Kaltakquise

Was ist Versicherungsvermittlern beim Kundenfang erlaubt?

Unerlaubter Werbekontakt ist ein Problem in der Versicherungsbranche. Dürfen Makler Verbraucher einfach anrufen oder potenziellen Gewerbekunden E-Mails schicken? Fabio Schulze, Syndikusrechtsanwalt der Wettbewerbszentrale, klärt auf.

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16:01 Uhr | 24. Januar | 2024
Was ist Versicherungsvermittlern beim Kundenfang erlaubt?

Wer als Versicherungsvermittler Kaltakquise betreibt, zum Beispiel durch Cold Calls, kann mit hohen Bußgeldern belangt werden.

| Quelle: Andrew_Rybalko

procontra: Unter welchen Voraussetzungen dürfen Versicherungsvermittler Verbraucher anrufen, um ihnen Versicherungen anzubieten oder Beratungstermine zu vereinbaren?

Fabio Schulze: Versicherungsvermittler dürfen Verbraucher zu Werbezwecken nur dann telefonisch kontaktieren, wenn die Verbraucher der Werbung mit einem Telefonanruf vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Liegt eine solche vorherige ausdrücklich Zustimmung nicht vor, so handelt es sich grundsätzlich um eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers. Eine bestimmte Form ist für die Einwilligung nicht vorgeschrieben, sodass ihre Erteilung auch mündlich möglich ist. Die Einwilligung darf auch im Rahmen einer sogenannten Einwilligungsklausel durch AGB erfolgen. Die Erteilung der Einwilligung muss jedoch vom Unternehmer dokumentiert und ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahrt werden.

procontra: Gibt es hier Unterschiede bei der Art des Kommunikationskanals, also wenn der Vermittler sich zum Beispiel per E-Mail meldet?

Schulze: Bei der Werbung über andere Kommunikationskanäle ist der Gesetzgeber weniger streng. So ist etwa persönlich adressierte Werbung per Brief, also keine Wurfsendung, grundsätzlich zulässig. Bei der Werbung unter Verwendung elektronischer Post – wie etwa per E-Mail – muss zwar auch eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegen. Eine unzumutbare Belästigung liegt aber nicht vor, wenn:

  • ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,

  • der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,

  • der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat

  • und der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann.

procontra: Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf Gewerbetreibende, also beim B2B-Kontakt?

Schulze: „Im Verhältnis B2B genügt für Telefonwerbung die mutmaßliche Einwilligung des Unternehmers. Ob eine solche vorliegt, muss im Einzelfall geprüft werden. Die Gerichte gehen in der Regel nur dann von einer mutmaßlichen Einwilligung aus, wenn der Werbeanruf das Kerngeschäft des Unternehmens betrifft, während allgemeine Werbeanrufe, also solche für Waren und Dienstleistungen, die keinen besonderen Bezug zum Angerufenen haben und für jedes Unternehmen von Bedeutung sein können, unzulässig sind. Für den Bereich der Versicherungsvermittlung wird man daher nicht schon deshalb von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgehen können, wenn ein Unternehmen – wie jedes andere auch – einen Bedarf nach Versicherung von unternehmerischen Risiken hat. Bei der Werbung mittels elektronischer Kommunikationsmittel muss im Übrigen auch im Verhältnis B2B eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegen.

procontra: Welche Strafen drohen bei Zuwiderhandlung?

Schulze: Liegt eine entsprechende Einwilligung nicht vor, so kann es sich zunächst einmal um unlauteren Wettbewerb handeln. Mitbewerber oder qualifizierte Verbände könnten dann Unterlassung verlangen und diesen Unterlassungsanspruch auch gerichtlich durchsetzen. Hält sich ein Unternehmer nicht an eine solche Unterlassungsverpflichtung, so drohen Ordnungsgelder. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern kann darüber hinaus auch ordnungswidrig sein. Die Bundesnetzagentur kann Bußgelder festsetzen und die Durchführung von Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern untersagen.

procontra: Gibt es auch irgendwelche legalen Möglichkeiten zur Kaltakquise, also um schnell möglichst viele potenzielle Neukunden auf sich aufmerksam zu machen?

Schulze: Die sogenannte Kaltakquise ist nur erlaubt, wenn sie keine unzulässige Belästigung darstellt. Ist die Einhaltung der oben genannten Voraussetzungen nicht sichergestellt, bleibt wohl nur die Möglichkeit, dass sich interessierte Kunden selbst bei dem Unternehmen melden.