Abgrenzung: Handelsvertreter oder Versicherungsmakler

Welche Aspekte bei der Abgrenzung von Handelsvertreter und Versicherungsmakler wesentlich sind, hat Rechtsanwältin Riccarda-Katharina Graul anhand eines OLG-Urteils herausgearbeitet.

07:04 Uhr | 03. April | 2019
Handelsvertreter HGB Versicherungsmakler Buchauszug

Handelsvertreter oder Makler? Welche Aspekte bei der Abgrenzung wichtig sind, weiß Rechtsanwältin Riccarda-Katharina Graul. Bild: Kanzlei Jöhnke & Reichow

Das OLG Düsseldorf hatte sich in seinem Urteil vom 22.12.2011, Az.: I-16 U 133/10 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es auch einen Buchauszug für Versicherungsmakler gibt. Die Parteien schlossen eine als „Courtagezusage“ überschriebene Vereinbarung, in der der Versicherungsvermittler als „Makler“ bezeichnet wurde. Der „Makler“ sollte im Sinne der §§ 93 ff. HGB tätig sein und für das dem Versicherungsunternehmen zugeführte Geschäft eine Courtage erhalten. Nachdem der Versicherer die Courtagezusage widerrief, forderte der Versicherungsvermittler eine ordnungsgemäße Abrechnung mit Buchauszug, da er das Bestehen eines Handelsvertreterverhältnisses annahm.

Der Sachverhalt

Das Versicherungsunternehmen hingegen ging von der rechtlichen Stellung des Versicherungsvermittlers als Versicherungsmakler aus, da dieser der Auskunftsstelle über den Versicherungsaußendienst als Versicherungsmakler gemeldet war und er mit einzelnen Versicherungsnehmern Makler-Vereinbarungen geschlossen hatte.

Grundsätzlich übernimmt der Versicherungsmakler gemäß § 93 Abs. 1 HGB gewerbsmäßig die Vermittlung von Verträgen, ohne vom Versicherer auf Grund eines Vertragsverhältnisses damit betraut zu sein. Kennzeichnend für den Handelsvertreter ist hingegen gerade eine solche ständige Beauftragung durch das Versicherungsunternehmen. Der Handelsvertreter hat im Rahmen dieser dauerhaften Beauftragung weitgehende Auskunfts- und Abrechnungsansprüche, er kann insbesondere die Erteilung eines qualifizierten Buchauszuges verlangen.

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Abgrenzung: Handelsvertreter oder Makler?

Maßgeblich für die Abgrenzung ist nicht nur die von den Parteien vorgenommene Einordnung des Vertrages oder die gewählte Parteibezeichnung. Es sind vielmehr die vertragliche Gestaltung sowie deren tatsächliche Handhabung zu berücksichtigen und damit das Gesamtbild der Vertragsverhältnisse. Das OLG Düsseldorf stufte den Versicherungsvermittler als Versicherungsmakler und nicht als Handelsvertreter ein, da die streitgegenständliche „Courtagezusage“ keine Tätigkeitsverpflichtung des Versicherungsvermittlers beinhalte.

Der Versicherungsvermittler konnte mangels Handelsvertretereigenschaft nicht auf der Grundlage des § 87c Abs. 2 HGB einen Buchauszug verlangen. Es stellte sich daher die Frage, ob der Versicherungsmakler ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben einen Buchauszug verlangen könne. Im Ergebnis bestehe nach Auffassung des OLG Düsseldorf nur dann ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nach § 242 BGB, wenn aufgrund der bestehenden Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der Auskunftsberechtigte sich die Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen und der Verpflichtete sie leicht geben könne.

Fazit: Kein Buchauszug für Makler

Da sämtliche Informationen, die der Versicherungsmakler zur Berechnung seiner Courtageansprüche benötige, mit geringem Aufwand zu beschaffen seien, lägen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nach § 242 BGB jedoch nicht vor. Der Versicherungsmakler stehe als treuhänderähnlicher Sachwalter der Versicherungsnehmer mit diesen in einem dauerhaften Beauftragungsverhältnis, weshalb eine Beschaffung der courtagerelevanten Information seitens des Versicherungsmaklers über die Versicherungsnehmer zu erfolgen habe.

Im Ergebnis besteht ein Buchauszug für Versicherungsmakler daher weder aus § 87c Abs. 2 HGB noch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Nur in den Fällen, in denen sich die Courtage nicht auf der Grundlage des Versicherungsvertrages und dessen Prämie, sondern in mehrstufigen Vertriebseinheiten an der Eingangscourtage des Obervermittlers berechnen lässt, kann sich eine andere rechtliche Bewertung ergeben.

Autorin Riccarda-Katharina Graul arbeitet für die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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