Urteil

Versicherungsnehmer müssen Vermögensverhältnisse offenlegen

Wenn es zu einem Schaden kam, müssen die Versicherungsnehmer bei der Aufklärung helfen. Doch wie weit reicht diese Obliegenheit? Rechtsanwalt Stephan Michaelis weist auf ein aktuelles Urteil und eine potenzielle Haftungsfalle für Makler hin.

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12:10 Uhr | 02. Oktober | 2023
Kontoauszug

Die Auskunftspflicht gegenüber dem Versicherer geht weit und erstreckt sich auch auf die eigenen Vermögensverhältnisse.

| Quelle: Rudi_Lange

Wie weit geht die Auskunftsobliegenheit nach einem Versicherungsfall? Oder weniger technokratisch formuliert: Darf der Versicherer seine Kunden nach einem Schaden fragen, wie es finanziell bei ihnen ausschaut?

Nachdem zuletzt schon das Landgericht Hamburg die Auskunftspflicht der Kunden sehr weit fasste, macht nun Rechtsanwalt Stephan Michaelis auf ein Urteil des Landgerichts Osnabrück (Az: Urteil vom 24.05.2023) aufmerksam, das ebenfalls die Auskunftsobliegenheit der Versicherungsnehmer in den Vordergrund rückt.

Zum Sachverhalt: Eine Restaurantbesitzerin hatte für ihr Lokal eine Gebäudeversicherung abgeschlossen, die auch Schäden durch Feuer mit abdeckte. Zwei Monate nach Abschluss der Versicherung kam es zu einem Brand in dem Restaurant, durch den ein Schaden von rund 650.000 Euro entstand. Die Ursache: Brandstiftung. Nachdem zunächst gegen den Lebenspartner der Restaurantbesitzerin ermittelt wurde, stellte die Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen schließlich ein.

Versicherer verweigert Leistung

Im Laufe der Schadenbearbeitung fragte der Versicherer auch nach den Vermögensverhältnissen der Frau. Diese Frage beantwortete sie allerdings nur rudimentär, woraufhin der Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen die Aufklärungsobliegenheit die Leistung verweigerte.

Die Klage der Frau lehnte das Osnabrücker Landgericht ab. Denn die Auskunftsobliegenheit wird vom Bundesgerichtshof (Az: IV ZR 307/04) sehr weit gefasst. Welche Informationen der Versicherer erfragt, ist weitestgehend ihm überlassen. Dazu können auch Fragen zu den Vermögensverhältnissen des Versicherungsnehmers gehören: Schließlich können sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Eintritt des Versicherungsfalls und die damit verbundene Entschädigungsleistung der finanziellen Interessenlage des Versicherungsnehmers entspricht. Genauso hatte auch das Hamburger Landgericht argumentiert.

Auch der Grundsatz „nemo tenetur“, wonach man sich nicht selbst belasten muss, gelte gegenüber Versicherungen nicht, bemerkt Michaelis.

Makler sind also gut beraten, ihre Kunden auf die Tragweite der Auskunftsobliegenheit hinzuweisen und ihnen nicht empfehlen, auf die Fragen des Versicherers nicht zu antworten. Kommt es nämlich zu einem rechtskräftigen Urteil zu Ungunsten des Versicherungsnehmers und der Makler hatte diesem vorher geraten, bestimmte Auskünfte dem Versicherer nicht zu erteilen, kann der Kunde versuchen, den Makler für den entstandenen Vermögensschaden haftbar zu machen. Der Versicherungsmakler müsse dann für seine unrichtige Empfehlung bis zur Höhe der berechtigten Versicherungsleistung haften, warnt Michaelis.