Homeoffice: Herausforderung für den Versicherungsschutz
Dezentrales Arbeiten gehört in immer mehr Unternehmen zur Organisations- und Mitarbeiterkultur. Vier von zehn Unternehmen (39 Prozent) setzten im Jahr 2019 auf Homeoffice. 2016 waren es nur 30 und zwei Jahre zuvor nur 20 Prozent. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter 855 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen von Unternehmen, welche im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt wurde. Den Erwartungen zufolge wird sich dieser Trend auch fortsetzen. 46 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass der Anteil ihrer Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, in den kommenden fünf Jahren steigen wird.
Aktuell sorgt die Ausbreitung des Coronavirus dafür, dass Mitarbeiter den virtuellen Arbeitsplatz zu Hause verstärkt nutzen müssen. Unabhängig dieses kurzfristigen Corona-Effektes – das ortsunabhängige Arbeiten ist eine Herausforderung: „Auf Seiten der Unternehmen setzt es Vertrauen voraus, auf Seiten der Mitarbeiter Selbstorganisation und Selbstdisziplin“, befindet Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Vor allem Führungskräfte haben öfters die Möglichkeit, vom Homeoffice aus zu arbeiten. Eine interessante Klientel, da hier auch die Einkommen durchschnittlich höher liegen. Weiter eingegrenzt ergibt sich das Beratungspotenzial vorrangig bei Kunden, die in Informations- und Kommunikationsberufen tätig sind. „Telearbeitsplätze sind vorwiegend auf Dienstleistungsberufe beschränkt, die keine speziellen Produktionstechniken, -apparate und Rohstoffe benötigen“, konstatiert auch BVK-Präsident Michael H. Heinz. Man brauche lediglich PCs und schnelle Internetverbindungen sowie Telefone oder Handys.
Fallstricke und Bedarfe frühzeitig erkennen
„Wenn sich der berufliche und private Bereich so stark verbinden, wie bei einem Homeoffice, sollten sich Arbeitgeber und Mitarbeiter nicht nur Gedanken über die arbeitsrechtlichen Veränderungen, sondern auch über die Absicherung der neuen Risiken machen“, rät ferner Versicherungsberater Michael Jander. Neben den Überlegungen zum Versicherungsschutz bei Wege- und Berufsunfällen, sollten seiner Ansicht nach ebenso die neuen Risiken zur Haftung und zu den Sachgefahren bedacht werden.
Das sieht BVK-Präsident Heinz ähnlich: „Bei Angestellten ist die gesetzliche Unfallversicherung für den Versicherungsschutz am Arbeitsplatz zuständig. Was hier als Arbeitsunfall gilt, ist derzeit noch nicht klar definiert und unterliegt nicht selten der gerichtlichen Bestimmung.“ Zugleich verweist Heinz auf das Urteil des Bundessozialgerichts (5.7.2016, Az: B 2 U 5/15 R), dass zum Beispiel beim Heimarbeitsplatz der Gang in die Küche, um etwa ein Glas Wasser zu holen, nicht gesetzlich versichert ist. Heinz weiter: „Selbstverständlich haben jedoch Beschäftigte an Heimarbeitsplätzen die Möglichkeit sich privat über Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen abzusichern.“
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Weitere sinnvolle Schutzmaßnahmen
Auch die Bewertung von Cyberrisiken spielt beim Arbeiten von zu Hause eine Rolle. Zu den wichtigsten Risiken, gegen welche man sich präventiv und versicherungstechnisch absichern kann, zählen etwa das Ausspähen von Geschäftsgeheimnissen, Datenschutzverletzungen durch Phishing, Erpressung und Datenverluste durch Ransomware und die Unterbrechung der IT-Systeme durch Denial of Service (DoS)-Angriffe. Hinzu kommen nicht-kriminelle Ursachen, wie zum Beispiel Stromausfälle, Hardware-Versagen und Software-Fehler oder ebenso der Verlust von Datenträgern sowie das versehentliche Veröffentlichen von Informationen.
Umfangreiches Informationsmaterial zum Schutz gegenüber solchen Gefahren bieten unter anderem die Versicherungswirtschaft, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie sowie Bitkom an. In der Geschäfts- und Elektronikversicherung könnte darüber hinaus die Erweiterung des oder der Versicherungsorte in Frage kommen, so dass auch betriebliches Inventar zuhause versichert bleibt. Häufig sind Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände auch über die Hausratversicherung des Mitarbeiters versichert.
Hierzu Versicherungsberater Jander: „Aus Sicht des Arbeitgebers sollte aber bedacht werden, dass die Rechte aus der Hausratversicherung dem Versicherungsnehmer, also dem Mitarbeiter, zustehen und nicht dem Unternehmen.“ Überdies sollte die Betriebshaftpflichtversicherung erweitert werden, sobald Mitarbeiter etwa Kunden zuhause in Empfang nehmen, da bei einem Schadensfall von der Privathaftpflichtversicherung des Mitarbeiters keine Leistungen zu erwarten sind.
Gewerbliche Tätigkeiten dem Versicherer melden
Wird in dem eigenen Haus eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, gilt dies als Gefahrerhöhung und ist dem Wohngebäudeversicherer anzuzeigen. Bei Bürotätigkeiten dürfte der Versicherer dies ohne weiteren Einfluss auf den Versicherungsvertrag zur Kenntnis nehmen. Wird die gewerbliche Tätigkeit dagegen nicht angezeigt, kann es bei einem Schadensfall erhebliche Konsequenzen für den Hauseigentümer haben. „Wurde eine Gefahrerhöhung nicht angezeigt, kann der Versicherer im schlimmsten Fall leistungsfrei sein“, weiß Jander und empfiehlt infolgedessen: „Auch sollte das Einhalten von Sicherheitsvorschriften, wie zum Beispiel die regelmäßige Prüfung der elektrischen Anlagen, mit Versicherern und Kunden besprochen werden.“
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