Pensionskassen legen in diesen Wochen vermehrt ihre Geschäftsberichte für 2019 vor, darunter auch Deutschlands größte Pensionskasse BVV (procontra berichtete). Kürzlich folgte der Jahresabschluss 2019 der 1930 als Pensionskasse der chemischen Industrie Deutschlands gegründeten und 1996 nach Öffnung für alle Branchen umbenannten Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (PKDW).
Die regulierte Kasse hatte 2003 Leistungen gekürzt. Daraufhin war sie von einem betroffenen Betriebsrentner verklagt worden, der kürzlich vor dem Bundesarbeitsgericht scheiterte, den gekürzten Betrag nachgezahlt zu bekommen. Er geht leer aus, weil er durch die gekürzte Pensionskassenrente weder unter die Armutsgrenze fällt noch eine Kürzung um mehr als die Hälfte hinnehmen musste (procontra berichtete).
Niedrigzinsen bringen Kassen in Bedrängnis
Nun reagiert die altgediente Firmenpensionskasse vorausschauend auf die anhaltend niedrigen Zinsen in der Kapitalanlage, mit denen sich der tarifgemäß garantierte Zins für die bAV-Verträge nur noch unter Schwierigkeiten erwirtschaften lässt. Bei den Neu-Anlagen wurde 2019 eine Rendite von 2,17 Prozent erzielt (2018: 2,07 Prozent), heißt es im Geschäftsbericht. Da die Kasse noch auf ältere und damit höher verzinsliche Papiere in ihrer Bilanz zurückgreifen konnte, kam man auf der Aktivseite noch auf 3,32 Prozent Rendite mit festverzinslichen (2018: 2,98 Prozent).
Das liegt derzeit noch oberhalb der in den Verträgen garantierten Verzinsung von durchschnittlich 2,83 Prozent auf der Passivseite. Dieser Wert setzt sich aus unterschiedlichen Rechnungszinsen für Altverträge zwischen 4,0 Prozent (bis Ende 2003) bis 0,9 Prozent (ab 2017) zusammen. In der Vergangenheit wurden nahezu 90 Millionen Euro aufgewendet, um die 4-Prozenter um einen Prozentpunkt herabzusetzen. Dies wurde zum 31. Dezember 2018 vollzogen, ohne dass es zu etwaigen Leistungseinschränkungen kam, sagte PKDW-Vorstand Andreas Fritz dem Online-Branchendienst LEITER-bAV.de. Die Finanzierung: „Die Deckungsrückstellung wurde aus eigenen gesondert gebildeten Reserven der Pensionskasse gestärkt“, so Fritz auf Nachfrage von procontra.
„Der Renditedruck setzt immer mehr zu, da langfristig keine auskömmliche Rendite bei der Neuanlage im festverzinslichen Anlagesegment zu erzielen ist. Das Ausweichen auf andere Anlageklassen verändert das Risikoprofil“, so die nüchterne Aussage in der Bilanz. Die Lage wird kritisch bewertet: „Die Duration auf der Aktivseite liegt deutlich unter der Duration der Passivseite. Bei Wiederanlagezinsen unter dem Verpflichtungsniveau der Passivseite wird so die wirtschaftliche Stabilität im Laufe der Jahre immer weiter ausgehöhlt“, heißt es klipp und klar im Geschäftsbericht. Der Vorstand betont auf Nachfrage, vorausschauend gehandelt zu haben.
Unveränderte Überschussbeteiligung
Klar ist, dass es für das abgelaufene Jahr eine Überschussbeteiligung wie im Vorjahr gibt. Vor allem die vorhandenen Schlussüberschussanteile stehen weiterhin zur Rentenerhöhung zur Verfügung. Eine weitere Dotierung der RfB ist nicht durchgeführt worden. Im Anhang zur Bilanz wird klargestellt, dass der Jahresüberschuss (Geschäftsergebnis) von 3,254 Millionen Euro (2018: 653.000 Euro) wie schon im Vorjahr vollständig in die Verlustrücklage eingestellt worden ist. Die Verlustrücklage hat sich damit auf 65,895 Millionen Euro erhöht.
