FinVermV: Irrsinnige Aufzeichnungspflicht

Das Finale zur Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) in deutsches Recht steigt im März im Bundesrat. Doch schon jetzt scheint klar, was für 34f-Vermittler gelten wird – mitunter im Unterschied zu 34d-Vermittlern. Vor allem das Taping polarisiert.

Author_image
09:01 Uhr | 28. Januar | 2019
Alt text

Beratungsgespräche am Telefon müssen aufgezeichnet werden_Foto: pixabay

Das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz, mit dem die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (kurz: MiFID) in deutsches Recht umgesetzt wird, ist bereits seit über einem Jahr in Kraft. Es legt fest, welche Regeln Banken und Vermögensverwalter bei Anlagegeschäften mit Privatkunden befolgen müssen. Die novellierte Verordnung für Finanzanlagenvermittler (FinVermV) ist aber immer noch in der parlamentarischen Warteschleife. Kurz vor Weihnachten ließ das zuständige Wirtschafts- und Energieministerium (BMWi) verlauten, dass die Verordnung wohl am 15. März 2019 im Bundesrat beschlossen werde. Vorher müssen die Ministerialen noch eine Vielzahl von Stellungnahmen von Verbänden auswerten.

Aktuell verfügen gut 37.850 Finanzberater damit zwar über eine entsprechende Erlaubnis gemäß Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO), arbeiten aber noch auf Basis der „alten“ FinVermV, die eigentlich längst an die MiFID-II-Vorgaben hätte angepasst werden müssen. Harsche Kritik am Verordnungsentwurf kam auch vom AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. „Wir begrüßen, dass das viel diskutierte Provisionsverbot durch die Hintertür nun doch nicht Einzug in den Verordnungsentwurf gefunden hat“, zeigt sich Norman Wirth erleichtert. Überhaupt nicht zu begrüßen sei jedoch, „dass die Beratungsgespräche am Telefon oder über sonstige elektronische Kommunikation aufgenommen und über viele Jahre gespeichert werden müssen“, so der geschäftsführende AfW-Vorstand weiter. „Wir halten das für einen bürokratischen, datenschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Irrsinn“.

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner (BMI) ist gegen die Aufzeichnungspflicht. Die MiFID-II-Richtlinie sehe die Aufzeichnungspflicht nur für die Ausführung von Kundenaufträgen bei Wertpapieren vor, also bei KWG-Instituten. Solche Abschlüsse sind für 34f-Vermittler aber gar nicht möglich. Insofern sei die Aufzeichnungspflicht in der FinVermV „sinnlos“. Mit dem neuen Paragrafen 11a werde es Pflicht, Interessenkonflikte zu regeln, offenzulegen und die Vergütung so zu gestalten, dass Konflikte verhindert werden. Provisionen sind nicht nur zulässig, wenn damit eine Qualitätsverbesserung für den Kunden verbunden ist, sondern der Vermittler damit sein Einkommen erzielt.

Seite 1: Taping ist „bürokratischen, datenschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Irrsinn“Seite 2: Geeignetheitserklärung soll Beratungsprotokoll ersetzen

Geeignetheitserklärung ersetzt Beratungsprotokoll

Das bisherige Beratungsprotokoll wird es nicht mehr geben. Stattdessen muss der Berater eine europaweit harmonisierte Geeignetheitserklärung erstellen. „Sie enthält die Gründe, warum bestimmte Produkte für den Kunden aufgrund seiner Anlageziele und seines Risikoprofils geeignet sind“, sagt Dr. Martin Duncker, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. „Ziel der umstrittenen Aufzeichnungspflicht telefonischer und elektronisch erfolgter Beratung (‚Taping‘) ist es, den Anlegerschutz zu stärken, die Marktüberwachung zu verbessern und Rechtssicherheit für Vermittler und Anleger zu schaffen“, erläutert Duncker, der in der Kanzlei Schlatter Rechtsanwälte Steuerberater PartGmbH arbeitet.

„Beratungsgespräche am Telefon oder über sonstige elektronische Kommunikation aufzunehmen und über viele Jahre zu speichern halten wir für einen bürokratischen, datenschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Irrsinn.“ (Norman Wirth, AfW-Vorstand)

Gesprächsinhalte seien unabhängig davon aufzuzeichnen, ob sie zu einem Geschäftsabschluss führen oder nicht. „Persönliche Kundengespräche müssen dagegen weiterhin nicht aufgezeichnet werden“, so Duncker. Da die Aufzeichnungen in der Regel fünf Jahre aufzubewahren sind, erfordert dies intelligente Konzepte, „abgelaufene“ Daten zuverlässig zu löschen. Wie sich dies mit der zivilrechtlichen Verjährungsfrist von zehn Jahren verträgt, sei noch völlig unklar.

Sinnvoll wäre eine Übergangsfrist für die Taping-Pflicht, meint Duncker. Der Vermittler werde häufig auf einen IT-Dienstleister zurückgreifen und seine Hardware aufrüsten müssen. „Da wären mindestens drei Monate Übergangsfrist sinnvoll. Doch da der Zeitverzug der Politik schon ein Jahr beträgt, lassen sich Übergangsfristen nach außen schlecht verkaufen“, so Dunckers Prognose.

Kritik an Aufsichtsplänen

Ein anderer Punkt, der vordergründig nichts mit der FinVermV zu tun hat, treibt die Gemüter um. Die Aufsicht über die freien Finanzanlagenvermittler soll laut Koalitionsvertrag schrittweise von der BaFin übernommen werden. Im Extremfall würde der Paragraf 34f abgeschafft und die Vermittler müssten sich um eine teure KWG-Lizenz oder den Anschluss an ein Haftungsdach bemühen. Eine drastische Marktkonsolidierung wäre die unweigerliche Folge.

AfW-Vorstand Wirth betont, dass erst 2013 das heutige Zulassungs- und Aufsichtssystem eingeführt wurde. Er sieht keinen Grund für einen Systemwechsel, zumal dann mit BaFin-Aufsichtskosten von rund 3.000 Euro pro Jahr und Vermittlerfirma zu rechnen sei. Eine Evaluierung des Paragrafen 34f hat nie stattgefunden, obwohl dies festgeschrieben worden war. „Dabei hat die FinVermV zu einer deutlichen Marktbereinigung, mehr Transparenz und einer höheren Vermittlungsqualität geführt“, sagt Kapitalmarktexperte Duncker. Etliche Anlageskandale wie Piccor, Infinus, German Pellets oder Lehman fanden im Bereich der von der BaFin beaufsichtigten Anbieter statt.

Seite 1: Taping ist „bürokratischer, datenschutzrechtlicher und wirtschaftlicher Irrsinn“Seite 2: Geeignetheitserklärung soll Beratungsprotokoll ersetzen