Erwerbsminderungsrente: Wer jetzt mehr Geld erhält
Wer aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheidet, erhält vom Staat – unter Umständen – eine Erwerbsminderungsrente. Rund 1,8 Millionen Menschen bezogen eine solche im Jahr 2020 laut Daten der Deutschen Rentenversicherung – allein im vergangenen Jahr kamen 175.000 Rentenbezieher hinzu.
Doch das Absicherungsniveau ist gering – Männer in den neuen Bundesländern erhielten durchschnittlich 826 Euro im Monat ausgezahlt, in den alten Bundesländern war es mit 872 Euro etwas mehr. Am meisten erhielten durchschnittlich Frauen im Osten des Landes – sie kamen im Durchschnitt auf eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 965 Euro.
Im Einzelfall kann es deutlich weniger werden – schließlich ist für die Höhe der Erwerbsminderungsrente ebenfalls entscheidend, wie lange der Arbeitnehmer bereits in die Rentenversicherung eingezahlt, wie viele Rentenpunkte er angesammelt hat und wie lange er bis zum Erhalt der regulären Altersrente noch arbeiten müsste.
Reform für Bestandsrentner
Um Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keiner Arbeit mehr nachgehen können, stärker unterstützen zu können, hat die Bundesregierung nun eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten beschlossen. Im Gegensatz zu den vorherigen Erhöhungen der Erwerbsminderungsrente sollen diesmal auch Bestandsrentner berücksichtigt werden.
Wer seit der Zeit zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018 eine Erwerbsminderungsrente bezieht, soll ab dem 1. Juli 2024 einen pauschalen Zuschlag zur Rente erhalten. Für Zugänge mit einem Rentenbeginn vom 1. Januar 2001 bis zum 30. Juni 2014 wird es einen Zuschlag von 7,5 Prozent zur jeweiligen Rente geben. Für Zugänge mit einem Rentenbeginn ab dem 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2018 fällt der Zuschlag mit 4,5 Prozent niedriger aus, da diese Rentenbezieher bereits von den Reformen der vergangenen Jahre profitiert hätten, schreibt das Bundesarbeitsministerium auf seiner Seite.
Wie sich die Rentenerhöhung konkret auswirken soll, verdeutlicht das Ministerium anhand einiger Beispiele.
Genannt wird hier beispielsweise der 1981 geborene Jürgen K., der in der Verwaltung eines Autohauses tätig war und seit dem 1. Juli 2017 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhält. Sein Rentenanspruch beträgt zum 30. Juni 2024 insgesamt 450 Euro. Durch die Reform würde er ab dem 1. Juli einen Zuschlag in Höhe von 4,5 Prozent erhalten – das entspreche 20,25 Euro. Seine Erwerbsminderungsrente würde somit zum 1. Juli 470,25 Euro betragen.
Ein weiteres Beispiel dreht sich um einen Maurer, der seit 1. Oktober eine volle Erwerbsminderungsrente erhält. Sein Rentenanspruch beträgt am 30. Juni 2024 1.000 Euro. Dieser würde durch den Zuschlag von 7,5 Prozent zum 1. Juli 2024 somit auf 1075 Euro steigen – brutto wohlgemerkt. Steuern sowie Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung müssen hier noch abgezogen werden.
Lob und Kritik
Profitieren sollen von der Reform nicht nur die aktuellen Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente, sondern auch diejenigen, deren Erwerbsunfähigkeitsrente mittlerweile in eine Altersrente übergegangen ist. Laut Bundesregierung sollen insgesamt rund drei Millionen Renten einen Zuschlag erhalten.
Die Erhöhung der Renten für Bestandsrentner fand zwar von Seiten vieler Sozialverbände Lob, jedoch sind durchaus auch Stimmen zu vernehmen, die auf höhere Zuschläge pochen. „Über die Höhe des Zuschlags müssen wir im parlamentarischen Verfahren allerdings nochmal reden“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie spricht sich für Zuschläge in Höhe von 15 beziehungsweise neun Prozent aus – zudem fordert sie, dass die Zuschläge nicht erst ab Mitte 2024, sondern schnellstmöglich greifen sollten.
Die Versicherungswirtschaft bemängelt indes die Kosten der Reform. Neben den 18,8 Milliarden Euro, die durch die aktuellen Rentenerhöhungen fällig werden, kommen durch die Reform der Erwerbsminderungsrente noch einmal weitere 2,6 Milliarden Euro pro Jahr an Kosten für die Deutsche Rentenversicherung hinzu.
Auch mit der Reform sollten sich Berufstätige nicht allein auf die staatliche Hilfe verlassen. Denn nach wie vor sind die Voraussetzungen, um eine volle Erwerbsminderungsrente zu erhalten, anspruchsvoll. So darf der Werktätige nicht mehr in der Lage sein, länger als drei Stunden am Tag zu arbeiten – egal in welchem Beruf. Zudem muss er bereits fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben – in den fünf Jahren vor Renteneintritt muss er zudem mindestens drei Jahre Beiträge gezahlt haben. Nach wie vor ist somit jedem Berufstätigen angeraten, seine Arbeitskraft privat abzusichern.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefällt, abonnieren Sie unseren täglichen kostenlosen Newsletter für weitere relevante Meldungen aus der Versicherungs- und Finanzbranche!