Riester: Verbraucherschützer beklagen erneut doppelte Abschlusskosten
Nicht wenige Riester-Kunden werden von ihren Versicherern doppelt zur Kasse gebeten. Dieser Vorwurf kam heute von der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH), die sich damit auf eine selbst erstellte Befragung aller 85 auf dem deutschen Markt aktiven Lebensversicherer stützt. Dabei geht es um die erneute Erhebung von Abschluss- und Vertriebskosten bei bereits bestehenden Riester-Verträgen – und das, obwohl sich die Gesamtbeitragssumme der Verträge nicht ändert.
Im Kern der Kritik stehen zulagenbedingte Änderungen des Eigenbeitrags. Wenn Vertragsinhaber diesen beispielsweise senken, weil sie fortan eine Kinderzulage erhalten und deshalb nun weniger selbst zuzahlen müssen, um die vollen Zulagen zu erhalten, werden laut den Verbraucherschützern auf die neu hinzukommenden Zulagen Abschluss- und Vertriebskosten verlangt.
Und nochmal...
Sollten die Riester-Kunden ihren Eigenbeitrag später wieder erhöhen, zum Beispiel wenn die Kinderzulage wegfällt, müssen auf den Mehrbeitrag erneut Abschluss- und Vertriebskosten abgeführt werden. Die Gesamtbeitragssumme beziehungsweise der Lebenswert des Vertrags wäre aber zu jeder Zeit gleichgeblieben.
Das Problem liegt laut der VZHH daran, dass die Lebensversicherer eine Senkung des Eigenbeitrags als Teilbeitragsfreistellung gemäß § 165 VVG verstehen. Jede erneute Erhöhung des Beitrags wird dann wie ein Neuabschluss des Vertrags behandelt und führt zu neuen Kosten.
Eine Übersicht zu den höchsten Abschlusskostenquoten der Lebensversicherer hat procontra zusammengestellt. Umfangreiche weitere Informationen und Analysen zu den Kennzahlen der Lebensversicherer finden sich zudem im aktuellen procontra LV-Check.
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Tatsächlich verwertbare Antworten haben die Verbraucherschützer von 34 Riester-Anbietern erhalten. Laut Angaben der VZHH würden 15 von ihnen wie beschrieben verfahren. Von den doppelten Kosten dürften auch einige Riester-Sparer betroffen sind, die im Zuge der jüngst erhöhten Grundzulage ihren Eigenbeitrag entsprechend abgesenkt haben.
„Riester-Verträge sollen vor allem für Sparer mit Kindern lukrativ sein. Diese Gruppe wird vom Gesetzgeber daher zu Recht besonders gefördert. Die doppelte Berechnung von Abschluss- und Vertriebskosten belastet aber vor allem Riester-Sparer mit Kindern“, kritisiert Sandra Klug, Teamleiterin Versicherungen beim Marktwächter Finanzen der VZHH.
Versicherungsförmige Altersvorsorge ungeeignet?
Ihre Kollegin vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Dorothea Mohn, legt nach: „Diese Praxis zeigt, wie ungeeignet versicherungsförmige Altersvorsorge ist, angemessen auf Veränderungen in der Lebenswirklichkeit zu reagieren. Das Standardprodukt Extrarente wäre in der Ansparphase demgegenüber völlig flexibel und würde solche absurden und verbraucherschädigenden Kosten nicht erzeugen.“
Zu der Umfrage bewogen hatte die Marktwächter der Fall eines Riester-Sparers bei der Württembergischen Versicherung. Gegenüber procontra hatte der Lebensversicherer damals von einer Fallkonstellation gesprochen, die bei weniger als 0,1 Prozent der Verträge vorkommen würde.
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