Neue Verbraucherschutzstrategie der BaFin: Kein Vollkasko-Schutz für Verbraucher

Die BaFin will beim Thema Verbraucherschutz zukünftig mutiger vorgehen und hat dafür eine neue Strategie vorgelegt. Vollkommen aus der Eigenverantwortung entlassen will man die Verbraucher allerdings nicht.

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15:11 Uhr | 22. November | 2022
BaFin-Präsident Marc Branson. Bild: BaFin

Die BaFin will in punkto Verbraucherschutz mutiger agieren, doch einen Vollkaskoschutz sollten die Verbraucher nicht erwarten, sagt BaFin-Präsident Marc Branson. Bild: BaFin

Eine vorausschauende, mutigere Aufsicht, die Stärkung der Finanzkompetenz der Verbraucher und eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Verbraucherschutzorganisationen: Das sind die Kernpunkte der am Dienstag vorgelegten neuen Verbraucherschutzstrategie der BaFin.  

„Vermögen aufbauen, fürs Alter vorsorgen, Risiken absichern. Die Auswahl an Finanzprodukten, die genau das versprechen, ist riesig, ein Geschäft per Mausklick binnen Sekunden abgeschlossen. Das Internet liefert unzählige Tipps dazu – mal seriös, mal nicht. Nie war es für Verbraucherinnen und Verbraucher komplizierter, ein für sie geeignetes Produkt auszuwählen“, begründet BaFin-Präsident Marc Branson die Notwendigkeit der neuen Strategie im aktuellen BaFin-Journal.  

Markt-Monitoring ausbauen

Um die Verbraucher besser vor fragwürdigen Produkten und Anbietern schützen zu können, benötigt die BaFin erst einmal die notwendige Informationsgrundlage. Nur wer besorgniserregende Trends frühzeitig erkennt, kann auch rechtzeitig handeln. Hierfür will die Finanzaufsicht ihr Markt-Monitoring weiter ausbauen.  

Als Datengrundlage dienen der BaFin dabei unter anderem Informationen der drei europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA, aus den sozialen Medien gewonnene Informationen sowie die Beschwerden, die die Verbraucher unter anderem zu den Versicherern einreichen. Auf Grundlage dieser Daten entwickelt die Aufsicht Risikoindikatoren, an deren sie ihr Handeln ausrichtet.  

Außerdem bekräftigt die BaFin ihren Plan, verstärkt auf Mystery-Shopping-Maßnahmen zurückgreifen zu wollen. Hierbei schickt die BaFin Testkäufer und Testkäuferinnen los, die sich beraten lassen beziehungsweise Produkte zu Testzwecken erwerben. In einem ersten Testlauf hatte die BaFin Ende 2021 in einem Testlauf die Beratungsqualität von insgesamt zwölf Banken unter die Lupe genommen und dabei teils schwerwiegende Beanstandungen gehabt.    

Finanzkompetenz stärken

Zugleich will die BaFin auch die Finanzkompetenz der Verbraucher stärken. „Eine umfassende finanzielle Qualifizierung ist die wichtigste Grundlage für den Schutz der Verbraucher in Finanzfragen. Ziel des Verbraucherschutzes der BaFin ist, dass Verbraucher am Finanzmarkt selbstbestimmt handeln und eigenverantwortlich Entscheidungen auf der Grundlage zutreffender und relevanter Informationen treffen können“, heißt es entsprechend in der neuen Verbraucherschutzstrategie.  

In Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen will die BaFin allerdings nicht auftreten. Stattdessen setze man auf verbesserte Informationspolitik gegenüber den Verbrauchern. Diese sollen über Eigenschaften, Chancen und Risiken bestimmter Finanzprodukte verstärkt auch über die sozialen Medien informiert werden. Auch auf den bestehenden Podcast-Trend will die BaFin aufspringen.  

Vor allem besonders gefährdete Zielgruppen will die BaFin verstärkt ansprechen. Dazu gehört auch die verständliche Aufbereitung der zur Verfügung gestellten Informationen. „Denn die besten Informationen nutzen nichts, wenn man sie nicht versteht“, kommentiert Branson.  

Hierfür will die BaFin auch verstärkt mit Verbraucherschutzorganisationen zusammenarbeiten und beispielsweise gemeinsame Aufklärungskampagnen über die Kanäle der Verbraucherschützer starten. Hierdurch verspricht sich die Finanzaufsicht, mehr Menschen zu erreichen als über ihre eigenen Kanäle. Zudem will die BaFin auch Informationen der Verbraucherschützer über Missstände und Probleme in ihr Markt-Monitoring einfließen lassen.  

Kein Vollkaskoschutz für Verbraucher

Über Missstände will die BaFin nicht nur aufklären, sondern auch „konsequent, innovativ und mutig“ vorgehen, heißt es im Strategiepapier. Hierbei behält sich BaFin verschiedene Maßnahmen bis hin zur Produktintervention als Ultima-Ratio vor.  

Verstärkt will man dabei auch digitale Geschäfts- und Vertriebsmodelle in den Blick nehmen und schauen, ob Verbraucher mittels Algorithmus oder künstlicher Intelligenz diskriminiert werden. Es soll sichergestellt werden, „dass Verbraucher auch beim Einsatz neuer Technologien angemessen geschützt sind“.  

Allerdings sollen die Verbraucher nicht komplett aus der Eigenverantwortung entlassen werden, stellt Branson klar. Einen Vollkaskoschutz könne und wolle die BaFin nicht bieten. Stattdessen wolle man die Verbraucher besser informieren, indem man Risiken und Kosten transparent mache. „Informierte Verbraucher ziehen Produkte von Anbietern vor, die transparent und fair am Markt auftreten“, ist Branson überzeugt.  

Interessant ist die Aussage auch für die deutschen Lebensversicherer. Diesen gegenüber hatte die BaFin jüngst in einem Merkblatt angekündigt, verstärkt auf die Kosten ihrer Produkte schauen zu wollen.