Gesundheitsvorsorge: Für Makler gibt es viel zu tun

In der Pandemie steigt das Gesundheitsbewusstsein der Menschen spürbar, viele öffnen sich dem privaten Zusatzschutz. Weitere Vertriebschancen für Makler kommen hinzu. Doch ein Ärgernis bleibt.

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07:01 Uhr | 06. Januar | 2021
Viel Arbeit für Makler Bild: Pixabay/Pixelpower-01

Beim Thema Gesundheitsvorsorge dürfte in diesem Jahr viel Arbeit auf Makler warten. Bild: Pixabay/Pixelpower-01

Makler mit Fokus auf die private Krankenversicherung (PKV) haben alle Hände voll zu tun. Ein mächtiger Treiber ist die Corona-Pandemie. Vermittler müssten ihr Büro digitalisieren, Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten beraten und eine erhöhte Nachfrage bewältigen, berichtet Christian Faber vom Maklerdienstleister KV-Werk. „Wir stellen fest, dass das Bewusstsein der Bevölkerung für einen leistungsfähigen Versicherungsschutz gewachsen ist“, heißt es etwa bei der HanseMerkur.

Die ersten Versicherer berichten bereits von beeindruckenden Wachstumszahlen. So meldete die Arag Krankenversicherung eine Verdopplung des Neugeschäfts nach Beiträgen. Daran mitgewirkt hätten auch die neuen Vollversicherungstarife MedExtra und MedBest. Laut Arag-Vorstand Roland Schäfer „haben sich die beiden leistungsstarken Produkte zu weiteren Verkaufsschlagern entwickelt“.

Negativtrend gebrochen

In der Krise nehmen viele Menschen die Vorzüge einer privaten Absicherung wieder wahr; zum Beispiel schnelle Terminvergabe beim Arzt und kein langes Warten in überfüllten Wartezimmern. Das gilt sowohl für das Geschäft mit Zusatz- wie für das mit Vollversicherungen. In diesem Jahr dürfte sogar ein Negativtrend gebrochen werden. Erstmals seit 2011 könnte die Zahl der Vollversicherten in der PKV wieder steigen. Genaues wird man erst in einigen Monaten wissen, wenn die Daten für 2020 vorliegen. Denn die Corona-Pandemie zwingt vermutlich etliche Selbstständige, deren Einnahmen wegen der staatlich angeordneten Geschäftsschließungen wegbrechen, zu einem Austritt aus der PKV. Wie der Saldo letztlich aussieht, bleibt also abzuwarten.

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Schwung ins Vollversicherungsgeschäft bringt auch eine Sonderöffnungsaktion des Verbands der Privaten Krankenversicherung. Noch bis zum 31. März 2021 bieten die Mitgliedsunternehmen allen gesetzlich versicherten Beamten mit Vorerkrankungen oder Behinderungen einen erleichterten Zugang ins PKV-System an. Auch für Angehörige gilt das Angebot, sofern sie Anspruch auf Beihilfe haben und nicht versicherungspflichtig in der GKV sind. Bereits heute sind mehr als die Hälfte der PKV-Vollmitglieder Beihilfeberechtigte, das heißt, für die Kos­ten der Krankenversicherung erhalten sie einen Zuschuss von ihrem jeweiligen Dienstherrn.

Mit der Öffnungsaktion haben Staatsdiener, die bisher versäumt haben, sich privat zu versichern, noch einmal die Chance dazu. „Wir setzen damit ein Signal, dass Beamte und PKV zusammengehören“, sagt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther.

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Für Makler bietet die Kampagne eine gute Gelegenheit, entsprechende Kunden auf die Wechselmöglichkeit anzusprechen. Versicherer wie zum Beispiel HanseMerkur haben bereits im Vorfeld der Aktion neue Tarife für Beamte auf den Markt gebracht. „Jetzt geben wir auch im Markt der Beihilfetarife mehr Gas“, betont ein Unternehmenssprecher. Das Beihilfegeschäft sei wichtig, weil es bislang keinen Änderungen in der Sozialversicherung unterworfen war. Im Selbstständigen-Segment dagegen würden die „Dumpingpreise der GKV das Geschäft verkleinern“. Und im Angestellten-Sektor komme die PKV regelmäßig durch die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze unter Druck.

Derzeit dürfen Arbeitnehmer nur in die PKV wechseln, wenn sie mehr als 62.550 Euro im Jahr verdienen. Für 2021 erhöht sich diese Jahresarbeitsentgeltgrenze auf 64.350 Euro. Seit Jahren steigt sie um 2 bis 3 Prozent. Im Gegensatz zur lange schwächelnden Vollversicherung wächst das Zusatzgeschäft seit Jahren kontinuierlich um 2 bis 3 Prozent. Aktuell dürfte es einen Bestand von fast 28 Millionen Zusatzpolicen geben. Bei Kunden beliebt ist insbesondere Zahnzusatz. Aber auch die betriebliche Krankenversicherung erweist sich als Zugpferd innerhalb des Zusatzgeschäfts.

Zwar ist die Durchdringungsquote noch gering – laut Versicherungsforen Leipzig bieten aktuell 7 Prozent der Unternehmen eine Absicherung über den Betrieb an –, indes stiegen Interesse und Angebot stark an.

