BU-Anträge: So verfahren Versicherer mit Corona-Kunden
Die Corona-Pandemie entwickelt sich dynamisch. Nicht nur die Maßnahmen sind in den Staaten weltweit unterschiedlich und werden regelmäßig an die Entwicklungen angepasst. Auch das Virus an sich hält „Überraschungen“ bereit, was am Thema Mutationen zu sehen ist. Unklar ist außerdem logischerweise immer noch, welche Folgeerkrankungen und Langzeitschäden es beim Menschen auslösen kann. Dabei wäre genau dieses Wissen für Versicherer sehr wertvoll, um ihre Gesundheitsdaten-basierten Tarife (biometrische Versicherungen) entsprechend anpassen zu können. Es stellt sich die Frage, wie die Anbieter mit den Anträgen von Kunden umgehen sollen, die bereits an Corona erkrankt waren.
Alexander Schrehardt, Chef der Consilium Beratungsgesellschaft und Experte für Arbeitskraftabsicherung (AKS), hatte kürzlich auf dem profino-Kongress davon berichtet, dass Anträge von Corona-Genesenen bisher zurückgestellt werden, weil das Risiko von Langzeitfolgen für die Unternehmen noch nicht abschätzbar ist. procontra wollte deshalb wissen, wie die beliebtesten Biometrie-Versicherer der Makler mit dem Thema umgehen. Die Antworten beziehen sich dabei auf das gesamte Biometrie-Segment.
1-3 Monate warten bei Alter Leipziger
Klar ist: Die Versicherer wollen wissen, ob und wann jemand an Covid-19 erkrankt ist und wie die Krankheit verlief. Die Alte Leipziger schreibt dazu, dass der Antrag angenommen werden kann, wenn die Infektion folgenlos ausgeheilt ist. Je nach der Zeitspanne, die zwischen Infektion und Antrag liegt, sei aber eine kurze Zurückstellung von ein bis drei Monaten erforderlich, bis von einer folgenlosen Ausheilung ausgegangen werden kann. Diese müsse dann auch bestätigt werden.
Sofern laut Antrag noch Beschwerden bestehen sollten und laufende Behandlungsmaßnahmen erfolgen, wolle der Versicherer individuell prüfen, ob und zu welchen Bedingungen – etwa durch Risikozuschlag – eine Annahme erfolgen kann. „Das Ergebnis dieser Prüfung hängt natürlich maßgeblich vom Krankheitsverlauf ab. Deshalb sind über die Höhe eines möglichen Zuschlages bzw. über die Dauer einer temporären Zurückstellung keine pauschalen Aussagen möglich. Das ist aber nicht grundsätzlich anders als bei ‚etablierten‘ Infektionskrankheiten“, erklärt Detlef Voit, Zentralbereichsleiter Service Center Privatkunden der Alten Leipziger.
Einzelfallprüfung auch bei Swiss Life
Stefan Holzer, Leiter Versicherungsproduktion und Mitglied der Geschäftsleitung von Swiss Life Deutschland, schreibt auf unsere Anfrage: „Antragsteller, die eine SARS-CoV-II-Infektion überstanden haben, werden von uns im Einzelfall geprüft. Wir müssen im Sinne des gesamten versicherten Kollektivs sicherstellen, dass die zu versichernde Person an keinen Folgeerkrankungen infolge der Infektion leidet (z.B. reduziertes Lungenvolumen). Kann eine Folgeerkrankung zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht sicher ausgeschlossen werden, so muss der Antrag zunächst zurückgestellt werden. Ist die Infektion folgenlos überstanden, wird Versicherungsschutz zu normalen Bedingungen gewährt.“
Zuschläge oder Leistungsausschlüsse, die rein auf der Infektion mit SARS-CoV-II basieren, sind laut Holzer bei Swiss Life nicht vorgesehen.
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Der Volkswohl Bund versichert Personen dann, wenn seit deren vollständiger Genesung mindestens vier Wochen vergangen sind. Von Genesenen werden bei der Antragstellung aussagekräftige Informationen verlangt. „Wenn es sich um mittelschwere oder schwere Verläufe gehandelt hat, prüfen wir zusätzlich die ärztlichen Unterlagen, um einschätzen zu können, ob es bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen (Long-Covid) gibt und entscheiden dann“, schreibt der Versicherer auf procontra-Nachfrage.
Bei der LV 1871 formuliert Sandra John, Leiterin Risiko-/Leistungsprüfung, das Vorgehen wie folgt: „Wenn kein stationärer Aufenthalt nötig war, die Erkrankung überstanden ist, die potenziellen Kunden drei Wochen beschwerde- und behandlungsfrei sind und wieder im Job tätig sind, dann stellen wir keine Anträge zurück – das haben wir 2020 so gehandhabt und wird auch dieses Jahr der Fall sein.“ Im Umkehrschluss ist aber auch bei der LV 1871 mit Zurückstellungen und individuellen Fallprüfungen zu rechnen, sofern nach der Corona-Erkrankung noch Beschwerden auftreten oder Behandlungen nötig sind. In Sachen Beitragszuschläge oder Leistungsausschlüsse wegen Corona sei bei den Münchnern aber nach aktuellem Stand nichts geplant.
Hannoversche ohne kritische Fälle
Bei Canada Life Deutschland ziehe man fallabhängig in Betracht, bei einem mit Covid-19 infizierten Antragsteller einen bis zu drei Monate nach der Genesung mit der Policierung zu warten, erklärt Chief Underwriterin Katherine Quinn.
Maklers Liebling in der Risikolebensversicherung, die Hannoversche, musste laut ihrem Leiter Risikoprüfung, Florian Kreutzkam, im Jahr 2020 keine Anträge von potenziellen Kunden, die eine Corona Erkrankung überstanden haben, zurückstellen. Momentan sei dies auch nicht vorgesehen. Kreutzkam weiter: „Stand jetzt liegen erst wenige Fälle und Erkenntnisse vor, sodass eine Anpassung in der Policierung nicht notwendig erscheint. Die Entwicklung werden wir laufend beobachten und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt unseren Prozess überdenken.“
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