Kolumne

Altersvorsorge unter SPD-Regie: Markt ist gut – Staat ist besser?

In der neuen Bundesregierung soll das Finanzministerium SPD-geführt sein. Welche Herausforderungen das für Vermittler bedeuten könnte und welche Chancen für die Beratung er dennoch sieht, schildert Jurist und AfW-Chef Norman Wirth in seiner procontra-Kolumne.

10:05 Uhr | 06. Mai | 2025
Norman Wirth

Rechtsanwalt und AfW-Vorstand Norman Wirth

| Quelle: AfW

Die Würfel sind gefallen. Finanzministerium, Justizministerium, Verbraucherschutz – zentrale Ressorts für die Altersvorsorge und den Finanzmarkt sind fest in der Hand der SPD. Inklusive damit auch der BaFin. Und das birgt Sprengstoff. Denn wer sich an frühere Initiativen erinnert – ob Provisionsdeckel, Honorarzwang, BaFin-Aufsicht für die Vermittlerschaft oder das grundsätzliche Misstrauen gegenüber derselben – der ahnt: Einfach wird es nicht.

Die SPD denkt gern staatlich. Das zeigt sich bei der gesetzlichen Rente, die auf Teufel komm raus zulasten der jüngeren Generationen im unsäglichen Status Quo mit all seinen Haltelinien und utopischen Steuergeldzuschüssen erhalten werden soll. Von einem kapitalgedeckten Fonds als Ergänzung zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung keine Spur mehr. Und das zeigt sich beim Misstrauen gegenüber der privaten Vorsorge – besonders, wenn sie durch Vermittlerinnen und Vermittler begleitet wird. Und das zeigt sich auch bei der fragwürdigen Nähe zur Verbraucherzentralen-Lobby. Vermittlerinnen und Vermittler gelten hier zu oft als Kostenfaktor statt als Lösung.

Die Diskussion über stärker staatlich gesteuerte Vorsorgelösungen a la der gescheiterten Europarente PEPP ist in Berlin längst entbrannt. Die Richtung ist eindeutig: Weniger Vielfalt, mehr Vorgaben und Zwang, weniger Vertrauen in die freie Beratung.

Doch so düster muss es nicht kommen. Gerade weil die Vorschläge zur Reform der Altersvorsorge im Koalitionsvertrag so vage und unausgegoren sind, hat die Branche eine echte Chance zur Mitgestaltung. Vor allem bei der Frühstartrente, die die CDU aus ihrem Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag hineingerettet hat. Viel wird davon abhängen, ob die Branche, Versicherer und Investmentgesellschaften, Vermittlerinnen und Vermittler, Pools und Verbände in der öffentlichen Debatte präsent sind. Und ob sie klar machen: Altersvorsorge braucht Wahlfreiheit, Vielfalt – und kompetente Beratung. Nicht alles aus einer Hand. Und schon gar nicht aus der Hand des Staates.

Die neue Regierung hat die Möglichkeit, einen Neustart zu wagen. Aber sie muss sich entscheiden: Misstrauen gegenüber freier Beratung – oder echter Fortschritt durch Partnerschaft mit der Praxis?