Schutz über den Betrieb

Branchenkenner halten die Absicherung über den Betrieb zusätzlich zur gesetzli-chen Kasse für einen Wachstumsmarkt. Argumente wie Fachkräftemangel und ein steigendes Durchschnittsalter der Beschäftigten respektive ein erhöhtes Risiko krankheitsbedingter Ausfälle würden immer mehr Arbeitgeber bewegen, einen zusätzlichen Krankenschutz für ihre Mitarbeiter anzubieten.

Immer häufiger stimmten Unternehmen dabei einer arbeitgeberfinanzierten Absicherung zu. Das wiederum eröffne den Produktgebern viel Spielraum bei der Tarifgestaltung. Seit November 2020 zum Beispiel ist die Continentale mit dem Angebot ConCept Choose auf dem Markt. Für die Dortmunder bildet der Tarif den Einstieg in die betriebliche Krankenversicherung. Weitere Tarife sollen folgen. „Mit Choose“, sagt Helmut Hofmeier, Vorstand bei der Continentale Krankenversicherung, „können Vermittler Unternehmen immer eine passende Absicherung für deren Mitarbeiter anbieten, die auch deren Familienangehörigen zur Verfügung steht.“

Das Prinzip: Der Arbeitgeber wählt ein jährliches Gesundheitsbudget für die Beschäftigten aus: 400, 800 oder 1.200 Euro pro Jahr und Mitarbeiter. Mindestens zehn Arbeitnehmer müssen versichert werden. Der einzelne Mitarbeiter bestimmt dann, welche Leistungen des Versicherers er innerhalb dieses Finanzrahmens und der versicherbaren Leistungen in Anspruch nehmen möchte – und zwar ambulant, stationär oder beim Zahnarzt.

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„Damit bieten Arbeitgeber immer den richtigen Schutz und machen Vermittler immer das richtige Angebot“, unterstreicht Hofmeier. Das Produkt sei arbeitgeberfinanziert. Eine Innovation im Markt sei das Ansparen von Mitteln bei Leistungsfreiheit. Nimmt ein Arbeitnehmer in einem Jahr keine Leistungen in Anspruch, kann er jeweils 10 Prozent über 5 Jahre ansparen. In der Spitze kann er also auf ein Budget von 1.800 Euro kommen. „Gerade bei größeren Behandlungen wie bei Zahnersatz kann dies sinnvoll sein“, meint Hofmeier.

Solche flexiblen und individualisierbaren Lösungen gibt es auch von anderen Versicherern. Die Gothaer zum Beispiel bietet seit Sommer 2020 drei Töpfe mit 300, 500 und 750 Euro jährlich. Die Hallesche kam als einer der ersten Anbieter 2019 mit Feelfree als Budgettarif auf den Markt. Als weiteres Beispiel für neue Tarife in der betrieblichen Krankenversicherung sei noch einer der HanseMerkur genannt. Seit Juli 2020 ist der Versicherer mit dem bKV-Tarif BKA am Markt, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Und weiter: „Dabei handelt es sich um eine ambulante Krankenversicherung mit dem Kernziel der individuellen Absicherung der unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter einer Firma im Rahmen nur eines Tarifs.“

Neben Vorsorgeleistungen und Prävention biete dieser ein Spektrum an ambulanten Leistungen an, die der Mitarbeiter je nach Bedarf frei wählen könne. Der Arbeitgeber profitiere durch die Flexibilität, da die unterschiedlichen Bedürfnisse seiner Arbeitnehmer mit nur einem Tarif erfüllt würden. Laut HanseMerkur „wird der Tarif sehr gut vom Vertrieb angenommen“. Solche Ideen jedenfalls sollen daran mitwirken, die noch niedrige Durchdringungsquote in den Betrieben zu steigern. Dann befände sich das Zusatzgeschäft weiterhin auf einem Wachstumskurs.

Beitragssprünge als Problem

Nach so vielen guten Aussichten für das PKV-Geschäft muss an dieser Stelle auch auf aufziehende Gewitterwolken hingewiesen werden – und wieder ist Corona die Ursache. Zur Ankurbelung der Investitions- und Konsumnachfrage hat die Europäische Zentralbank das Zinstief am Kapitalmarkt zementiert. Damit fällt es Versicherern mit Fokus auf festverzinsliche Anleihen immer schwerer, ausreichende Erträge zu erzielen. Das wiederum erhöht bei den einzelnen Unternehmen den Druck zur Absenkung des Rechnungszinses in der Vollversicherung, was steigende Beiträge zur Folge hat.

Beitragsanpassungen dürfen die Versicherer aber nur vornehmen, wenn bei zwei sogenannten auslösenden Faktoren bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Das dauert mitunter ein paar Jahre. Dann aber ist die Anpassung umso größer. Marktführer Debeka hat nach vier Jahren Beitragsstabilität jetzt einen Anstieg um 17,6 Prozent für 2021 angekündigt. Andere Versicherer werden nachziehen; wenn auch nicht alle in diesem Ausmaß. Der Verband der Privaten Krankenversicherung rechnet branchenweit mit einer durchschnittlichen Beitragserhöhung in der Vollversicherung um 8,1 Prozent. Den Ärger der Kunden über höhere Beiträge bekommen auch Makler zu spüren. Sie müssen dann erklären, weshalb es zu solchen Sprüngen kommt. Auch aus diesem Grund dürften sie 2021 alle Hände voll zu tun haben.

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