Interview: „Poolmarkt auf dem Weg zum Oligopol“
procontra: Hat Sie der Zusammenschluss der beiden Pools überrascht?
Sabine Brunotte: Nein – blau direkt ist schließlich immer für eine Überraschung gut. Spaß beiseite: blau direkt und WIFO sprechen in ihren gemeinsamen Pressemitteilung von einer „organisatorischen Fusion“. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Fusion oder eher um eine Kooperation handelt und wie weit diese reicht, bleibt offen.
procontra: Wie bewerten Sie diesen Schritt von blau direkt und WIFO?
Brunotte: Grundsätzlich sehe ich gute Argumente für eine engere Kooperation. Wie unsere aktuelle Maklerpoolstudie zeigt, setzen beide Unternehmen mit Lebens-, Kranken- und Kompositversicherungen auf dieselben Geschäftsfelder. Zusammengerechnet haben ihre 220 Beschäftigten 2018 rund 66 Millionen Euro Umsatz erzielt. Das macht sie zu einer ernstzunehmenden Größe im Markt. blau direkt hat sich in den letzten Jahren konsequent vom Maklerpool zum Infrastrukturdienstleister entwickelt. Das finanziert man nicht allein aus der Portokasse. Es bietet sich also an, Partner ins Boot zu holen, die einen Beitrag leisten. Auch WIFO profitiert: Das Unternehmen hätte für vergleichbare Digitalisierungsfortschritte tief in die Tasche greifen müssen. Auf der Produktseite gewinnen vermutlich all jene Vermittler von blau direkt, die mehr Service in den Geschäftsfeldern Gewerbe und betriebliche Altersversorgung erhalten. Zudem ist WIFO auch als Assekuradeur unterwegs.
Poolmarkt entwickelt sich in Richtung Oligopol
procontra: Was spricht aus Ihrer Sicht für einen solchen Zusammenschluss von Pools?
Brunotte: Der Maklerpoolmarkt entwickelt sich in Richtung Oligopol. Große Maklerpools, allen voran der Marktführer Fonds Finanz, stellen zahlreiche Leistungen kostenlos bereit, zumindest auf den ersten Blick. Kleinere Pools und Dienstleister können sich das nicht leisten. Deren Vertriebspartner halten ihnen auf Dauer nur dann die Treue, wenn sie passgenaue Services zum marktfähigen Preis erhalten. Das aber klappt nur, wenn nicht jedes Unternehmen das Rad – also digitale Prozesse und leistungsfähige Services – neu erfinden muss. Gerade kleine und mittelgroße Anbieter sollten jetzt gemeinsam Stärken bündeln und gleichzeitig Schwächen kompensieren. Klar ist aber auch: Zwei Lahme, die sich zusammentun, werden noch nicht zu Sprintern.
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Kooperation statt Übernahme
procontra: Die beiden Pools betonen, dass es sich um einen Zusammenschluss und keine Übernahme handelt. Erleben wir hier einen Trend? Kann dieser Zusammenschluss als Modellfall für andere Branchenteilnehmer gesehen werden?
Brunotte: Nüchtern betrachtet braucht es für die Übernahme in der Regel Kapital, für eine Kooperation jedoch nicht. Wenn die Geschäftsfelder übereinstimmen und es einen Fit der jeweiligen Stärken und Schwächen gibt, spricht also vieles für eine Kooperation. Aber auch die Chemie muss stimmen. Und so mancher Poolchef hat sich in seinem Fürstentum so komfortabel eingerichtet, dass er seine Macht nur ungern teilt.
procontra: Immer wieder ist von einer Konsolidierung im Poolmarkt die Rede. Erwarten Sie weitere Übernahmen oder Zusammenschlüsse in 2020?
Brunotte: Übernahmen kosten Geld, das meist an anderer Stelle dringend gebraucht wird. Warum also eine Übernahme, wenn man auch kooperieren kann? Für weitere Kooperationen sehe ich durchaus Raum. Allerdings werden nicht alle Kooperationen so publik wie aktuell bei WIFO und blau direkt. Andere Unternehmen halten sich mit der Kommunikation da eher zurück.
procontra: Was bedeuten solche Zusammenschlüsse für Makler?
Brunotte: Wie sich Zusammenschlüsse für den einzelnen Vermittler auswirken, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Nicht immer ergibt eins plus eins tatsächlich mehr als zwei. Kühle Rechner unter den Maklern freuen sich, wenn sie mehr Leistung zum gleichen Preis bekommen. All jene, die sich einem Pool oder Verbund aus Überzeugung und Sympathie zu den handelnden Personen angeschlossen haben, werden angesichts eines Zusammenschlusses vielleicht einen Identitätsverlust beklagen. Aber wenn damit die Zukunftsfähigkeit steigt, gibt es eigentlich keinen Grund zur Klage.
Die Maklerpoolstudie 2019 widmet sich insbesondere Maklerverwaltungsprogrammen, IT-Services und Software und kann auf der Internetseite "Brunotte-Konzept" bestellt werden.
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