Lebensversicherung: Legal Techs scheitern vor Gericht
Die sogenannten Legal Techs wollen Verbrauchern zu ihrem Recht verhelfen. Neben Schadenersatz aus Mietverträgen und Geld für ausgefallene Reisen haben sich die jungen Online-Rechtsdienstleister vor allem das Geschäftsfeld Lebensversicherung herausgepickt. Durch das „ewige Widerrufsrecht“ aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung seitens der Versicherer können deren Kunden mit einer Rückabwicklung des Vertrages mehr Geld herausholen als der Rückkaufswert der Police aktuell verspricht. Bei der Durchführung dieser Rückabwicklungen wollen Legal Techs den Versicherungsnehmern beistehen – und mitverdienen.
Dieses Vorgehen führt aber immer wieder zu Konflikten mit den betroffenen Versicherungsunternehmen, wie der Rechtsstreit zwischen dem Düsseldorfer Dienstleister Helpcheck und der Nürnberger Lebensversicherung zeigt. Das Legal Tech erhält zwischen rund 30 und rund 40 Prozent der Differenz, die der Kunde aus einer Rückabwicklung gegenüber einer Vertragskündigung (Rückkaufswert) erzielt, als Erfolgshonorar. Dagegen klagte die Nürnberger bereits 2019. Das Düsseldorfer Unternehmen ist unter anderem als Versicherungsberater gemäß Paragraf 34 d Abs. 2 GewO registriert. Versicherungsberatern hat der BGH aber im Juni 2019 die Annahme eines Erfolgshonorars untersagt (Az: I ZR 67/18).
Zwei aktuelle Niederlagen für Legal Techs
Auch andere Gerichtsverfahren verdeutlichen das Konfliktpotenzial zwischen den jungen Rechtsdienstleistern und den Versicherern. Zwei kürzliche Entscheidungen haben den Legal Techs ihre Grenzen aufgezeigt – wenngleich beide Urteile noch nicht rechtskräftig sind.
So hat das Landgericht Nürnberg-Fürth einem solchen Dienstleister für unter anderem Policen-Rückabwicklungen untersagt, den betroffenen Versicherungsunternehmen den Kontakt zu ihren Kunden zu verbieten (Urteil vom 09.12.2020, Az: 4 HK O 2871/18). Das Legal Tech hatte sich von den Versicherungsnehmern, deren LV-Policen er rückabwickeln soll, bestätigen lassen, dass der Versicherer nur noch über ihn korrespondieren und seine Kunden nicht mehr kontaktieren darf. Das Gericht beurteilte ein solches Kontaktverbot als unzulässige Behinderung des Versicherers. Es müsse dem Versicherer möglich bleiben, den Versicherungsnehmer über die Folgen seines Verkaufs zu informieren und zu versuchen, ihn zurück zu gewinnen. Für solche Kontaktsperren gebe es keinen sachlichen Vorteil, außer sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Vergleichbar haben bereits andere Gerichte entschieden.
Ein anderes Legal Tech kassierte mit Urteil vom 03.12.2020 eine Schlappe vor dem Münchner Oberlandesgericht (Az: 29 U 7047/19). Anders als beispielsweise Helpcheck verfügte dieses nicht über die Erlaubnis als Versicherungsberater, sondern nur über die Inkassoerlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz – in dieser Form agieren viele Legal Techs. Das Gericht kritisierte, dass das Unternehmen dennoch konkret die Überprüfung und mögliche Rückabwicklung von Lebensversicherungsverträgen im Internet anbot. Dies stelle aber eine erlaubnispflichtige Beratung über Versicherungen dar, die ohne die in der Gewerbeordnung geregelte Erlaubnis unzulässig sei.
Das Verfahren der Nürnberger gegen Helpcheck vor dem Landgericht Düsseldorf läuft derweil noch. Helpcheck-Geschäftsführer Peer Schulz hatte sich diesbezüglich gegenüber den Medien gelassen gezeigt. Dennoch steht einiges auf dem Spiel. Schließlich stellt die Klage des Versicherers sein gesamtes Geschäftsmodell infrage beziehungsweise würde eine Niederlage dieses zumindest deutlich beschneiden.