Frank Schäffler: „Die geförderte Altersvorsorge ist praktisch tot“
Die staatliche Riester-Rente benötigt dringend eine Reform. Deren Notwendigkeit wurde zu Beginn dieser Woche abermals verdeutlicht, als neue Zahlen zum Riester-Vertragsbestand veröffentlicht wurden. In aller Kürze: Die Zahl der Riester-Verträge geht weiter zurück, das Vertrauen der meisten Deutschen in die staatlich geförderte Altersvorsorge dürfte in den vergangenen Jahren merklich gelitten haben.
Eine Überarbeitung ist somit dringend geboten, zumal sich für immer mehr Anbieter die Frage stellt, das Riester-Geschäft einzustellen. Nachdem die Debeka einen entsprechenden Schritt im vergangenen Jahr bekannt gegeben hatte, könnten bald weitere Folgen, warnte die Finanz-Lobby im vergangenen Jahr in einem Brief an Kanzleramtsminister Oliver Braun: „Anbieter stehen derzeit vor der Entscheidung, die Riester-Rente aufgrund der durch die Garantie unverhältnismäßig gewordenen Eigenkapitalanforderungen bereits für das kommende Jahr vom Markt zu nehmen.“
Passiert ist seitdem wenig: Zwar machte sich der rentenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Peter Weiß, unlängst in der „Berliner Zeitung“ für eine Umsetzung zu Jahresbeginn 2021 stark. Ob damit aber gerechnet werden kann, steht weiter in den Sternen.
„Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen“
Wenig Erbauliches oder zumindest Erhellendes liefert dabei die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des FDP-Parlamentariers Frank Schäffler. Gefragt nach dem aktuellen Beratungsstand im Hinblick auf die Schaffung eines Riester-Standardprodukts – wie es im Koalitionsvertrag vereinbart worden war – wird seitens der Bundesregierung lediglich auf die Gespräche mit Versicherern und Verbraucherschützern im vergangenen Frühjahr verwiesen: „Dabei wurde noch einmal deutlich, dass es zur Zukunft der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge sehr unterschiedliche Auffassungen und Vorschläge gibt, die von der Optimierung bzw. Weiterentwicklung der bestehenden Förderung bis hin zu grundsätzlich anderen Ansätzen reichen. Die Meinungsbildung hierzu ist noch nicht abgeschlossen.“
Während CDU und Versicherer auf eine Reform des bestehenden Modells setzen, wird in der SPD für einen grundlegenden Wandel getrommelt. „Die Erträge aus kapitalgedeckter Altersvorsorge reichen in der Regel nicht aus, um Verluste bei der gesetzlichen Rente auszugleichen“, unterstreicht Ralf Kapschack, rentenpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, die Kritik seiner Fraktion an der Riester-Rente, die er – trotz 16 Millionen bestehender Verträge – nicht als Erfolgsmodell bezeichnen möchte.
Auch von Seiten des Verbraucherschutzes war der Abgesang auf die Riester-Rente zuletzt deutlich lauter angestimmt worden. So bemängelte die Bürgerbewegung Finanzwende zuletzt die hohen Kostenquoten vieler Versicherer und bezeichnete die Riester-Rente als nicht reformierbar.
Auch das Thema Garantiezins liegt brach
Wenig auskunftsfreudig gibt sich die Bundesregierung auch bei der nächsten Altersvorsorge-Baustelle, der Absenkung des Höchstrechnungszinses. Nachdem sich das Bundesfinanzministerium nicht rechtzeitig für eine Senkung ausgesprochen hatte, liegt der Rechnungszins auch 2021 unverändert bei 0,9 Prozent. Die deutschen Versicherungsaktuare empfehlen nun, den Zins zumindest zum 1. Januar 2022 zu senken, dann auf 0,25 Prozent. Dazu habe die Bundesregierung noch keine Entscheidung getroffen, heißt es lapidar in der Antwort des Bundesfinanzministeriums. Stattdessen verweist man auf das Prinzip der Produktfreiheit – die Anbieter könnten selbst entscheiden, welche Garantien sie dauerhaft erbringen könnten.
Dass in dieser Legislaturperiode noch ein entscheidender Impuls für die private Altersvorsorge erfolgt, glaubt FDP-Mann Schäffler nicht mehr. Entsprechend harsch fällt seine Kritik aus: „Die geförderte Altersvorsorge ist faktisch tot, weil die große Koalition nicht in der Lage ist, eine notwendige Reform rechtzeitig einzuleiten. Dies geht zu Lasten von Millionen Bürgern, die im Vertrauen auf vernünftige Rahmenbedingungen in eine Riester-Rente investiert haben“, erklärte der Politiker gegenüber procontra.