Maklerwechsel: Muss der Versicherer dem Altmakler helfen?

Droht ein Handelsvertreter einen Kunden zu verlieren, muss sein Versicherer ihm eine Stornogefahrmitteilung schicken, damit er im Kundengespräch den Wechsel noch verhindern kann. Doch wie sieht das beim Wechsel unter Maklern aus?

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08:12 Uhr | 22. Dezember | 2020
Maklerwechsel; Bild: Pixabay/Gerd Altmann

Neue Willenserklärungen des Kunden zu seinem Betreuer in entscheiden auch darüber, wer ab wann die Courtage erhält. Bild: Pixabay/Gerd Altmann

Maklervollmachten gelten unbefristet, solange der Kunde an der Betreuung festhält. Dennoch glauben offenbar mehrere Versicherer an ein Verfallsdatum von Maklervollmachten. Das ist rechtlich nicht haltbar, da Paragraf 170 BGB klar sagt: Wird die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten erteilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird. Einzig der Kunde kann also die Vollmacht zurückziehen.

Doch wie ist die Lage, wenn der Kunde eines Maklers einen neuen Makler mit der Betreuung beauftragt? Einen Handelsvertreter müsste der Versicherer bei einem drohenden Vermittlerwechsel informieren und ihm Gegenmaßnahmen ermöglichen, um wechselwillige Kunden zu halten. Unterbleibt eine Stornogefahrmitteilung, hat der Vertreter weiterhin Anspruch auf Provision oder Schadenersatz (BGH-Urteil vom 28. Juni 2012; Az.: VII ZR 130/11).

In der Regel keine Information vom Versicherer

Anders bei einem Makler: Er hat keinen weiteren Anspruch auf Courtage oder Schadenersatz, wenn der Versicherer ihn nicht vom neuen Kundenwunsch informiert. Begründung: Der Makler steht nicht im Lager des Versicherers. Daher ist der Versicherer nicht verpflichtet, dem Altmakler Gegenmaßnahmen zu ermöglichen, um den Kunden bei einem von ihm selbst gewünschten Maklerwechsel zu halten.

Wie der WVM Wirtschaftsdienst Versicherungsmakler weiter berichtet, ist der Makler als Sachwalter des Kunden nicht ebenso schutzwürdig wie ein Versicherungsvertreter. Schutzwürdig sind jedoch Untervertreter des Maklers, sofern er mit solchen Vermittlern zusammenarbeitet.

Zweite Ausnahme: Im Einzelfall ist der Makler unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (Paragraf 242 BGB) in gleicher Weise schutzbedürftig wie ein Vertreter ist (BGH-Urteil vom 1. Dezember 2010; Az.: VIII ZR 310/09). Dafür sprächen laut BGH vor allem laufend gezahlte Courtagevorschüsse, die Einbindung in die Organisationsstruktur des Versicherers und die Zahlung eines Organisationszuschusses sowie eines Bestandspflegegelds.

Maklerusancen bei Sachversicherungen beachten

Bei einjährigen Versicherungsverträgen in der Sachversicherung sind zudem die sogenannten Maklerusancen zu beachten. Das bedeutet: Die Vorlage einer neuen Vollmacht beim Versicherer wirkt wie eine Änderungskündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, sprich zum Ablauf des Versicherungsvertrages. Die Usancen regeln, wie mit dem Courtageanspruch bei Fortbestehen des Versicherungsvertrages verfahren werden soll.

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Beispiel: Zeigt der Neumakler den Maklerwechsel bei einem einjährigen Versicherungsvertrag dem Versicherer erst nach dem 30. September an, also nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist der Police, so behält der Altmakler den Courtageanspruch auch ab der Fälligkeit 1. Januar für den gesamten Beitrag des Folgejahres. Grund: Der Neumakler hätte mit seiner Vollmacht die Police nicht mehr zum 1. Januar kündigen können. Bei Mehrjahresverträgen wird die Restcourtage des Altmaklers ab dem nächsten Versicherungsjahr bis zum regulären Kündigungstermin der Police überwiegend aufgeteilt, aus Vereinfachungsgründen zumeist je zur Hälfte.

Courtage teilt das Schicksal des Beitrags

Sofern nichts anderslautendes in der Courtagevereinbarung geregelt ist, wird auf den Schicksalsteilungsgrundsatz Bezug genommen. Mit der Zahlung des Beitrags durch den Kunden ist die Courtage verdient. Der Grundsatz gilt im Guten wie im Bösen: Zahlt der Kunde den Beitrag nicht, so fällt der Courtageanspruch weg. Folglich ist vorschüssig empfangene Courtage zurückzuzahlen. Dasselbe gilt, wenn der Versicherungsvertrag nichtig ist oder rückwirkend aufgehoben wird.

Der Courtageanspruch für den Altmakler bleibt nur bestehen, wenn Kunde und Versicherer arglistig zusammengewirkt und gegen Treu und Glauben verhindert haben, dass Beitrag gezahlt werden muss. In diesem Fall können beide den Courtageanspruch des Versicherungsmaklers aufgrund des Aufhebungsvertrags nicht vereiteln. Die Beweislast liegt allerdings beim Makler.

Erfahrungen aus einer früheren Umfrage

Bei einer Maklerumfrage des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) vor einigen Jahren hatten 60 Prozent der Teilnehmer angegeben, Probleme bei der Nachvollziehbarkeit des Maklerwechsels zu haben. Dennoch beschwerten sich nur knapp zwei Drittel der Betroffenen beim Versicherer. Andere haben vor allem Kontakt zum Kunden gesucht, da das Mandat des Kunden noch nicht schriftlich widerrufen worden war.

Insgesamt hatten die befragten Makler schon mit rund 80 Gesellschaften Ärger, wenn sie für einen neu gewonnen Kunden Bestandspflegevergütung geltend gemacht haben. Wichtig für den Altmakler: Er sollte sich beim Versicherer erkundigen, ob der Neumakler im Maklervertrag auch die Haftung für bestehende Verträge übernimmt. Falls nicht, sollte der Altmakler den bestehenden Maklerauftrag mit seinem Mandanten sofort kündigen. Bis dahin bleibt er nämlich objektiv in der Haftung und der Versicherer in der Zahlungspflicht. „Es lohnt in jedem Einzelfall das Gespräch mit dem Versicherer, um strittige Fragen zu klären“, so IVFP-Chef Michael Hauer.

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