Wohngebäudeversicherung

Elementarschutz: Versicherer schlagen Solidarabgabe für Hausbesitzer vor

Um auch besonders gefährdete Häuser zukünftig gegen Extremwetterereignisse absichern zu können, präsentieren die Versicherer nun eine mögliche Lösung. Bestandteile sind unter anderem eine Solidarabgabe für alle Versicherten und eine staatliche Stop-Loss-Lösung.

Blick auf deinen Ort im Saarland, der unter Wasser steht

Klimaschäden haben sich laut Versicherungswirtschaft seit 1980 verfünffacht. | Quelle: BeritK

Klimaschäden nehmen zu und die Versicherungsprämien in der Wohngebäudeversicherung steigen. Nun hat die deutsche Versicherungswirtschaft ein Modell vorgeschlagen, wie aus ihrer Sicht Versicherungsschutz auch für besonders gefährdete Gebäude weiter gewährleistet werden kann.

„Unser Ziel ist ein Sicherungssystem, das dauerhaft funktioniert: fair für Hauseigentümer, stabil für den Markt und tragfähig für die öffentliche Hand“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), bei einem Mediengespräch an diesem Mittwoch. Getauft hat der GDV das Modell auf den Namen „Elementar Re“ – die namentliche Anlehnung an das britische Modell „Flood Re“ kommt dabei nicht von ungefähr. Doch dazu später mehr.

Im Kern geht es dabei um 400.000 Wohngebäude, die in besonders risikoreichen Gebieten liegen. Diese haben häufig Probleme, Versicherungsschutz zu bezahlbaren Preisen zu erhalten.

Das nun vorgestellte Konzept der Versicherer sieht vor, dass die Wohngebäudeversicherer diese Risiken an „Element Re“ weitergeben können, einen eigenen Versicherer, grob vergleichbar mit dem Terror-Versicherer Extremus.

So soll "Element Re" funktionieren

Die hier zu zahlenden Prämien sollen gedeckelt werden. Die jeweilige Obergrenze soll dabei abhängig sein von der jeweiligen Größe des zu versichernden Gebäudes. Wer ein kleines Haus in einem Risikogebiet besitzt, zahlt also entsprechend weniger. Da diese Prämien dann jedoch nicht risikogerecht sind, sollen sie über eine Solidarabgabe querfinanziert werden – auch diese soll sich an der Größe des jeweiligen Hauses bemessen. Kurzum: Alle Versicherten zahlen eine Abgabe dafür, dass besonders exponierte Häuser versichert werden können. Diese Solidarabgabe soll laut Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin, auf einen niedrigen zweistelligen Betrag betragen. „Mit Elementar Re halten wir auch die am stärksten gefährdeten Häuser versicherbar und bezahlbar – solidarisch finanziert, ohne den Markt zu verzerren“, so Käfer-Rohrbach.

Sturmfluten weiterhin nicht versichert

Eine Ausweitung der Leistungsauslöser ist aus Sicht des GDV indes nicht vorgesehen. Sturmfluten seien weiterhin nicht versichert. Auch Ereignisse wie das schwere Ostsee-Hochwasser im Jahr 2023, das technisch betrachtet keine Sturmflut ist, fielen weiterhin nicht unter den Versicherungsschutz.

Kommt es zu einem Schadenfall, greifen erst einmal zwei privatwirtschaftliche Sicherungsmechanismen: eine eigene Rückversicherung und einen schrittweise aufgebauten Sicherungsfonds. Erst wenn diese Mittel ausgeschöpft sind – bei besonders schweren Extremwetterereignissen mit einem Schadenvolumen von mehr als 30 Milliarden Euro – soll der Staat eingreifen. Hiermit folge man der im derzeitigen Koalitionsvertrag verankerten Idee einer staatlichen Rückversicherungslösung, so Käfer-Rohrbach.

Stop-Loss-Lösung greift nur in Extremfällen

Diese sogenannte Stop-Loss-Lösung hat aus Sicht der Versicherungswirtschaft den Vorteil, dass der Staat dazu angehalten wird, verstärkt in Maßnahmen zur Prävention und Klimafolgenanpassung zu investieren – schließlich würden durch entsprechende Maßnahmen extreme Schadenszenarien unrealistischer. „Elementar Re kann seine Wirkung nur im Rahmen eines Naturgefahren-Gesamtkonzeptes entfalten“, heißt es entsprechend seitens des GDV.

Entsprechend sollen auch nur Häuser, die bis zu einem bestimmten Stichtag in Risikogebieten errichtet wurden, über „Elementar Re“ versichert werden können. „Es ist eine Lösung nur für den Bestand und keine, über die weitere Fehler manifestiert werden sollen“, erläuterte Käfer-Rohrbach. Die Versicherungswirtschaft bemängelt immer wieder, dass durch die verheerende Ahrtal-Katastrophe im Jahr 2021 wenig gelernt wurde und noch immer viele Häuser in Risikogebieten errichtet werden.

Einführung der Pflichtversicherung?

Mit der Vorstellung ihres Konzepts greifen die Versicherer der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag vor, auf der die Elementarschutzversicherung Thema sein dürfte. Die Bundesländer hatten sich in der Vergangenheit, zuletzt im Oktober dieses Jahres, für die Einführung einer Pflichtversicherung ausgesprochen – ein Ansatz, den die Versicherer ablehnen. Auch sie wollen jedoch die Verbreitung der Elementarversicherung deutlich ausbauen. Aktuell liegt die Abdeckungsquote bei 57 Prozent – Tendenz leicht steigend. „Wir müssen diese Quote deutlich steigern – möglichst nah an die 100 Prozent“, so Asmussen. Erreicht werden soll dies aus Sicht der Versicherer jedoch durch eine Angebotspflicht. Hausbesitzer könnten sich entsprechend auch gegen den Abschluss entscheiden, müssten dann aber auch im Schadenfall auf staatliche Hilfen verzichten.

In der Debatte war auch immer wieder die Einführung des französischen Modells vorgeschlagen worden – ein System, das aus Sicht der deutschen Versicherer jedoch schwerwiegende Nachteile beinhaltet. Stattdessen will man sich an Großbritannien orientieren. „Dort zeigt das Modell Flood Re, dass ein intelligentes Rückversicherungssystem für Hochrisiko-Häuser funktionieren kann – ohne Pflichtversicherung, ohne permanente Staatslast und ohne den Markt zu verzerren“, heißt es dazu vom Verband. Da dieses System auch noch zu EU-Zeiten Großbritanniens eingeführt wurde, sei es zudem mit dem EU-Recht vereinbar.

Long Story short

Die deutsche Versicherungswirtschaft schlägt mit „Elementar Re“ ein neues Rückversicherungssystem vor, das besonders gefährdete Wohngebäude bezahlbar absichern soll – finanziert unter anderem über eine solidarische Abgabe aller Versicherten. Extremere Schäden sollen erst privatwirtschaftlich aufgefangen werden, bevor der Staat bei Katastrophen über 30 Milliarden Euro einspringt.