Coronavirus: Wer haftet bei Betriebsunterbrechung?
Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen. Mittlerweile gibt es 4 nachgewiesene Erkrankungen. Die Infizierten stammen allesamt aus Bayern und sind Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto. Dieser hat nun seinen Hauptsitz in Stockdorf bei München mindestens bis zum 2. Februar geschlossen, um die übrige Belegschaft so gut wie möglich vor einer Ansteckung zu schützen.
Auch wenn teilweise im Homeoffice weitergearbeitet werden kann, sind Betriebsschließungen quasi immer mit Umsatzeinbußen verbunden. Solche Schäden können über eine Betriebsunterbrechungsversicherung (BU) ausgeglichen werden. Deren Bedingungen setzen aber in den allermeisten Fällen einen Sachschaden voraus, der für die Betriebsunterbrechung ursächlich ist. Also zum Beispiel ein Feuer, das Rohstoffe oder eine Fertigungshalle beschädigt, die aber für den Betriebsablauf notwendig sind.
Kein Sachschaden, keine Betriebsunterbrechung
Im Falle des Coronavirus liegt ein solcher Sachschaden nicht vor, da Erkrankungen beziehungsweise Pandemien nicht zu den versicherten Gefahren gehören. Auch in den unbenannten Gefahren können sie nicht enthalten sein, denn diese beschreiben nur Umstände, die zwar vertraglich nicht genannt sind, letztendlich aber einen Sachschaden ausgelöst haben. Ein solcher liegt aber im Falle von Viruserkrankungen nicht vor – auch wenn es in der Folge die einzig richtige Entscheidung ist, den Betrieb zeitweise zu schließen.
Firmen, die ihre Standorte aufgrund von nachgewiesenen Coronavirus-Fällen oder aufgrund von Verdachtsfällen schließen, können also nicht mit einem Ausgleich von Umsatzeinbußen über ihre BU-Police rechnen.
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Möglicherweise steht die eigene Produktion auch nur deswegen still, weil ein Geschäftspartner seinen Betrieb aufgrund des Coronavirus geschlossen hat. „Auch wenn ein Lieferant in der Lieferkette ausfällt, ist der BU-Schaden dann versichert, wenn der Ausfall auf einen Sachschaden beim Lieferanten zurückzuführen ist“, erklärte heute eine GDV-Sprecherin auf procontra-Nachfrage. Auch in diesem Fall dürfte also keine Leistungspflicht des BU-Versicherers bestehen.
Teilweise werden spezielle BU-Tarife angeboten, die das Risiko einer Pandemie versichern, zum Beispiel von der Munich Re. Hierzu liegen dem GDV aber keine weiteren Informationen vor, beispielsweise zum Umfang dieser Sparte oder den genauen Deckungsinhalten.
Kulanzzahlungen?
Zum Schadenregulierungsverhalten der BU-Versicherer in Bezug auf den Coronavirus konnte der GDV keine Auskunft geben. Ob Unternehmen also in Fällen von eigenmächtigen Betriebsschließungen wie bei Webasto mit Ausgleichszahlungen aus Kulanz rechnen können, müssen alle Kunden beziehungsweise ihre Vermittler selbst bei den Versicherern erfragen.
Was theoretisch klingt, könnte im schlechtesten Fall bald zur bundesweiten Praxis werden. Denn Medizinern zufolge ist das Coronavirus per Tröpfcheninfektion übertragbar, also bereits durch ein Händeschütteln oder ein leichtes Anhusten. Medienberichten nach sollen sich die Webasto-Mitarbeiter während einer gemeinsamen Schulung bei einer Kollegin aus China angesteckt haben, während bei dieser selbst noch gar keine Symptome erkennbar waren.
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