Urteil: Welcher Makler sich nicht unabhängig nennen darf
Darf ein Maklerunternehmen, an dem ein Versicherer eine Mehrheitsbeteiligung hält, sich immer noch als Versicherungsmakler bezeichnen? Und darüber hinaus: Kann dieser Makler gegenüber seinen Kunden weiterhin behaupten, neutral und unabhängig zu sein? Zwei Fragen, mit denen sich nun das Münchener Oberlandesgericht (Az: 29 U 1834/18) zu beschäftigen hatte.
Was war passiert?
Beide Streitparteien sind Versicherungsmaklerinnen nach § 34d GewO. Eines der Maklerunternehmen gehört allerdings zu 100 Prozent einer Lebensversicherungsgesellschaft, worauf der Makler in seiner Werbung auch hinwies.
Dennoch befand der andere Versicherungsmakler, dass das beklagte Unternehmen nicht als Versicherungsmakler auftreten dürfe. Da es sich bei dem betroffenen Unternehmen um eine 100-prozentige Tochter eines Versicherungsunternehmens handele, stelle dessen Auftritt als Versicherungsmakler einen Widerspruch und einen institutionalisierten Interessenkonflikt dar, der die Kunden in die Irre führen würde.
Hiergegen verwahrte sich das beklagte Unternehmen. Es gab an, dass der Versicherer keinen beherrschenden Einfluss auf die eigene Tätigkeit ausübe. Man dürfe nicht allein auf die Beteiligungsverhältnisse abstellen – dies widerspreche den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis.
Zudem warb der beklagte Versicherungsmakler mit folgender Aussage gegenüber seinen Kunden: „Damit können Sie rechnen: Unabhängigkeit und Neutralität – wir sind unseren Kunden verpflichtet und vertreten ausschließlich deren Interessen.“
Auch diese Werbebehauptung beklagte das andere Maklerunternehmen: Die Aussage sei unrichtig und irreführend.
Nachdem das Landgericht Passau der Klage zunächst stattgegeben hatte, landete der Fall vor dem Münchener Oberlandesgericht.
Das Urteil
Die Münchener Richter sahen die Lage etwas anders: Der Klägerin stehe gegen das beklagte Maklerunternehmen kein Unterlassungsanspruch in Bezug auf das Auftreten als Versicherungsmaklerin zu. Aus Sicht des OLG finde keine Irreführung der Verbraucher im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1,2, Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) statt. Dies wäre der Fall, wenn die Aussage der Versicherungsmaklerin falsch gewesen wäre.
Dies ist sie aber nicht – das beklagte Unternehmen verfügt über eine Erlaubnis als Versicherungsmaklerin nach § 34d. Die Auffassung der Klägerin, die Beklagte verfüge nur über eine Erlaubnis als Versicherungsvertreterin, treffe nicht zu. Schließlich werde die Erlaubnis gemäß § 34d Abs. 1 Satz 3 GewO typenspezifisch entweder für die Tätigkeit als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter erteilt, erklärte das OLG. Die Erlaubniserteilung erfolge dabei unabhängig davon, ob und in welchem Umfang Beteiligungen von Versicherern an dem Maklerunternehmen bestehen.
„Wolle man die Zulässigkeit des Auftritts eines Versicherungsmaklers gleichwohl davon abhängig machen, dass an diesem nicht mehr als 50% der Anteile von einem Versicherer gehalten werden, käme dies einer vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehenen Marktzugangsvoraussetzung gleich, für die es keine Rechtsgrundlage gibt“, so die Richter.
Auch würden die Kunden nicht getäuscht. Diese würden von ihrem Versicherungsmakler lediglich erwarten, dass er unabhängig agiert – nicht aber, dass er in Bezug auf seine Unternehmensbeteiligungen unabhängig ist. Allerdings hatte nicht einmal das klagende Maklerunternehmen behauptet, dass die Beklagte nicht unabhängig agieren würde.
Grund zur Beanstandung gab es seitens des Münchener OLGs jedoch an der Werbeaussage des Maklers, neutral und unabhängig zu sein. Von Neutralität und Unabhängigkeit könne angesichts der bestehenden Mehrheitsverhältnisse nicht gesprochen werden – stattdessen handele es sich hierbei um eine Irreführung der Kunden.
„Denn bei einem Versicherungsmakler, dessen Anteile mehrheitlich von einem Versicherer gehalten werden, besteht zumindest die potentielle Gefahr, dass der Versicherungsmakler sich nicht nur von den Interessen seiner Kunden, sondern von denen seiner Anteilseigner leiten lässt. Eine Werbung, die wie die vorliegende über diese Abhängigkeit hinwegtäuscht, erhöht mithin die Attraktivität des so werbenden Versicherungsmaklers in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise“, erklärten die Richter und untersagten der beklagten Maklerin, diese Werbeaussagen weiter zu verwenden.
Noch ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit jedoch womöglich noch nicht gesprochen. Das OLG München ließ aufgrund der Bedeutung der Entscheidung eine Revision vor dem Bundesgerichtshof zu.