeigen sich jedenfalls, der Studie zufolge, große Unterschiede bei der Schadenkostenquote (Combined Ratio). So kommt Marktführer Allianz (13,8 Prozent Marktanteil) im Sechsjahresdurchschnitt auf eine Combined Ratio von 99,98 Prozent. In den vergangenen drei Jahren lagen die Münchner zudem jeweils über 100 Prozent, die Prämien konnten in diesen Jahren die Gesamtkosten der Sparte also nicht decken.

Diese Entwicklung hänge stark von den Ereignissen im Bereich Elementarschaden ab, heißt es dazu von der Allianz auf procontra-Nachfrage. Starke Unwetter, Stürme und strenge Winter seien häufig für eine höhere Combined Ratio verantwortlich. Hinzu käme auch ein zum Teil veralteter Gebäudebestand in Deutschland, der zu erhöhtem Schadenaufkommen in der Leitungswasserversicherung führe, etwa durch Korrosion, Verkalkung und Rohrbrüche.

Auf die Frage nach der Notwendigkeit von Beitragserhöhungen antwortete eine Allianz-Sprecherin: „Ein Jahr mit einer hohen Combined Ratio aufgrund eines schweren Elementarereignisses, zum Beispiel der Sturm Kyrill, ist kein Grund, die Beiträge pauschal zu erhöhen. Die Allianz passt im übrigen Beiträge in der Wohngebäudeversicherung nicht pauschal an, sondern stets auf Grundlage der Indexanpassung für Baupreise sowie im Rahmen der mit dem Kunden vereinbarten Beitragsanpassungsklauseln.“

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Ganz anders sieht es bei der Sparkassengebäudeversicherung (SV) aus, mit einem Prämienanteil von 7,3 Prozent die Nummer zwei auf dem Markt. Sie kam im Geschäftsjahr 2019 auf eine Combined Ratio von 78,7 Prozent und liegt im Sechsjahresschnitt bei 81,5 Prozent. Somit kommt sie in einer Sparte, in der die Hälfte der großen Anbieter Verluste schreibt, auf gut 18 Cent Gewinn pro Beitragseuro.

Zunächst einmal habe man aus der Historie heraus (früher bestand unter anderem in Baden-Württemberg eine Gebäudeversicherungspflicht) einen sehr großen Bestand, so das Stuttgarter Unternehmen. Die Regionalität sei hier einerseits ein Vorteil, würde aber zugleich ein vergleichsweise hohes Kumulrisiko im Elementarschadenbereich bergen. Im Jahr 2013 habe ein besonders starkes Hagelaufkommen die SV in nur 15 Minuten etwa 600 Millionen Euro gekostet. Die Combined Ratio lag damals bei 180 Prozent. Daher sei es wichtig, dass sie in guten Schadenjahren als Ausgleich deutlich unter 100 Prozent liege.

Ihre hohe Vertragsdichte in einzelnen Regionen würde die SV aber auch aktiv nutzen. „Wir haben im Verlauf der Jahre ein ausgezeichnetes Dienstleisternetz mit einer Vielzahl von Verträgen aufgebaut. Dieses hilft uns, Schäden schnell, effizient, preisstabil und in hoher Qualität zu regulieren“, sagt Ralph Eisenhauer, SV-Vorstand für den Schaden-/Unfall-Bereich. Nach dem großen Hagelereignis 2013 wären die Dächer vieler Kunden schnell repariert und damit noch höhere Schäden vermieden worden.

Unterschiede zwischen Axa und R+V

Die Axa (viertgrößter Anbieter mit 5,9 Prozent Marktanteil) sieht ihre relativ gute Combined Ratio (94,6 Prozent auf Sechsjahressicht) in gezielten Sanierungsmaßnahmen begründet. „Wir haben mit sehr moderaten Beitragsanpassungen exponierter Verträge an dieser Sparte daher konsequent gearbeitet“, sagte eine Sprecherin. Unterstützt würde das unter anderem vom „Wasserwächter“, einem smarten Früherkennungssystem von Leckageschäden, das von den Kunden gut angenommen werde.

Beim drittgrößten Wohngebäudeversicherer R+V liegt die Combined Ratio auf Sechsjahressicht bei 106,9 Prozent. Um diese Quote zu verbessern, wolle man in Zukunft aber nicht auf „kurzfristige Hauruckaktionen“ in Form von großflächigen Sanierungsaktionen setzen, heißt es auf procontra-Nachfrage. Vielmehr würde eine bereits seit Jahren verfolgte, permanente und nachhaltige Verbesserung der Ergebnissituation erfolgen.

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