PKV-Verband: Heftige Kritik an BaWüs Beihilfe-Plänen

Baden-Württemberg will Beamten eine pauschale Beihilfe und damit die hälftige Finanzierung der GKV ermöglichen. Doch an den Planungsdetails der Regierung lässt der PKV-Verband kein gutes Haar. Vielmehr wähnt er ein altes Schreckgespenst in den Startlöchern.

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14:04 Uhr | 25. April | 2022
Bild: Adobe Stock/Jürgen Fälchle

Das Hamburger Beihilfe-Modell auch in Baden-Württemberg? Vor allem beim Blick auf dessen Finanzierung sieht man beim PKV-Verband rot. Bild: Adobe Stock/Jürgen Fälchle

Das „Hamburger Modell“ könnte bald auch in Baden-Württemberg Schule machen. Medienberichten zufolge ist sich die dortige grün-schwarze Landesregierung darin einig, zum 01.01.2023 eine sogenannte pauschale Beihilfe einzuführen. Damit könnten Beamte, die sich lieber freiwillig gesetzlich krankenversichern wollen, die Hälfte ihres GKV-Beitrags vom Dienstherren erhalten. Bislang ist das im Ländle gesetzlich nur für in Form der individuellen Beihilfe für die PKV-Krankheitskosten möglich. Damit will die Landesregierung vor allem Staatsbedienstete mit niedrigen Einkommen finanziell entlasten.

Ein entsprechender Gesetzesentwurf aus dem Landesfinanzministerium BaWü schlägt hingegen beim PKV-Verband hohe Wellen. Ein großes Manko sieht die Interessenvertretung der Privaten Krankenversicherer in dem Vorhaben, dass sich die Beamten bereits zu Beginn ihrer Laufbahn unwiderruflich für eine Beihilfevariante entscheiden müssten. Ein späterer Wechsel in die PKV würde damit unmöglich werden, außer man würde komplett auf die Beihilfe verzichten.

Eingeschränkte Freizügigkeit innerhalb Deutschlands

Zudem würde die pauschale Beihilfe den Staatsdienern regionale Grenzen stecken, da sie bislang nur in Hamburg, Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen existiert. „Das ist ein handfester Nachteil für Beamte, die aus privaten Gründen oder wegen reizvoller Stellenangebote in andere Bundesländer ohne pauschale Beihilfe umziehen wollen“, schreibt der PKV-Verband in einer Stellungnahme. Aufgrund der unwiderruflichen Festlegung für eine Beihilfevariante könnten sie in Bundesländern, in denen diese nicht gilt, also nicht arbeiten – außer in dem unrealistischen Szenario, dass den gesamten Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung komplett selbst zahlen.

Der Verband bemängelt auch, dass die Landesregierung bislang die Leistungsunterschiede nicht ausreichend kommuniziere. Dabei biete das GKV-Leistungsportfolio für die Beamten zum Beispiel keinen Anspruch auf ambulante Behandlung im Krankenhaus, geringere Zuschüsse bei Zahnersatz, keine Heilpraktiker-Leistungen, geringere Zahlungen für Hörgeräte und keine Wahlleistungen im Krankenhaus wie die Chefarztbehandlung oder Zweibettzimmer.

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Doch noch viel mehr als die Leistungsfrage erzürnt das Beitragsthema die Gemüter des PKV-Verbands. In den Beamtentarifen der PKV betrage der Durchschnittsbeitrag derzeit rund 211 Euro. Bekanntlich kommen Staatsdiener durch das Beihilfemodell in der PKV verhältnismäßig günstig weg. Denn der GKV-Beitrag (Arbeitnehmeranteil) für einen Durchschnittsverdiener (38.901 Euro Jahresbrutto) liege derzeit bei 258 Euro monatlich. Im Pensionsalter könnten außerdem erhebliche Mehrbelastungen dazukommen, da dann auch auf alle weiteren Einkünfte wie Kapitalerträge oder Mieteinkünfte der komplette Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von derzeit rund 19 Prozent abzuführen sei, lautet ein weiterer Kritikpunkt.

Zudem müssten Beamte dann durchschnittlich etwa 74 Euro monatlich für die gesetzliche Pflegepflichtversicherung bezahlen gegenüber aktuell etwa 15 Euro monatlich für die private Pflegepflichtversicherung. „Die Zahlen zeigen, dass die meisten Beamten bei der pauschalen Beihilfe draufzahlen“, argumentiert die PKV-Lobby.

Reform zu lasten der Steuerzahler

Insgesamt würde das „Hamburger Modell“ der Landeskasse BaWü und damit den Steuerzahlern deutliche Mehrkosten bescheren, heißt es. Im ersten Jahr würden diese bei rund 13 Millionen Euro liegen. Bis zum Jahr 2060 würden diese dann bei entsprechendem Zulauf für das Modell auf 133 Millionen Euro pro Jahr anwachsen, wird geschätzt. Insgesamt würden bis dahin Zusatzkosten in Höhe von 2,7 Milliarden Euro verursacht. Geld, das BaWü beim Kampf um Fachkräfte, aber auch für Bildung und Polizei fehlen würde.

Angesichts dieser vielen Nachteile wähne man beim PKV-Verband ein politisches Ziel hinter den Anstrengungen. Alle Bundesländer, die bislang das „Hamburger Modell“ eingeführt hätten, hätten rot-rote, rot-rot-grüne und rot-grüne Regierungen. Man wolle trotz aller Nachteile Beamte zum Wechsel in die GKV motivieren und damit den Weg in eine Bürgerversicherung ebnen, glaubt man beim PKV-Verband, wo man sich ganz offensichtlich um den Fortbestand der privaten Krankenversicherung sorgt.

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