Debatte um Pflichtversicherung

In diesen Landkreisen ist das Hochwasser-Risiko besonders hoch

Rund 300.000 Adressen liegen laut einer Studie im Auftrag der Versicherer in besonders von Hochwasser gefährdeten Gebieten. Gerade hier müsse Prävention im Vordergrund stehen, fordert der GDV. Derweil scheitert die Union mit einem Antrag im Bundestag.

Author_image
14:06 Uhr | 07. Juni | 2024
Aufräumarbeiten nach Hochwasser in Baden-Württemberg

Im baden-württembergischen Rudersberg laufen die Aufräumarbeiten. Derweil hat der GDV errechnen lassen, in welchen Landkreisen besonders viele Adressen von Hochwasser gefährdet sind.

| Quelle: Thomas Niedermueller / Freier Fotograf

Während die Politik nach den schweren Überschwemmungen in Baden-Württemberg und Bayern erneut über die Einführung einer Pflichtversicherung diskutiert, plädieren die Versicherer für einen weiteren Blickwinkel. Dieser soll auch die Themen Klimafolgenanpassung und Prävention beinhalten

So fordert die Versicherungswirtschaft unter anderem einen Neubaustopp in gefährdeten Gebieten. „Es ist gefährlich und gefährdend, dass in Überschwemmungsgebieten weiterhin Bauland ausgewiesen wird und neu gebaut werden darf”, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Versichererverbands GDV.  „Zu den bereits bestehenden, enormen Risiken kommen auch noch weitere dazu.“

Rund 300.000 Adressen liegen bereits heute in Deutschland in Gebieten, die vom Hochwasser bedroht sind. Das zeigt eine Untersuchung der VdS Schadenverhütung GmbH im Auftrag des GDV. Diese ging der Frage nach, wie viele der rund 22,4 Millionen Adressen in Deutschland in einem von Hochwasser gefährdeten Gebiet liegen. Dazu zählen Gebäude in vorläufig gesicherten und amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten (ungefähr 80 Prozent aller Adressen) sowie solche, die in sogenannten Hochwassergefahrenflächen liegen.

In absoluten Zahlen liegen die meisten gefährdeten Adressen in Bayern: Insgesamt 65.517 Häuser befinden sich somit in einem Überschwemmungsgebiet oder einer anderen Hochwassergefahrenfläche. Gemessen am Gesamtbestand aller Häuser gelten somit 1,78 Prozent alle Häuser im Freistaat als besonders Hochwasser-gefährdet. Auch in Baden-Württemberg (54.593), Rheinland-Pfalz (35.987) und Sachsen (34.671) liegen vergleichsweise viele Häuser in Risikogebieten. Besonders gering ist deren Anzahl indes in den drei Stadtstaaten Bremen (413), Hamburg (234) sowie Berlin (151).

Die Untersuchung hat auch die zehn Kreise mit den höchsten Anteilen an von Hochwasser gefährdeten Gebieten ermittelt. Ganz oben steht hier das thüringische Gera – hier ist mehr als jedes zehnte Haus (11,54 Prozent) gefährdet. Ebenfalls hoch ist die Gefährdungslage in den drei rheinland-pfälzischen Städten bzw. Kreisen Koblenz (11,08 Prozent aller Adressen), Cochem-Zell (10,61) und Trier (9,91).

Die Kreise mit den meisten gefährdeten Adressen

Landkreis/ Stadt

Gefährdete Adressen (absolut)

Gefährdete Adressen (in Relation zum Gesamtbestand)

Kreisfreie Stadt Gera

1.954

11,54%

Kreisfreie Stadt Koblenz

2.688

11,08%

Landkreis Cochem-Zell

3.168

10,61%

Kreisfreie Stadt Trier

2.325

9,91%

Landkreis Kitzingen

3.097

9,49%

Landkreis Ahrweiler

4.223

8,8%

Landkreis Hildburghausen

1.973

8,78%

Landkreis Deggendorf

3.497

8,48%

Landkreis Kronach

2.118

8,22%

Landkreis Rastatt

4.624

7,27%

Im Bezug auf diese Zahlen fordert der GDV, dass insbesondere die besonders gefährdeten Gebäude besonders geschützt werden. Dazu gehört beispielsweise, dass Befestigungen auf dem Grundstück, wie Auffahrten und Wege, aus wasserdurchlässigen Materialien errichtet werden, damit das Wasser versickern kann.

„Für den technischen Hochwasserschutz durch die öffentliche Hand gibt es klare Regelwerke – diese müssen jedoch in der Praxis konsequent angewendet werden. Außerdem müssen Bund, Länder und Kommunen Präventionsmaßnahmen vorantreiben und hinreichend finanzieren”, sagt Käfer-Rohrbach. 

CDU/CSU-Vorschlag abgelehnt

Die Einführung einer Pflichtversicherung, wie von vielen Bundesländern gefordert, sei derweil keine Lösung. Derweil hat der Bundestag am Donnerstag einen Antrag der CDU-/CSU-Fraktion abgelehnt. Dieser sah vor, dass die Wohngebäudeversicherung künftig nur noch mit Elementarschutz verkauft werden sollte. Kunden, die diesen nicht wollen, hätten diesen nur nach Belehrung der Konsequenzen aktiv abwählen müssen. Im Bestandsgeschäft hätten alle Versicherungen zu einem Stichtag mit einer Elementarschutzversicherung erweitert werden sollen – auch hier hätten sich die Kunden aktiv dagegen entscheiden müssen.

Der Antrag von CDU/CSU wurde nur von der AfD unterstützt, die Ampelfraktionen sowie die Linke lehnten ihn ab. Kritik an der ablehnenden Entscheidung des Bundestages gab es prompt vom Bundesverband der Versicherungskaufleute. Dessen Vorsitzender Michael Heinz bezeichnete den Antrag als „konstruktiven Vorschlag aus der Politik, der zudem noch den Zuspruch der Versicherer findet“.

„Wir vom BVK schätzen, dass damit auf einen Schlag mindestens 70 bis 80 Prozent der Gebäudeversicherungen einen Naturgefahrenschutz erhalten hätten“, so der BVK-Präsident. „Damit hätten wir nicht weiterhin bei einem Niveau von 52 Prozent bis zum nächsten Hochwasser gedümpelt. Privatwirtschaftliche Lösungen können in der Regel auch schneller und unkomplizierter umgesetzt werden als staatliche Obligatorien."