Vorsicht bissig

Streicheln begründet keine Mitschuld

Begründet das Streicheln eines Hundes eine Mitschuld, wenn dieser dann zubeißt? Über diese Frage hatte vor Kurzem das Landgericht Frankenthal zu entscheiden.

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08:12 Uhr | 22. Dezember | 2022
Hund

Wer einen Hund anfasst und von diesem gebissen wird, muss sich nicht automatisch eine Mitschuld anrechnen lassen.

| Quelle: fotografixx

„Och, ist der aber süß“. So mancher Hund löst bei Menschen das Bedürfnis aus, mit dem vermeintlich knuffigen Vierbeiner auf Tuchfühlung zu gehen. Nicht immer wird der Wunsch nach körperlicher Nähe jedoch auch vom Gegenüber geteilt. Im ungünstigsten Fall gibt der Hund sein Bedürfnis nach Distanz in Form eines Bisses wieder.  

Doch ist das Streicheln und Umarmen des Hundes als Mitschuld zu werten, wenn das Tier dann zubeißt? Über diese Frage hatte vor Kurzem das Landgericht Frankenthal zu entscheiden (Az: 9 O 42/21).  

Eine junge Frau war zu Besuch bei einer Freundin und deren Rottweil-Rüden, mit dem die junge Frau gut vertraut war. Schon häufiger hatte sie mit dem Hund gespielt oder diesen gestreichelt, jedes Mal ohne Probleme. Dieses Mal schnappte der Hund, als sie diesen über den Kopf streicheln wollte, allerdings zu und biss der jungen Frau ins linke Ohr. Die Wunde musste mit zahlreichen Stichen genäht werden. Noch immer klagt die Frau über Schmerzen bei Druck- oder Kälteeinwirkungen.  

Die junge Frau verklagte daraufhin den Bruder ihrer Freundin, der der Halter des Hundes war. Dieser argumentierte jedoch, die Frau habe den Vorfall selbst verschuldet – schließlich habe sie durch ihr Herunterbeugen das Tier gestört.  

Dieser Argumentation wollte das Landgericht allerdings nicht folgen. Ein Hundehalter hafte immer für sein Tier, selbst dann, wenn diesem kein falsches Verhalten vorzuwerfen ist. Zwar müssen sich Verletzte unter Umständen eine Mitschuld anrechnen lassen. In diesem Fall könne der jungen Frau allerdings kein Fehlverhalten vorgeworfen werden. Die bloße Hinwendung zu einem Tier, etwa durch Streicheln oder Umarmen, könne ein Mitverschulden nicht begründen. Dies gilt zumindest dann, wenn man das Tier bereits seit einiger Zeit kenne und dieses bislang nicht durch aggressives Verhalten auffällig geworden sei.  

Der verletzten Frau stehe folglich das volle Schmerzensgeld zu. Das Urteil ist rechtskräftig.