Im Prinzip war das Jahresergebnis 2019 noch um 4,7 Millionen Euro besser. Dieser Betrag wurde jedoch in die inzwischen gebildete Rückstellung zur Biometrie-Verstärkung eingestellt. Sie soll zur Absicherung der Rentenzahlungen der männlichen Rentner dienen, von denen viele länger leben als von den Aktuaren kalkuliert. Dieses über mehrere Jahre laufende Vorhaben soll bis zum 31. Dezember 2022 abgeschlossen sein.
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Um bei den erwarteten dauerhaft niedrigen Marktzinsen die Tragfähigkeit der PKDW auch langfristig zu sichern, hat die Mitgliederversammlung jetzt weitere Vorsorge für die Zukunft beschlossen. Immerhin muss aktuell für gut 19.000 Rentner (+ 3,8 Prozent gegenüber 2018), die nahezu vollständig den klassischem Rententarif abgeschlossen hatten, durchschnittlich fast 3.400 Euro Jahresrente aufgebracht werden.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 26. Juni plausibel und nötig. Für die Reputation von Firmenpensionskassen insgesamt, die ja nun auch noch gesetzlich unter den Insolvenzschutzschirm des Pensionssicherungsvereins gestellt wurden (procontra berichtete), dürfte das aber ein schlechtes Signal sein.
Künftiger weniger Rechnungszins auch im Bestand
Die PKDW-Mitgliederversammlung beschloss Zinssenkungen für zukünftige Beiträge (Future-Service) und will dazu ein neues Tarifsystem ab 1. Januar 2021 einführen. Laut Fritz soll es für alle bis zum 31. Dezember 2020 eingetretenen Mitglieder einen einheitlichen Basiszins in Höhe von zukünftig 0,4 Prozent geben. Neuversicherte ab 1. Januar 2021 starten mit einem Basiszins in Höhe von 0,25 Prozent.
Mit der Vereinheitlichung des Zinsniveaus im Bestand soll „insbesondere eine gleichbehandelnde Überschussbeteiligung in der Zukunft gewährleistet werden“, so Fritz auf LEITER-bAV.de. Unabhängig von der Zinshöhe der ursprünglichen Tarifgeneration – aktuell zwischen 3,0 Prozent (bis Ende 2006) bis 0,9 Prozent (ab 2017) - betrage der Rechnungszins voraussichtlich für alle bestehenden Mitgliedschaften ab 2021 dann nur noch 0,4 Prozent. Das letzte Wort dazu hat aber noch die BaFin, denn regulierte Pensionskassen müssen derartige Eingriffe in die Verträge genehmigen.
Zinssenkung weniger belastend als Leistungssenkung
Die Kasse glaubt laut Geschäftsbericht, dass „die Anpassung des Rechnungszinses für Neubeiträge die mildere Alternative gegenüber der Leistungsherabsetzung ist“. In beiden Fällen müssen die Mitglieds-Arbeitgeber Lücken im Zweifel auffüllen. Das dürfte bei der Sparkassen-Pensionskasse der Fall sein, der aktuell ein dreistelliger Millionenbetrag in der Bilanz fehlt (procontra berichtete).
Arbeitgebereinstandspflichten entstehen regelmäßig bei Leistungsherabsetzungen. Diese liegen jedoch laut Fritz bei der PKDW nicht vor und sollen mit den genannten Maßnahmen vermieden werden. Ob im Falle einer niedrigeren Verzinsung im Future-Service Einstandspflichten entstehen, hängt von der jeweiligen arbeitsrechtlichen Zusage ab. „Für viele Verträge kann eine Einstandspflicht ausgeschlossen werden“, sagt der Vorstand.
Fritz wird gegenüber procontra für die PKDW konkreter: „Die Zinssenkung für künftige Beiträge führt maximal dann zur Einstandspflicht des Arbeitgebers, wenn bei Rentenbeginn des jeweiligen Anwärters die ursprünglich tarifgemäße Leistung nicht zur Verfügung steht.“ Bei den häufig genutzten Beitragszusagen mit Mindestleistung gebe es nur ein geringes Einstandsrisiko. „Im Gegensatz dazu bestünde bei einer Leistungsherabsetzung eindeutig die Einstandsverpflichtung des Arbeitgebers“, so Fritz.
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