Gekürzte Rentenfaktoren

Zurich kassiert Niederlage im Streit um Rentensenkung

Ein Urteil mit Signalwirkung? Die Zurich hatte die Höhe einer zugesagten Riester-Rente nachträglich nach unten gesetzt. Zu Unrecht, befand nun das Landgericht Köln. Für die Bürgerbewegung Finanzwende ist der Richterspruch auch ein Signal an die Politik.

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13:02 Uhr | 24. Februar | 2023
Zurich Versicherung

Die Zurich darf den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor in einer fondsgebundenen Riester-Versicherung nicht einfach nach unten setzen, entschied nun das Landgericht Köln in einem aktuellen Urteil

| Quelle: Zurich

Dieses Urteil könnte für Aufsehen sorgen: Das Landgericht Köln hat entschieden (Az: 26 O 12/22), dass die Zurich Deutscher Herold nicht einseitig den Rentenanspruch eines Riester-Sparers kürzen darf. Geklagt hatte ein Kölner, der 2006 eine fondsgebundene Riester-Versicherung abgeschlossen hatte. Seitdem hatte er Monat für Monat 100 Euro in diese eingezahlt.

Diesem war bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellt worden, dass ihm zu Rentenbeginn je angesparten 10.000 Euro eine Monatsrente in Höhe von 37,34 Euro ausgezahlt werde. Im Jahr 2017 erreichte den Mann dann allerdings ein Schreiben des Versicherers, in dem dieser den Mann darüber informierte, dass man den sogenannten Rentenfaktor abgesenkt habe. Zu seinem Rentenbeginn im Jahr 2039 solle der Mann nur noch 27,97 Euro je 10.000 Euro angespartem Kapital erhalten. Eine Kürzung von rund einem Viertel.

Unangemessene Benachteiligung

„Hochgerechnet auf eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 20 Jahren ergibt sich hieraus eine Summe von 29.000 Euro, die dem Sparer entgeht“, bemerkte Britta Langenberg, Vorsorgeexpertin bei der Bürgerbewegung Finanzwende. Der Verein hatte den Zurich-Kunden bei seiner Klage gegen den Versicherer unterstützt und informierte am Freitag bei einem Presse-Gespräch über das Urteil.

In diesem folgte das Kölner Landgericht der Argumentation des klagenden Riester-Kunden. Die entsprechende Klausel in den Vertragsbedingungen, mit der sich die Zurich die Anpassung des Rentenfaktors vorbehielt, ist aus Sicht des Gerichts unwirksam, da sie den Kunden unangemessen benachteilige.

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„Anpassungsklauseln dürfen nicht nur bei Äquivalenzstörungen zulasten des Versicherers eine Anpassung vorsehen. Vielmehr müssen sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in beide Richtungen wahren“, heißt es im Urteil, das die Bürgerbewegung Finanzwende auszugsweise auf ihrer Seite veröffentlicht hat.

Das heißt übersetzt: Der Versicherer behielt sich zwar das Recht vor, bei einer sich verschlechternden Lage am Kapitalmarkt den Rentenfaktor abzusenken. Sollte es am Kapitalmarkt jedoch besser laufen als gedacht, hatte das keine Folgen, der Rentenfaktor wurde in diesen Fällen nicht erhöht. „Das ist eine einseitige Interessenwahrung“, kritisierte Rechtsanwalt Knut Pilz, der das Urteil erstritten hat. 

Zehntausende Kunden können profitieren

Auch dürfe der Versicherer das Kapitalmarktrisiko nicht allein auf den Kunden abwälzen, bemerkte Pilz.

Aus Sicht der Finanzwende kann das Urteil – sofern es rechtskräftig wird – eine Wirkung über den Einzelfall hinaus entfalten. „Es ist ein Urteil mit Signalwirkung“, bemerkte Langenberg. Nicht nur die Zurich hatte in der Vergangenheit den Rentenfaktor bei ihren Verträgen herabgesetzt, auch andere Anbieter haben in der Vergangenheit zu dieser Maßnahme gegriffen. Anwalt Pilz nannte in diesem Zusammenhang den deutschen Marktführer Allianz Leben. Nach Schätzungen von Finanzwende könnten zehntausende Versicherte vom nun ergangenen Urteil profitieren.

Für Langenberg geht aus dem Urteil nicht nur ein Signal an die Verbraucher, sondern auch an die Versicherer aus. Dieses stelle ein Gebot der Klarheit dar, da sich Kunden auf die in Aussicht gestellte Rente verlassen können müssen. Dies sei entscheidend für die Planbarkeit, auf die es in der Altersvorsorge wesentlich ankomme.

Signal an die Politik

Darüber hinaus sieht die Finanzwende-Expertin in dem Urteil auch ein Signal an die Politik, die derzeit über die Zukunft der Riester-Rente debattiert. So war vor Kurzem die sogenannte Fokusgruppe Altersvorsorge zu ihrer ersten Sitzung zusammengekommen. „Die Versicherer haben sich bislang nicht als Vertragspartner empfohlen“, bemerkte Langenberg mit Blick Richtung Berlin.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. So hat die Zurich einen Monat nach Urteilszustellung Zeit, Berufung gegen den Kölner Richterspruch einzulegen. Ob die Zurich hiervon Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten – der Versicherer teilte auf Nachfrage mit, dass das Urteil ihn überrascht habe. „Wir analysieren derzeit die schriftliche Urteilsbegründung und werden dann über die weitere Vorgehensweise entscheiden“, sagte ein Sprecher.

Sollte der Versicherer Berufung einlegen, müsste sich das OLG Köln mit dem Fall befassen.