Allianz gewinnt vor Gericht: Nicht jeder Leerstand ist auch immer eine Gefahrerhöhung, aber...
Steigt in einem über längere Zeit leer stehenden Gebäude die Brandgefahr? Diese Frage ist für Versicherungsnehmer nicht unerheblich: Bejaht man sie, stellt der längere Leerstand eine Gefahrerhöhung dar, der dem Versicherer angezeigt werden muss. Versäumt man dies, kann der Versicherer die Leistungen kürzen.
So geschehen in einem Fall, über den vor kurzem das OLG Schleswig (Az: 16 U 64/24, Urteil vom 21. Juli 2025) zu entscheiden hatte. In diesem ging es um einen Mann, der sein 2018 erworbenes Haus bei der Allianz (SicherheitPlus Fassung 2014) gegen Brand versichern ließ. Im Oktober 2021 brannte das zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem leerstehende Gebäude vollständig nieder. Die Allianz kürzte die Leistung allerdings um 60 Prozent und verwies auf die im Versicherungsschein enthaltene Deklaration.
Versicherer kürzt Leistung um 60 Prozent
Hier stand unter anderem: „Das Gebäude ist nicht länger als 6 Monate ununterbrochen unbewohnt.“ Da das Haus jedoch über einen längeren Zeitraum unbewohnt war und der Mann diese Gefahrerhöhung nicht gegenüber der Versicherung angezeigt habe, könne der Versicherer die Leistung kürzen – in diesem Fall um 60 Prozent.
Das OLG Schleswig stellte jedoch fest, dass der Leerstand eines Hauses nicht sofort eine Gefahrerhöhung darstelle. „Im Hinblick auf eine Gefahrerhöhung kann für sich allein betrachtet das bloße Leerstehen eines Wohngebäudes noch nicht als Erhöhung der (Brand-)Gefahr angesehen werden.“ Bei Häusern in geschlossenen Ortschaften, die ordnungsgemäß überwacht werden, sei womöglich sogar das Gegenteil der Fall.
Eine Erhöhung der Brandgefahr sei nur dann zu bejahen, wenn weitere Umstände hinzukommen. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn das Gebäude unbeobachtet weit weg vom Ortsrand liegt, seit dem Auszug der Bewohner erhebliche Zeit verstrichen ist und durch eine Verwahrlosung des Gebäudes dessen Leerstand offensichtlich sei. „Denn jedenfalls bei dem Zusammentreffen solcher Umstände muss davon ausgegangen werden, dass die Brandgefahr erhöht ist, weil das Gebäude zu einem Unterschlupf oder Anziehungspunkt für Wohnsitzlose werden kann, die erfahrungsgemäß mit fremdem Eigentum sorglos umgehen, und weil es auch in erhöhtem Maße einer mutwilligen oder fahrlässigen Brandstiftung durch Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausgesetzt ist“, so das Gericht.
Warum die Versicherung nicht zahlen muss
Im verhandelten Fall war das Gebäude laut diverser Zeugenaussagen in einem schlechten Zustand. Neben eingeworfenen Fensterscheiben und Löchern im Dach wurden auch die Türen des Gebäudes mehrfach von Unbekannten eingetreten. Der Sohn des Klägers berichtete zudem von Zigarettenstummeln und leeren Alkoholflaschen im Gebäude, die darauf schließen lassen, dass dieses regelmäßig von Unbefugten besucht wurde. Das leerstehende Haus war für Dritte umso mehr einladend, da es nach wie vor über Strom verfügte.
Diese Umstände waren dem Hausbesitzer auch bekannt. Entsprechend lag nach Ansicht des Gerichts eine Gefahrerhöhung vor, die der Kläger seiner Versicherung auch unverzüglich hätte anzeigen müssen.
Da er dies unterließ, sei die Allianz zur Kürzung der Leistung berechtig gewesen, befand das OLG. Auch die Höhe der Leistungseinschränkung in Höhe von 60 Prozent bewertete das Gericht als gerechtfertigt.