EU-Kleinanlegerstrategie

Provisionsverbot laut AfW-Gutachten rechtswidrig

Ein Provisionsverbot nur für Versicherungsmakler wäre rechtswidrig – zu diesem Ergebnis kommt der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski. Zudem brächte es eine Vielzahl von negativen Folgen für die Branche mit sich.

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16:08 Uhr | 28. August | 2023
Provisionsverbot laut AfW-Gutachten rechtswidrig

Ein Provisionsverbot nur für Versicherungsmakler wäre, laut einem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski im Auftrag der AfW, rechtswidrig.

| Quelle: Pohl

Ein Gutachten im Auftrag des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW kommt zu dem Ergebnis, dass die EU-Kleinanlegerstrategie in ihrer aktuell beabsichtigten Form teilweise gegen europäisches Recht verstößt. Vor allem die beabsichtigte Regelung in Artikel 30 Abs. 5b RL-E sei nicht mit der bestehenden europäischen Rechtslage vereinbar. Das dürfte ganz besonders Versicherungsmakler freuen. Denn dieser Punkt beinhaltet das „versteckte Provisionsverbot nur für Makler“, das die Vermittlerverbände AfW und VOTUM in dem Entwurf entdeckt haben wollen.

Zwar gibt es auch hochrangige Aussagen, wonach es sich bei dem Punkt eben nicht um ein Provisionsverbot nur für Makler handle. Der AfW will hier aber lieber auf Nummer sicher gehen und forciert die ersatzlose Streichung dieser Regelung. Um dies zu erreichen hat der Verband bei Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dabei hat der AfW offenbar auch Unterstützung von Maklerpools erhalten.

Gutachten sieht mehrere Rechtsverstöße

Schwintowski kommt in seiner Arbeit zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Regelung in Artikel 30 Abs. 5b RL-E rechtswidrig ist. Dies begründet er mit folgenden Verstößen:

  • Fehlende Kompetenzgrundlage, um diese Regelung zu legitimieren, da die Art. 62 und 53 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dafür nicht greifen würden.

  • Verletzung des Kohärenzprinzips (Art. 7 AEUV), des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 EUV).

  • Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) und des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb (Artt. 119, 120 AEUV).

  • Ebenfalls verletzt seien die wirtschaftliche Freiheit (Art. 15/16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – EU-GRCh) und der Gleichheitssatz (Art. 20 EU-GRCh).

Makler-Wegfall ginge zu Lasten der Kunden

Unabhängig von konkreten Rechtsgrundlagen würde ein Provisionsverbot für die Beratung und Vermittlung zu Versicherungsanlageprodukten, aus Schwintowskis Sicht, Maklern die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Vertretern entziehen. Dies käme einer Benachteiligung und Diskriminierung gleich.

Wenn aber die Makler durch eine so deutliche Erschwerung ihrer Tätigkeit quasi wegfallen würden, würden die Kunden gerade die Vermittler verlieren, die ihnen jeweils die besten Produkte empfehlen würden. Erst kürzlich hatte sich der deutsche Fondsverband BVI dahingehend geäußert, dass die Einführung eines Provisionsverbots Anleger eher von der Investition in Aktien und Fonds abbringen könnte. Der hauptsächliche Sinn der EU-Kleinanlegerstrategie wäre damit konterkariert.

Dolchstoß für den Wettbewerb

Zudem beschreiben Schwintowski und der AfW die Maklerinnen und Makler als wesentlichen Treiber eines Wettbewerbs um die besten Produkte. Ohne sie würde sich der Wettbewerb um bessere Produkte im Markt nicht weiter entfalten, da es nicht im Interesse der gebundenen Vermittler liege, so die Einschätzung. Das vollständige Rechtsgutachten von Professor Schwintowski kann hier eingesehen werden.

Der AfW hat seine Empfehlung zur ersatzlosen Streichung des Art. 30 Abs. 5b RL-E auf Basis des Rechtsgutachtens an die Europäische Kommission als Stellungnahme eingebracht. Diese ist hier einsehbar.