BGH-Urteil zu Beitragsanpassungen: Rückzahlung für PKV-Versicherte

Seit Jahren verhandeln die Gerichte über die Frage, wann Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung ausreichend begründet sind. Nun widmete sich der BGH dem Fall.

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15:12 Uhr | 16. Dezember | 2020
Inkasso, Lebensversicherung, Rückkauf, Peter Link, Policendirekt

Peter Link, Chefsyndikus der Policen-Direkt-Gruppe, kommentiert das BGH-Urteil zum Rückkauf von Lebensversicherungen. Bild: Policen Direkt

Die Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung sorgen regelmäßig für Streit. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) vor einigen Jahren im sogenannten Gutachter-Streit ein höchstinstanzliches Urteil fällte, beschäftigten sich die Gerichte nun mit der Frage, ob die Versicherer ihre Prämienanpassungen in der Vergangenheit ausreichend begründet haben. Mehrfach kassierten die Versicherer vor Gericht empfindliche Niederlagen. So bewertete das OLG Köln zu Beginn dieses Jahres Beitragserhöhungen der Axa in den Tarifen EL Bonus und Vital-Z-N als unzureichend begründet, die Begründung des Versicherers sei widersprüchlich und missverständlich. Andere Gerichte, beispielsweise das OLG Celle, urteilten hingegen zugunsten der Versicherer. Nun trat auch in dieser Frage der BGH in Erscheinung.

Der Sachverhalt  

Konkret ging es vor dem BGH um zwei Fälle, in denen die Kläger zurückliegende Prämienanpassungen anfochten, da diese nicht ausreichend begründet gewesen seien. Die Vorinstanzen, das OLG Köln (9 U 127/18) und das Landgericht Berlin (24 S 22/18) hatten sich jeweils großteils auf Seiten der Kläger geschlagen und festgestellt, dass die Prämienanpassungen nicht den Mindestanforderungen aus § 203 Abs. 5 VVG entsprachen. Die Versicherer gingen gegen die jeweiligen Urteile in Revision, so dass nun der BGH zu entscheiden hatte (Az: IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19).  

Die Entscheidung des BGH  

Die Karlsruher Richter bestätigten, dass ein Beitragsanpassung eine Begründung benötige, die den Anforderungen aus § 203 Abs. 5 VVG genüge. Dabei müsse die Versicherung angeben, bei welcher Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beides – eine nicht nur vorübergehende und den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung eingetreten ist. Eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergebe, reiche hingegen nicht aus.  

Die genaue Höhe dieser Veränderung muss der Versicherer hingegen nicht mitteilen. Auch andere Faktoren, beispielsweise die Erhöhung des Rechnungszinses, müssen vom Versicherer nicht genannt werden, stellte der Bundesgerichtshof klar.  

Die Karlsruher Richter führten weiter aus, dass durch die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes 2008 keine grundsätzliche Neuregelung für das Wirksamwerden einer Prämienanpassung beabsichtigt worden sei. Stattdessen hatte der Gesetzgeber lediglich vorgesehen, die Mitteilungspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern geringfügig zu erweitern. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe soll dem Versicherungsnehmer zeigen, was der Anlass für die konkrete Prämienanpassung war.

Sie erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat. Keinesfalls habe die Mitteilungspflicht hingegen den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen, urteilte der BGH.    

Der Bundesgerichtshof stellte zudem klar, dass fehlende Angaben von den Versicherern nachgeholt werden könnten. Allerdings würde die Frist aus § 203 Absatz 5 VVG erst dann starten, wenn die fehlenden Angaben dem Versicherungsnehmer zugänglich gemacht worden seien. Eine rückwirkende Heilung sei nicht möglich.

Wegweisender Charakter

Für die vorliegenden Fälle, in denen es um Tarife der Axa ging, bedeutet das BGH-Urteil, dass den Versicherungsnehmern die zu viel gezahlten Beiträge zurückgezahlt werden müssen. Hier genügte die Begründung der Axa für Beitragsanpassungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht den oben genannten Anforderungen.

Das Urteil dürfte einen über die zwei verhandelten Fälle hinausgehenden "wegweisenden Charakter" haben, schreibt Klägeranwalt Knut Pilz in einer Pressemitteilung. So sei das nun gefällte Urteil nicht nur auf weitere Tarife der Axa übertragbar, sondern auch auf andere Unternehmen. "Versicherer wie etwa die DKV, Allianz oder HUK haben ihre Prämienerhöhungen regelmäßig ähnlich inhaltsarm und damit unzureichend begründet wie die Axa", heißt es von Pilz.