Wer zahlt, wenn das Auto plötzlich losrollt?

Über die Zahlung eines Vollkaskoschadens aufgrund einer führerlosen Fahrt hatte das Augsburger Amtsgericht zu entscheiden. Der beklagte Kfz-Versicherer hatte seiner Kundin unter anderem grobe Fahrlässigkeit bei der Sicherung ihres Pkw vorgeworfen.

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09:01 Uhr | 09. Januar | 2019
Wenn ein geparktes Auto plötzlich losrollt und dabei Schaden nimmt, handelt es sich auch um einen versicherten Unfall.

Wenn ein geparktes Auto plötzlich losrollt und dabei Schaden nimmt, handelt es sich auch um einen versicherten Unfall. Bild: 7854/Pixabay

Eine Frau hatte ihren Pkw auf einem Parkplatz abgestellt und sich anschließend von dem Fahrzeug entfernt. Etwas später hatte sich das Auto plötzlich von selbst in Bewegung gesetzt und war führerlos vorwärts gerollt. Dabei durchquerte es einen Graben und prallte letztendlich leicht gegen eine Hauswand, wo es zum Stehen kam. In dem Graben hatte das Fahrzeug einen abgesägten Baumstumpf überrollt. Dabei war der hauptsächliche Schaden – eine Beschädigung des Abgasrohres – entstanden. Diesen wollte die Frau von ihrer Kfz-Vollkaskoversicherung ersetzt bekommen.

Der Versicherer lehnte die Schadenzahlung jedoch ab. Er erklärte, dass das führerlose Rollen eines Pkw gegen eine Hauswand keinen Unfall darstelle und daher kein Versicherungsfall vorliege. Darüber hinaus habe die Frau grob fahrlässig gehandelt, da sie ihr Fahrzeug nach dem Abstellen nicht ordnungsgemäß gesichert hatte.

Gericht sieht keine grobe Fahrlässigkeit

Diese Entscheidung wollte die Versicherte nicht auf sich sitzen lassen und klagte dagegen vor dem Augsburger Amtsgericht – mit Erfolg. Denn die Richter betrachteten das Überrollen eines abgesägten Baumstumpfes und den Anstoß des Pkw gegen die Hauswand – entgegen den Ausführungen des Kfz-Versicherers – sehr wohl als Unfall. Zwar würde die Ursache des Unfalls, die nicht ordnungsgemäße Sicherung des Fahrzeugs, selbst noch keinen Unfall darstellen. Ein solcher sei jedoch zu erwarten, wenn sich das Auto von selbst in Bewegung setzt.

Ein grob fahrlässiges Handeln der Frau bei der Sicherung des Fahrzeugs konnte die beklagte Versicherung nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen. Zwar möge im konkreten Fall der Anscheinsbeweis dafür sprechen, dass die Klägerin das Fahrzeug nur unzureichend gegen ein Wegrollen gesichert hatte, so das Gericht. Jedoch ließe sich der Beweis eines fahrlässigen Handelns nicht allein dadurch erbringen, dass sich aus nachträglich nicht mehr aufklärbaren Gründen herausstelle, dass die Routinehandlung in der konkreten Situation nicht korrekt ausgeführt wurde. Schließlich würde grobe Fahrlässigkeit einen objektiv schweren Verstoß gegen die im konkreten Fall gebotene Sorgfalt voraussetzen. Einen solchen sah das Gericht allerdings nicht gegeben und verurteilte den Kfz-Versicherer zur Zahlung des Schadens. Das Urteil vom 11.04.2018 (Az: 22 C 4977/17) ist mittlerweile rechtskräftig.