Warum die Axa ihren Kunden eine vorzeitige Überschuss-Auszahlung bietet
Erst kürzlich hat die Axa Deutschland gut 900.000 alte Lebens- und Rentenpolicen an die Run-off-Plattform Athora verkauft. Gemessen an Beitragseinnahmen ist das gut ein Fünftel des Gesamtbestandes. Konkret handelte es sich um den Bestand der ehemaligen DBV-Winterthur Leben, die 2006 von der Axa gekauft wurde, und der bereits seit 2013 für das Neugeschäft geschlossen worden war. Der durchschnittliche Rechnungszins für die Policen beträgt 3,2 Prozent.
Nun macht die Axa schon wieder von sich reden, um Policen abzustoßen. Diesmal gilt das Angebot Kunden, die ihre Kapitallebensversicherung vor längerer Zeit beitragsfrei gestellt hatten. Der Versicherer rechnet ihnen den aktuellen Stand ihrer Überschüsse vor und bietet an, die Überschüsse vor Ablauf des Vertrages ganz oder teilweise auszuzahlen. Der Kunde muss nur noch unterschreiben und das Formular zurückschicken.
Angebote ab 1.000 Euro Überschussguthaben
Axa informiert über anfallende Steuern, die sich verringernde Gesamtleistung zum Ablauf des Vertrages und darüber, dass die garantierten Leistungen davon unberührt bleiben. Angeschrieben wurden 9.000 Kunden, erklärte Axa-Chef Thilo Schumacher auf Nachfrage von „versicherungstip“. Berücksichtigt würden nur Verträge mit einem auszahlbaren Überschussguthaben von mindestens 1.000 Euro – unabhängig vom Beginn des jeweiligen Vertrages und damit von der Höhe des vereinbarten Garantiezinses.
Welchen Vorteil das Angebot für Kunden hat und auch wie Axa davon profitiert, wollte procontra wissen. Antwort aus Köln: Da die Kunden ihr ursprünglich geplantes Vorsorgeziel nicht weiterverfolgen, dient das Angebot als mögliche Alternative zu einer vollständigen Kündigung des Vertrages. „Kunden, die vielleicht mit dem Gedanken an eine Kündigung gespielt haben, erhalten hiermit eine Alternative zu einem Vertragsstorno“, so Axa. Das käme bekanntlich teurer. „Auch für Kunden, die vielleicht Liquiditätsbedarf haben, kann das ein durchaus attraktives Angebot sein – Gebühren fallen nicht an“, so Axa.
Versicherer hat Vorteile, Makler keinen Nachteil
Den Vorteil für Axa benennt das Unternehmen auf Rückfrage so: „Für die Lebensversicherungsportfolien insgesamt bedeutet dies, dass das mit den Überschussguthaben der beitragsfrei gestellten Policen gebundene Kapital an anderer Stelle für die Versichertengemeinschaft effektiver eingesetzt werden kann.“ Zugleich dürfte der Versicherer Verwaltungskosten sparen und auch bei den Schlussüberschüssen Vorteile für sich generieren, denn bei vorzeitiger Auszahlung des Überschussguthabens fallen später ja keine Schlussüberschüsse mehr an.
Rein rechtlich ist die Aktion nicht zu beanstanden. Ob es für einzelne Kunden attraktiv ist, sollte man zuerst mit seinem zuständigen Versicherungsvermittler besprechen. Das Axa-Schreiben ist dazu ein guter Beratungsanlass. Makler sollten Mandanten mit einer beitragsfrei gestellten Axa-Police also sicherheitshalber ansprechen. Nimmt der Kunde das Angebot an, hat der Vermittler offenbar keine Nachteile: „Auf Provisionszahlungen hat die Auszahlung des Überschussguthabens keinerlei Auswirkungen; grundsätzlich bemisst sich die Provisionshöhe an der Beitragshöhe“,teilt die Axa auf Nachfrage von procontra mit.
Hintergründe machen Versicherer erfinderisch
Ein Grund für die Aktion könnte auch dieser Umstand sein: Noch immer sind etwa 77 Prozent der Kapitalanlagen der Lebensversicherer in festverzinslichen Wertpapieren investiert, die im anhaltenden Tiefzinsumfeld kaum Erträge abwerfen, ergab der „Marktausblick zur Lebensversicherung 2022/2023“. Dadurch hat das Risikoergebnis dem Kapitalanlageergebnis mittlerweile den Rang als wichtigste Ergebnisquelle deutlich abgelaufen, was auf die niedrigen Zinsen in der Neuanlage und insbesondere auf die hohen Anforderungen der Zinszusatzreserve für die Hochzinsgarantien früherer Jahre zurückzuführen ist“, sagt Assekurata-Analyse-Chef Lars Heermann.
Hintergrund: Um ihre Leistungsverpflichtungen sicherzustellen, haben viele Gesellschaften Zinstitel mit langen Laufzeiten gekauft. Das führt in Zeiten steigender Zinsen zu stillen Lasten in den Büchern, sprich zu geringeren Marktwerten gegenüber den Buchwerten der Kapitalanlagen. Ende 2021 gab es im Gesamtmarkt Bewertungsreserven von etwa 15 Prozent der Buchwerte (150 Milliarden Euro), schätzt Assekurata. Inzwischen seien durch den Zinsanstieg aber rund 40 Milliarden Euro stille Lasten entstanden.