Zurich: Erste Zahlungen an geschädigte Cook-Urlauber
Die begrenzte Versicherungssumme von 110 Millionen Euro ist auf jeder Pauschalreisebuchung ausgewiesen, doch Urlauber bekommen da nur 17,5 Prozent ihres Reisepreises zurück. Bild: Archiv/Pohl
Für die Entschädigung wurde eine vorläufige Quote von 17,5 Prozent zugrunde gelegt. Das Gesetz sieht vor, dass der Erstattungsbetrag quotiert, also anteilig gekürzt wird (Paragraf 651r Absatz 3 Satz 4 BGB). Hintergrund: Für die Rückholung von Urlaubern seien laut Zurich schon 60 Millionen Euro angefallen. Sollte dieser Betrag auf die Gesamthaftungssumme angerechnet werden, müssten alle, die ihre Reise noch nicht angetreten haben, mit dem verbleibenden Rest vorliebnehmen. Ob eine solche Verrechnung zulässig ist, war zwischen der Bundesregierung und dem Versicherer lange umstritten (procontra berichtete).
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Steuerzahler müssen kräftig bluten
Das Gros der offenen Rechnung – immerhin 82,5 Prozent des jeweiligen Reisepreises - will nun der Bund erstatten. Die Bundesregierung hatte bereits am 11. Dezember 2019 mitgeteilt, dass sie den Thomas-Cook-Kunden die Differenz zwischen ihrer Zahlung und dem, was sie von Zurich oder anderer Seite zurückerhalten haben, ausgleicht (procontra berichtete).
Der Reputationsschaden für die Reisebranche ist gewaltig, der Vertrauensschaden in die Gesetzgebung auch, denn der löchrige Insolvenzschutz für Pauschalreisende war längst bekannt. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hatte vor drei Jahren angekündigt, ein Gutachten darüber einzuholen, ob und um wieviel der Höchstbetrag angehoben werden muss. Bis heute liegt es nicht vor.
Die mit der Abwicklung von Ansprüchen von Zurich beauftragte Kaera AG informierte mit Verweis auf die Bundesregierung, dass die Thomas-Cook-Kunden aktuell nicht selbst aktiv werden müssten, um ihre Rechte zu wahren. Die Bundesregierung wolle „Anfang 2020 über die weiteren Schritte zur Abwicklung informieren“. Zurich selbst aktualisiert ständig seine Informationen zum Fall im Internet.
Noch keine Lösung für höhere Dotierung des Pleitenfonds
Künftig soll die Entschädigungssumme bei Reisepleiten dem Vernehmen nach auf 300 Millionen Euro pro Geschäftsjahr und Versicherer steigen. Womöglich kommt es alternativ zu einem Rettungsfonds nach britischem Vorbild, in den alle Anbieter je Kunde eine Pauschale einzahlen. Dazu müsste das Reiserecht geändert werden. Bis dahin bleibe es wohl weiter einer Staatshaftung. Dies geschehe jetzt „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung unzähliger Rechtsstreitigkeiten“, relativierte die Bundesregierung.
Andere Reiseversicherungen als die Reisepreis-Sicherung greifen im Insolvenzfall des Veranstalters nicht. Berater können ihre Kunden jetzt im Prinzip nur moralisch unterstützen und allenfalls beim Ausfüllen des Schaden-Webformulars helfen. Das ist noch bis September 2020 möglich. Für Reisen, die noch in der Ferne liegen - auch davon gibt es viele über Thomas-Cook-Gruppe gebuchte -, könnten allenfalls Reiserücktritts-Versicherungen in Betracht kommen. Die springen jedoch nur in genau abgegrenzten gesundheitlich oder beruflichen Notlagen ein (procontra berichtete).
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